Hamburg. St. Paulis Aufstiegsheld von 2010 ist Teammanager bei Hannover 96 und trifft nun auf die Kiezkicker. Was er von seinem Ex-Club hält.

Ein Spiel wie jedes andere wird es für Fabio Morena ganz sicher nicht, wenn er am Sonntag (13.30 Uhr) in der Heinz von Heiden Arena in Hannover seinen Platz auf der Bank des Gastgebers einnehmen wird. Seit fast acht Jahren ist der frühere Abwehrspieler inzwischen als Teammanager für Hannover 96 tätig. Noch ein Jahr länger aber spielte der heute 44 Jahre alte Familienvater für den FC St. Pauli, dessen Team am Sonntag im WM-Stadion am Maschsee seinen aktuellen Leistungsknick beenden will.

St. Paulis Ex-Kapitän auf der Bank von Hannover 96

„Aufgrund meiner bekannten Vergangenheit ist der FC St. Pauli immer ein besonderer Club für mich, weil ich dort eine sehr lange und erfolgreiche Zeit mitgestalten durfte. Ich schaue immer gern, was dort passiert und wie die Dinge bei St. Pauli laufen“, sagt Morena im Gespräch mit dem Abendblatt.

In der Jugend beim VfB Stuttgart ausgebildet, hatte der Schwabe mit italienischen Wurzeln väterlicherseits seine Profi-Karriere in Spanien beim Alicante CF begonnen, ehe er im Sommer 2003 ans Millerntor kam. Er war bei der bis heute legendären „Bokal-Serie“ dabei, als sich das damalige Drittligateam 2005/06 bis ins Halbfinale des DFB-Pokals kämpfte. Ein Jahr später folgte der Aufstieg in die Zweite Liga, ehe er das Team 2010 als Kapitän zum bisher letzten Bundesliga-Aufstieg führte.

Fabio Morena sieht St. Pauli unter Druck

Bis vor zwei Wochen schien alles angerichtet, dass die aktuelle St.-Pauli-Mannschaft sogar vorzeitig diesen Erfolg wiederholen werde. Doch die Niederlagen in Karlsruhe (1:2) und vor allem jüngst am Millerntor gegen Elversberg (3:4) haben Zweifel daran aufkommen lassen, auch wenn das Team immer noch auf einem direkten Aufstiegsplatz steht.

„Nach den beiden Niederlagen hintereinander hat St. Pauli natürlich einen gewissen Druck, diese kleine Negativspirale zu durchbrechen und wieder in die Erfolgsspur zu kommen. Es ist ganz normal, dass es solche Phasen im Laufe einer Saison gibt“, sagt Morena. „Jetzt wird man sehen, wie St. Pauli damit umgeht.“

Morenas Rezept: Lockerheit trotz Anspannung

Dabei kennt er aus eigener Erfahrung das beste Rezept dafür. „Es ist entscheidend, dass man sich auf die eigenen Stärken besinnt und nicht auf Dinge schaut, die man sowieso nicht beeinflussen kann. Zudem ist es wichtig, trotz der Anspannung eine gewisse Lockerheit beizubehalten und nicht zu verkrampfen“, sagt er.

Gerade bei dem spielerischen Ansatz, den die St.-Pauli-Mannschaft verfolgt, sei diese Lockerheit besonders wichtig. „Da ist auch mal eine verrückte Idee nötig und der Mut, den Ball haben zu wollen. Das wird auch im Kopf entschieden. Die Mannschaft hat oft genug bewiesen, dass die Qualität vorhanden ist“, betont Morena.

Hannover 96 hat erst ein Heimspiel verloren

Aber er warnt – mit einem kleinen Lächeln – auch ganz im Sinne seines Arbeitgebers Hannover 96: „St. Pauli wird am Sonntag auf einen Gegner treffen, der sehr gut auf die Mannschaft und ihre Spielweise eingestellt sein wird.“ Schließlich sind die „Roten“ Tabellenfünfter und haben in der gesamten Saison erst ein Heimspiel verloren.

Wenn Morena zurückdenkt an den Bundesliga-Aufstieg mit dem FC St. Pauli vor 14 Jahren, dann sieht er vor allem die besondere Zusammensetzung des damaligen Teams als Grundlage. „Wir hatten eine gute Mischung aus Führungsspielern und ,Spaßvögeln‘. Da hat sich einiges sehr gut zusammengefügt“, beschreibt er, ohne konkrete Namen zu nennen.

Morena erinnert sich an St. Paulis Aufstiegsteam von 2010

Es besteht jedoch kein Zweifel, dass Torwart Mathias Hain, Fabian Boll, Florian Bruns , Timo Schultz und nicht zuletzt Morena selbst die Leitwölfe waren, die das Gerüst des Teams bildeten. Marius Ebbers und Max Kruse waren da eher für die Lockerheit und manch flapsigen Spruch gut. Heute sind neben Kapitän Jackson Irvine vor allem Topscorer Marcel Hartel, Hauke Wahl und der aktuell verletzte Eric Smith gefordert, als Führungskräfte voranzugehen.

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Dass das Team vom Millerntor in dieser Saison zu einem hochkarätigen Aufstiegskandidaten geworden ist, hält Fabio Morena für das Resultat eines Prozesses, der vor der Amtsübernahme von Cheftrainer Fabian Hürzeler (31) im Dezember 2022 seinen Ursprung hatte. „Bereits unter Timo Schultz hat eine Entwicklung begonnen, mehr auf spielerische Elemente zu setzen“, sagt er und verweist dabei Erfolge wie die Herbstmeisterschaft in der Saison 2021/22 und den Sieg im DFB-Pokal-Achtelfinale über Borussia Dortmund.

„Fabian Hürzeler hat dann einiges übernommen, aber auch einiges verfeinert und damit die Mannschaft weiterentwickelt. Dazu kam der eine oder andere gute Transfer“, analysiert Morena und stellt klar: „Eine Aufstiegsmannschaft entwickelt man in aller Regel nicht in einem Jahr.“

FC St. Pauli in Hannover vor ausverkauften Rängen

Ganz diplomatisch erwartet Morena für Sonntag in erster Linie ein attraktives Nordduell. „Beide Mannschaften werden das Spiel bestimmt mit offenem Visier angehen wollen“, sagt er und freut sich darauf, dass das Stadion mit 49.000 Zuschauern ausverkauft ist. Diesen Genuss haben die 96er längst nicht immer. Erst zum dritten Mal in dieser Saison werden alle Plätze belegt sein. Auch deshalb ist es kein Spiel wie jedes andere – für Fabio Morena schon gar nicht.