Hannover. Die Hamburger setzen sich wieder auf beruhigende fünf Punkte vor Fortuna Düsseldorf ab. Zum Matchwinner avanciert Keeper Vasilj.
Der Druck war gewaltig. Nachdem Fortuna Düsseldorf im Fernduell um Platz zwei in der Zweiten Liga bis auf zwei Punkte an den FC St. Pauli herangerückt war, schien der längst sicher geglaubte Aufstieg in die Bundesliga in Gefahr. Und dann auch noch diese wackelige Anfangsphase bei Hannover 96.
Doch seit Sonntagnachmittag um 15.23 Uhr steht fest: Die Mannschaft von Cheftrainer Fabian Hürzeler ist nach dem 2:1 (1:1)-Sieg dem großen Ziel gewaltig näher gekommen. So, wie die Partie anfangs verlief, und auch mit den beiden Negativerlebnissen der Vorwochen im Kopf, war es ein durchaus bemerkenswerter Erfolg.
Aufstiegskampf: FC St. Pauli gewinnt bei Hannover 96
„In den ersten 25 Minuten hat man unsere Verunsicherung gemerkt, wir haben gegen den Ball wenig Druck drauf bekommen", sagte der Coach. Die zweite Halbzeit sei dann allerdings „sehr gut" gewesen.
Innenverteidiger Hauke Wahl gab zu, dass die beiden Pleiten beim Karlsruher SC (1:2) sowie gegen die SV Elversberg (3:4) „etwas mit der Rübe machen. Es war nicht unser bestes Saisonspiel, aber wir haben uns reingebissen."
Nemeth gibt Comeback für St. Pauli
Für eine Überraschung sorgte Hürzeler mit der Hereinnahme von David Nemeth in die Startelf, an dessen Stelle in der rechten Innenverteidigung Adam Dzwigala erwartet worden war. Dessen Vertreter hatte zuletzt am 23. September 2023 gegen den FC Schalke 04 (3:1) zwei Minuten gespielt, lief am 27. August 2023 gegen den 1. FC Magdeburg (0:0) von Beginn an an. Ging die Maßnahme, für die unlängst abhanden gekommene defensive Stabilität zu sorgen, auf?
Zunächst nicht, denn schon früh musste St. Paulis Torwart Nikola Vasilj aus rund neun Metern gegen den aus halbrechter Position abziehenden Sei Muroya halten (3.). Auch in Folge hatten die nur noch theoretische Aufstiegschancen besitzenden Gastgeber mehr vom Spiel. Die Hamburger agierten dagegen abwartend, bekamen wenig Sicherheit und Überzeugung in ihr Spiel.
Torwart Vasilj rettet St. Pauli mehrfach gegen Hannover
Wie schon bei der 3:4-Heimniederlage gegen die SV Elversberg leisteten sich die Kiezkicker viele Fehler im Spielaufbau, das Hilfsmittel Flanke verpuffte angesichts der Ungenauigkeit ebenfalls. Ziemlich genau zielte dagegen Hannovers Lars Gindorf aus gut 30 Metern, sodass sich Vasilj gewaltig strecken musste - was gelang (24.)
Und auch gegen Phil Neumann rettete der Bosnier seine Mannschaft, als er dessen Innenseiten-Volley um den Pfosten lenkte (31.), bei der darauffolgenden Ecke von Enzo Leopold war er ebenfalls gefordert (32.). Für die Statistiker: Zwischendurch gab es St. Paulis ersten Abschluss durch Oladapo Afolayan, der jedoch relativ weit am langen Eck vorbeischoss (26.). Abgesehen davon strahlten die Gäste kaum Souveränität aus und erinnerten nicht im Entferntesten an das dominante Team der ersten drei Saisonviertel.
Afolayan bringt Kiezkicker in Führung
Und genau das änderte sich schlagartig. Aufgalopp dafür war eine Großchance des dominantesten Zweitliga-Akteurs Marcel Hartel, der am zweiten Pfosten aus vollem Lauf die Oberkante der Latte traf (38.).
