Hamburg. HSV erleidet Rückschlag im Kampf um den Aufstieg. Liegt es nur an den Fehlern der Spieler? Wie die Bosse das Gesamtkonstrukt bewerten.
Steffen Baumgart ließ sich nichts anmerken, als er die Reservisten am Sonnabend zum Spielersatztraining versammelte. Der HSV-Trainer leitete die Einheit mit der nötigen Ruhe und Souveränität. Er setzte auf klare Anweisungen, ohne dabei laut zu werden. Inmitten der Aufstiegskrise, in die sich der HSV nach drei sieglosen Spielen in der Liga manövriert hat, ist Baumgart darum bemüht, seine Spieler zu unterstützen und nicht auch noch draufzuhauen, wenn diese am Boden liegen.
Einen ähnlichen Eindruck vermittelte der 52-Jährige auch schon am Abend zuvor nach der desaströsen 1:3-Pleite bei Eintracht Braunschweig, dem bisherigen Tabellen-16. der Zweiten Liga. „Ich habe heute keinen gesehen, der in puncto Intensität und Laufbereitschaft danebenlag“, verteidigte Baumgart seine Mannschaft, die erneut bei einem vermeintlich kleinen Gegner keine Punkte holte. Von einer vom Trainer und Sportvorstand Stefan Kuntz geforderten Reaktion auf die 2:4-Pleite vor zwei Wochen in Elversberg war nichts zu sehen, auch wenn Baumgart es anders sah.
„Ich widerspreche Ihnen ein bisschen“, antwortete er am Freitagabend auf eine entsprechende Frage. „Wir haben heute individuelle Fehler gemacht. Das ist ein Unterschied zur Mentalität. Individuelle Fehler kosten uns im Moment zu viel.“
HSV-Krise: So denken die Bosse über Baumgart
So ähnlich sehen es auch die sportlich Verantwortlichen im Volkspark. Die Lauf- und Sprintwerte waren diesmal nicht das Problem, die Werte geben Baumgarts Analyse recht. Und trotzdem war Braunschweig in den entscheidenden Spielsituationen eher dazu bereit, an die Grenze zu gehen, um Ball und Gegner für das eigene Umschaltspiel zu jagen.
Als bestes Beispiel dient das 0:1 aus Hamburger Sicht, als der sonst so zuverlässige Jonas Meffert den Ball in einer tödlichen Zone verlor, nachdem er unter Druck gesetzt worden war. Vor dem 0:2 war es erneut Meffert, der den Zweikampf im Mittelfeld verlor, ehe Miro Muheim keinen Druck auf Flankengeber Johan Gomez ausübte. Beim dritten Gegentor rutscht Daniel Elfadli, der die Situation falsch einschätzte, ins Leere, woraufhin die gesamte linke Seite offen war.
Jedem Gegentor für sich betrachtet ging ein individueller Fehler voraus. So sehen es auch die Verantwortlichen, die kein Grundsatzproblem bei Baumgarts Spielanlage ausgemacht haben. Zumal die Mannschaft bis zum Heimsieg gegen Magdeburg (3:1) vor drei Wochen nachgewiesen hat, stabil auftreten zu können. Zu diesem Zeitpunkt passte die Balance zwischen Defensive und Angriff beim HSV. Doch das darauffolgende Spiel in Elversberg hat eine Kerbe in das Gesamtkonstrukt gerissen.
HSV-Bosse glauben an Baumgart und die Spieler
Trotzdem sind die Verantwortlichen nach Abendblatt-Informationen weiterhin von Baumgart und der Mannschaft überzeugt. Der Glaube an den eigenen Weg, der am Ende der Saison zum Aufstieg führen soll, ist da. Im Volkspark sind keine Zweifel am Trainerteam oder dem Kader zu vernehmen.
Die Spieler sollen den Eindruck vermitteln, berechtigte Kritik anzunehmen und die Krise gemeinsam bewältigen zu wollen. Denn der HSV weiß, dass das Momentum im Aufstiegsrennen auch schnell wieder kippen kann.
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HSV: Was sich jetzt ändern soll
Mit dem Vertrauen in die handelnden Personen strebt der Club Veränderungen auf dem Platz an. Als Hauptgrund für die aktuelle Misere hat Baumgart eine schlechte Strafraumbesetzung ausgemacht. In Braunschweig war Davie Selke im Sechzehner häufig auf sich allein gestellt. Besser wurde es erst nach dem 0:3, als die Partie bereits verloren war. Doch in der Summe führten die insgesamt 24 Flanken (!) zu keinem eigenen Treffer.
Um in Zukunft wieder mehr Torgefahr zu entwickeln, soll der gegnerische Strafraum häufiger und mit mehr Personal besetzt werden. Entsprechende Lösungsansätze soll der Trainer am Sonnabend in der Mannschaftssitzung aufgezeigt haben. Bis zum nächsten Heimspiel gegen den FC Schalke (23. November) hat das Team nun eine gesamte Länderspielpause Zeit, daran zu arbeiten. Den internen Rückhalt für diese Aufgabe haben Baumgart und seine Spieler sicher.