Hamburg. Bruno Labbadia könnte zum dritten Mal Trainer beim HSV werden. Konkrete Gespräche laufen. Debüt gegen Heimatclub Darmstadt?
Wahrscheinlich wäre es etwas zu viel der Romantik gewesen, wenn Bruno Labbadia am Sonntag beim Karlsruher SC (13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) das erste Mal wieder beim HSV an der Seitenlinie gestanden hätte. An dem Ort, an dem er 2003 seine aktive Karriere als Fußballer beendet hatte. In dem Stadion (vor dem Umbau), in dem er den wahrscheinlich emotionalsten Abend seiner Trainerlaufbahn erlebte. Zumindest hat man Labbadia noch nie so ausgelassen gesehen wie an jenem Abend des 1. Juni 2015, als er im Relegationsrückspiel beim KSC eine beispiellose Rettungsmission mit dem HSV zum Abschluss geführt hatte.
Die Möglichkeit einer romantischen Wiedervereinigung mit viel Kitschpotenzial besteht aber dennoch. So könnte der Hamburger des Jahres von 2015 dafür sorgen, dass der HSV im kommenden Sommer, zehn Jahre nach seiner Rettung, wieder in die Bundesliga zurückkehrt. Und beginnen könnte Labbadia diese Mission am Sonntag in einer Woche mit einem Heimspiel gegen Darmstadt 98. Den Club seiner Geburtsstadt, bei dem er nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer die ersten Schritte im Profifußball gemacht hatte.
Ob es tatsächlich dazu kommt, dass Labbadia nach 2009 und 2015 zum dritten Mal als Trainer zum HSV wechselt, ist noch offen. Fakt ist aber, dass der 58-Jährige konkrete Gespräche über ein erneutes Engagement im Volkspark führt. Dem Vernehmen nach soll Labbadia Feuer und Flamme sein, die Nachfolge von Steffen Baumgart zu übernehmen, der am vergangenen Sonntag nach dem 2:2 gegen den FC Schalke 04 beurlaubt worden war.
Labbadia scheiterte beim HSV an Kühne und dem Aufsichtsrat
Labbadia war das beim HSV zuletzt 2016 widerfahren. Damals hatte Vorstandschef Dietmar Beiersdorfer den Trainer ein Jahr nach der Rettung auf Druck von Investor Klaus-Michael Kühne und dem Aufsichtsrat nach nur fünf Bundesligaspielen entlassen. Nach Jahren der Irrfahrt hatte Labbadia den HSV in der Saison zuvor stabilisiert und Platz zehn erreicht. Es ist bis heute das beste Abschneiden des Zweitligisten in der jüngeren Clubgeschichte. Doch Beiersdorfer setzte die Männerfreundschaft mit Labbadia aufs Spiel, mit dem er ein Jahr zuvor in der Nacht nach der Relegation noch bis früh morgens zusammen bei Erikas Eck in der Schanze saß.
Nun muss der aktuelle Vorstand Stefan Kuntz die Frage beantworten, ob er seine Männerfreundschaft mit Labbadia für die Ziele des HSV riskieren will? Die beiden früheren Stürmer feierten Anfang der 1990er-Jahre zusammen mit dem 1. FC Kaiserslautern große Erfolge und haben sich diese Verbindung bis heute erhalten. Auch ihre Ehefrauen sind gut befreundet. Seit Kuntz im Juni zum HSV wechselte, haben sie sich schon mehrfach in Hamburg getroffen und sich auch über den HSV ausgetauscht.
Die Bereitschaft von Labbadia ist in jedem Fall vorhanden. Der frühere HSV-Stürmer, der seit Jahren in Hamburg lebt und zuletzt ein Engagement als Nationaltrainer von Nigeria im letzten Moment absagte, traut sich die Aufgabe Aufstieg, an der beim HSV bislang sieben Trainer gescheitert sind, zu. Zuletzt arbeitete Labbadia bis April 2023 beim VfB Stuttgart, ehe er freigestellt und durch Sebastian Hoeneß ersetzt wurde. Seitdem erlebt der VfB einen für nicht möglich gehaltenen Höhenflug von der Relegation gegen den HSV bis zur Vizemeisterschaft und in die Champions Legaue. In seiner zweiten Amtszeit passte es nicht zwischen dem VfB und Labbadia, der mit dem jungen Kader nicht zurechtkam.
Der aktuelle HSV-Kader ist wie maßgeschneidert für Labbadia
Beim HSV wäre die Aufgabe jetzt eine andere. Die aktuelle Mannschaft der Hamburger ist mit vielen erfahrenen Profis wie Davie Selke, Sebastian Schonlau oder Marco Richter zusammengestellt. Es geht jetzt vor allem darum, die Gruppe wieder auf einen Weg zu führen, für den es eine Menge an Energie bedarf. Dass die Stimmung in der Mannschaft zuletzt nicht die beste war, deutete Interimstrainer Merlin Polzin am Freitag an. „Es ging darum, wieder eine positive Trainingskultur zu erzeugen“, sagte der 34-Jährige über seine erste Woche als Nachfolger von Baumgart. „Im Fokus stand, wieder Mut und Überzeugung in unsere eigenen Stärken zu bekommen“, sagte Polzin, der die HSV-Profis am Sonntag an der Seite von U-21-Trainer Loic Favé betreuen wird.
Aktuell deutet aber wenig daraufhin, dass aus Polzin und Favé eine Langzeitlösung wird. Zuletzt wurden viele Namen beim HSV gehandelt. Hoch im Kurs stand Ruud van Nistelrooy, der nun aber vor einem Wechsel zum englischen Premier-League-Club Leicester City steht. Stattdessen verdichten sich die Anzeichen, dass es Labbadia wird.
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In seiner ersten Amtszeit beim HSV von 2009 bis 2010 hatte Labbadia den Weltstar van Nistelrooy noch selbst trainiert. Zusammen zogen die beiden in das Halbfinale der Europa League ein. Unmittelbar vor dem Rückspiel beim FC Fulham wurde Labbadia aber entlassen. Vom Europokal kann der HSV nur noch träumen. Und doch könnte es nun zum dritten Trainerkapitel von Labbadia im Volkspark kommen.