Hamburg/Karlsruhe. Mit Labbadias Schatten: Worauf es für Interimstrainer Polzin beim HSV-Spiel in Karlsruhe ankommt. Eine Einordnung.

Was passiert eigentlich, wenn der HSV unter Merlin Polzin am Sonntag überzeugend beim Karlsruher SC (13.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) gewinnen sollte? Diese Frage haben sich auch die Verantwortlichen im Volkspark gestellt. Zwar hat sich Bruno Labbadia als Topfavorit auf die Nachfolge von Steffen Baumgart herauskristallisiert. Doch die fortgeschrittenen Gespräche sind eben noch nicht auf der Zielgeraden, der Deal kann folgerichtig auch noch platzen.

Nach wie vor sind einige Details zu klären. Laut Sky soll es dabei insbesondere um einen möglichen Anschlussvertrag im Falle des Aufstiegs gehen. Demnach soll der HSV eine Übereinkunft bis Saisonende bevorzugen, Labbadia strebe naturgemäß eine längere Zusammenarbeit an.

HSV beim KSC: Worauf es für Polzin ankommt

Solange eine Lösung in der Trainerfrage aussteht, bleibt es offen, ob Polzin vielleicht sogar im Heimspiel gegen Darmstadt 98 (8. Dezember) auf der Trainerbank sitzen wird. Voraussetzung dafür wäre allerdings ein überzeugender Auftritt beim KSC.

„Das Ergebnis ist das Wichtigste, darauf kommt es jetzt an. Erst danach kommt die Spielweise“, sagt Joe Zinnbauer im Gespräch mit dem Abendblatt. Der 54-Jährige, der vor einer Woche seinen Vertrag beim saudi-arabischen Erstligisten Al-Wehda FC gekündigt hat und jetzt wieder bei seiner Familie in Wien lebt, hat selbst einmal die Erfahrung als Interimstrainer beim HSV gemacht.  

Polzin: Eigene Handschrift noch nicht drin

Nach der Beurlaubung von Mirko Slomka hatte der damalige Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer im September 2014 den U-23-Trainer Zinnbauer zu den Profis befördert. Da wenige Tage später bereits das Heimspiel gegen die Bayern (0:0) anstand, blieb Zinnbauer nicht viel Zeit, um Veränderungen herbeizuführen. Ähnlich ergeht es aktuell auch Polzin.

„Merlin kann nicht binnen einer Woche seine eigene Philosophie einstudieren. Seine Aufgabe ist es jetzt, die Mannschaft taktisch auf das System vom KSC einzustellen, um Lösungen gegen und vor allem mit dem Ball zu finden“, sagt Zinnbauer.

Eine Einschätzung, die Polzin ähnlich formulierte. „Wir werden nicht innerhalb von fünf Tagen eine neue Spielidee aufsetzen, die auf Anhieb zu 100 Prozent funktionieren wird“, sagte der 34-Jährige. „Deshalb lag der Fokus gar nicht darauf, nur inhaltlich zu arbeiten. Im Vordergrund stand eher, die Gemeinschaft zu stärken.“

Polzin plant mehr Offensive, „um Chance zu wahren“

Ein bisschen feilte Polzin dann aber doch an der Taktik. So deutete sich im Training an, dass der HSV in einem 4-3-3 wieder auf eine Viererkette statt einer Dreier- beziehungsweise Fünferkette sowie zwei klare offensive Flügelspieler setzen wird.

„Das ist ein guter Weg, um zu zeigen, wer aktuell das Sagen hat“, sagt Zinnbauer über diese Ausrichtung. „Merlin muss etwas verändern. Also geht er zurück zu den Basics, um das Spiel einfacher zu gestalten. Die Viererkette ist eine gewohnte Grundausrichtung. Jeder HSV-Spieler ist mit der Viererkette groß geworden und kann sie spielen.“

Joe Zinnbauer war von September 2014 bis März 2015 HSV-Trainer in der Bundesliga.
Joe Zinnbauer war von September 2014 bis März 2015 HSV-Trainer in der Bundesliga. © IMAGO/SNA | IMAGO/Vladimir Astapkovich

Zinnbauer ist davon überzeugt, dass Polzin einen offensiveren Ansatz wählen wird als Ex-Coach Baumgart, dessen Aufstellung mit sieben gelernten Defensivspielern beim jüngsten Heimspiel gegen Schalke (2:2) einige HSV-Fans verärgert hatte. „Merlin wird voll auf Sieg gehen, um seine Chance zu wahren, weitere Spiele als Interimstrainer zu bekommen“, sagt Zinnbauer. „Er weiß ja auch nicht, ob er dem künftigen Trainerteam angehören wird. Also muss er Werbung in eigener Sache betreiben.“

Polzin hat HSV-Fans „im Rücken“

Polzin selbst hatte seinen Matchplan Anfang der Woche dem Mannschaftsrat (Sebastian Schonlau, Jonas Meffert, Davie Selke, Daniel Elfadli, Tom Mickel, Robert Glatzel und Ludovit Reis) vorgestellt. Dabei ging es ihm nicht darum, Meinungen der Profis einzuholen. Vielmehr habe er um eine Überzeugung für seine Idee geworben. „Wir wollen das Spiel maximal mutig angehen und alles in die Waagschale werfen“, kündigte Polzin an.

Ein Plan, den Zinnbauer nachvollziehen kann: „Merlin wird auf die Vollen gehen und hat mit dieser Einstellung auch die HSV-Fans im Rücken.“

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HSV und Labbadia? Eine Einschätzung

Anders als im Fall von Polzin, der um seine Rolle als Interimscoach weiß, hatte Beiersdorfer Zinnbauer seinerzeit aufgezeigt, dass es an ihm liege, wie lange er HSV-Trainer bleibe. Am Ende wurden es 24 Spiele und 24 Punkte, ehe sich Sportchef Peter Knäbel für zwei Niederlagen selbst auf die Bank setzte. Auf Knäbel folgte Bruno Labbadia, der den Klassenerhalt in der Relegation gegen den KSC schaffte.

Zu diesem Zeitpunkt trainierte Zinnbauer bereits wieder die zweite Mannschaft. „Ich habe einen hervorragenden Kontakt zu Bruno und schätze ihn als Trainer“, sagt er heute. Seit den Verhandlungen mit dem HSV über ein drittes Engagement habe Zinnbauer aber noch nicht mit Labbadia gesprochen. „Ich glaube, dass Bruno mit dem HSV aufsteigen kann. Sein großer Vorteil ist, dass er die Stadt und den Verein bereits kennt. Er bräuchte keine lange Eingewöhnungszeit.“

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