Hamburg. HSV präsentiert sich desolat in Braunschweig. Gerade die Defensive bereitet plötzlich Sorgen. Der Kapitän fordert Veränderungen.

Steffen Baumgart versammelte seine Spieler nach dem Abpfiff in der Kabine des HSV. Rund 15 Minuten blieb die Tür geschlossen, ehe Kapitän Sebastian Schonlau vor die wartenden Journalisten trat und versuchte, die erschütternde 1:3-Pleite in Braunschweig zu erklären. „Wir hatten heute zu viele individuelle Fehler“, sagte der Abwehrchef, der sich selbst miteinbezog.

Gerade Schonlau und Stratege Jonas Meffert, die nach abgesessenen Sperren dem Team zu mehr Stabilität verhelfen sollten, unterliefen zum Teil haarsträubende Fehler, die zu Gegentoren führten. Doch ist die Leistung von Braunschweig wirklich mit individuellen Fehlern zu erklären? Oder hakt vielmehr das gesamte Spiel des HSV?

Fakt ist, dass der vermeintlich beste Kader aller sieben Zweitligajahre für die schlechteste Punkteausbeute zu diesem Zeitpunkt der Saison steht. Dabei schien der HSV vor drei Wochen nach den Siegen in Düsseldorf (3:0) und gegen Magdeburg (3:1) auf einem guten Weg. Doch seit der Pleite in Elversberg (2:4) ist die Entwicklung rückläufig, in der Liga sind die Hamburger seit drei Spielen sieglos.

HSV patzt erneut: Baumgart wirkt ratlos

Mit 19 Punkten nach zwölf Spieltagen hinkt die Mannschaft den eigenen Erwartungen hinterher. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine Lücke. Warum holt die Mannschaft unter Baumgart aktuell zu wenig aus ihren Möglichkeiten heraus?

„Es gibt Fragen, bei denen ich weiß, dass sie kommen. Aber ich kann sie nicht beantworten“, sagte Baumgart, der dann doch einen Ansatz fand. „Wir müssen in der Lage sein, Fehlerketten zu unterbinden. Das liegt in meiner Verantwortung, das muss mein Ansatz sein.“

Baumgart meinte speziell die Fehler vor den Gegentoren. Vor dem 0:1 verlor Meffert den Ball, wodurch Schonlau in ein Laufduell verwickelt wurde, in dem er ganz alt aussah. „Fehler wie von Meffo gehören im Fußball dazu, aber es wäre schön, danach das Eins-gegen-Eins zu gewinnen“, sagte Baumgart über die Fehlerkette beim ersten Gegentor. „Wir müssen ein Bewusstsein reinbekommen, was in solchen Szenen wichtig ist. Individuelle Fehler kosten uns im Moment zu viel.“

HSV hat mehr Probleme als nur individuelle Fehler

Der Verweis auf individuelle Fehler diente schon in der Vergangenheit häufig als Begründung für schlechte Ergebnisse. Ex-Trainer Tim Walter nutzte diese Art der Analyse nach Niederlagen fast schon reflexartig als Ausrede. Über die fehlende Absicherung verlor er dagegen kein Wort.

Sein Nachfolger Baumgart fiel bislang nicht durch diesen Sprachgebrauch auf. Doch nach dem Braunschweig-Spiel wirkte er ratlos. Der 52-Jährige hat als oberstes Ziel in dieser Saison eine stabile Defensive ausgerufen, damit es endlich mit dem Aufstieg klappt. Im Eintracht-Stadion wirkte die Abwehr allerdings so instabil wie lange nicht. Viel zu oft kamen die Gastgeber nach Kontern zu Abschlüssen. Viel zu oft fehlte die Kompaktheit, gerade nach dem zweiten Gegentor.

„In der Phase waren wir zu wild, zu offen“, sagte Schonlau. Baumgart ergänzte: „Es ist meine Aufgabe, die Jungs zu mehr Ruhe zu bringen, wir brauchen Spielkontrolle. Die hatten wir nach dem 0:2 nicht, da waren wir zu hektisch.“

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HSV-Trainer Baumgart braucht Lösung

Erschwerend hinzu kommt die eklatante Schwäche zu Beginn der zweiten Halbzeit. In Braunschweig kassierte der HSV die Gegentreffer Nummer zehn und elf in den ersten 20 Minuten nach dem Seitenwechsel. Steffen Baumgart hat sich bereits eingestanden, aktuell keine Lösung für dieses Problem zu haben. Doch er muss jetzt Antworten liefern und Lösungen präsentieren, wie Hamburg wieder Spiele gewinnen kann.

Kapitän Schonlau sprach von Veränderungen und Verbesserungen, die es nun geben müsse. Auf die Nachfrage, ob er einen Vorschlag dafür habe, antwortete er: „Nein, aber dafür haben wir ein Trainerteam.“