Eine Aktion später war er erneut beteiligt, schickte Connor Metcalfe auf der linken Außenbahn, der direkt flankte. Und zwar direkt auf den Kopf des offensiv auffälligsten St. Paulianers Afolayan, der punktgenau unter die Latte einnickte (41.).
Ausgleich für Hannover 96 fällt postwendend
Die Freude darüber währte nur kurz. Ein 96-Einwurf verursachte Chaos in der braun-weißen Defensive, Aljoscha Kemleite leitete unfreiwillig per Kopf auf Gindorf weiter, der lediglich noch abstauben musste (45.). Das 1:1 war zugleich der für Hürzelers Mannschaft schmeichelhafte Halbzeitstand.
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Zumindest kam St. Pauli nach dem Seitenwechsel besser ins Spiel. Erst prüfte Hartel Rio-Weltmeister Ron-Robert Zieler, direkt danach war der Torwart gegen Metcalfe zur Stelle (57.). Auch Vasilj durfte mal wieder ran, gewann auch Duell Nummer zwei gegen Muroya, überhaupt hielt der Keeper die Kiezkicker lange im Spiel (60.).
Eggestein köpft St. Pauli nach Ecke 2:1 in Front
Sein Gegenüber stand im Mittelpunkt, als wenig später der zweite Kopfball aus kurzer Distanz direkt auf ihn traf und von dort ins Tor ging. Wie schon beim 1:0 durch Afolayan war Zieler allerdings auch beim 2:1 von Johannes Eggestein machtlos (65.). Die Hauptschuld traf seine Hannoveraner Hintermannschaft, die den Mittelstürmer nach einer Hartel-Ecke sträflich freistehen ließ.
„Wir lassen uns immer wieder etwas Neues einfallen", sagte Eggestein zur Ecken-Variante. Hürzeler lobte seinen „überragenden Staff" und speziell Co-Trainer Peter Németh, der für die offensiven Standardsituationen verantwortlich ist.
Die Partie kippte zunehmend die Richtung des Tabellenzweiten, der nach einem weiteren Kopfball von Kemlein die Führung fast ausgebaut hätte (72.). Die Selbstverständlichkeit eines angehenden Aufsteigers war zurück, zweieinhalb Partien der Selbstzweifel vergessen.
Vasilj hält St. Paulis Sieg in Hannover fest
Aber noch hatten die Braun-Weißen die Schlussphase zu überstehen. Das gelang mit einer Ausnahme, als der kurz zuvor eingewechselte Cedric Teuchert aus rund 18 Metern einen Drehschuss abfeuerte (82.). Doch wohl dem Team, das Vasilj als Rückhalt weiß.
Der Mann des Spiels hielt den Sieg fest. Und damit womöglich auch den Aufstieg in die Bundesliga.
Hannover 96: Zieler - Neumann, Halstenberg, Dehm - Muroya, Leopold, Kunze (80. Oudenne), Ezeh (80. Teuchert) - Schaub (73. Ernst) - Tresoldi (73. Ndikom), Gindorf
FC St. Pauli: Vasilj - Nemeth, Wahl, Mets - Saliakas, Irvine, Kemlein, Metcalfe - Afolayan (77. Dzwigala), Eggestein (90.+1 Amenyido), Hartel (90.+2 Saad).
Tore: 0:1 Afolayan (41.), 1:1 Gindorf (45.), 1:2 Eggestein (65.). Schiedsrichter: Aytekin (Oberasbach). Zuschauer: 45.000. Gelbe Karten: Afolayan (4), Irvine (8), Amenyido. Statistiken: Torschüsse: 17:8; Ecken: 7:4; Ballbesitz: 46:54 Prozent; Zweikämpfe: 82:92; Laufleistung: 116,3:120,1 Kilometer.