Hamburg. Beim 3:1 des FC St. Pauli gegen Schalke 04 zeigt sich der Kapitän von seiner besten Seite. Und das nicht nur wegen seines Doppelpacks.
„Die Nummer eins der Stadt sind wir“, hallte es von den Rängen. Jubel und Euphorie am Millerntor nach dem 2:1 (1:1)-Sieg des FC St. Pauli gegen den Bundesliga-Absteiger FC Schalke 04. Mann des Abends war Kapitän Marcel Hartel nicht nur wegen seiner beiden Treffer, die das Spiel entschieden. St. Pauli ist weiterhin ungeschlagen und in dieser Verfassung ein Aufstiegsanwärter.
Saliakas zurück in der Startelf
„Wir wollten heute den Sieg ein bisschen mehr und haben die Tore genau im richtigen Moment geschossen“, sagte Verteidiger Eric Smith voller Zufriedenheit. „Wir haben die erste Halbzeit deutlich dominiert und hätten mehr verdient gehabt als das 1:1“, sagte der Schwede.
St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler hatte seine Startelf gegenüber dem furiosen 5:1-Heimsieg gegen den Nordrivalen Holstein Kiel auf einer Position umgebaut. Wie erwartet rückte Manolis Saliakas, der gegen Kiel noch erkrankt ausgefallen war, zurück auf die rechte Außenbahn. Dafür musste Philipp Treu weichen. Im zentralen Angriff vertraute der St.-Pauli-Chefcoach erneut Johannes Eggestein, der sich sechs Tage zuvor zwar nicht am Torreigen beteiligt, aber eine ansprechende Leistung gezeigt hatte.
Schon weit vor dem Anpfiff herrschte im Millerntor-Stadion eine Stimmung, die einem Topspiel am Sonnabendabend unter Flutlicht mehr als angemessen war. Angesichts der ununterbrochenen Anfeuerungsgesänge der rund 3000 Schalker Fans sahen sich die St.-Pauli-Anhänger gefordert, in diesem Punkt mindestens gegenzuhalten, was ihnen auch gelang.
Zwei Torschüsse auf der Linie gerettet
Auf dem Feld dauerte es hingegen rund eine Viertelstunde, bis das Spiel richtig Fahrt aufnahm. Das geschah dann aber umso vehementer. Schon beim ersten vielversprechenden St.-Pauli-Angriff wurden die Torschüsse von Elias Saad und Lars Ritzka auf der Torlinie von Cedric Brunner und Timo Baumgartl abgewehrt, ehe Connor Metcalfes Schuss über das Schalker Tor strich (16. Minute).
Nur zwei Minuten später traf Eggestein den Pfosten, ehe Hauke Wahls Versuch von Lino Tempelmann geblockt wurde. Daraufhin reklamierten nahezu alle in der Nähe stehenden St.-Pauli-Profis bei Schiedsrichter Frank Willenborg, dass Tempelmanns Hände regelwidrig im Spiel waren.
Strafstoß für St. Pauli nach Videobeweis
Nicht ganz unerwartet meldete sich Videoassistent Sascha Stegemann bei Willenborg, der sich die Szene am Bildschirm anschaute und auf Strafstoß entschied. Diesen verwandelten Kapitän Hartel sicher zum 1:0 für St. Pauli (21.). Es war zu diesem Zeitpunkt eine verdiente Führung für die Hamburger, die sich deutlich aktiver gezeigt hatten, als die vorwiegend auf Torsicherung bedachten Schalker.
Wie fragil eine 1:0-Führung gegen eine individuell stark besetzte Mannschaft ist, musste St. Pauli in der 29. Minute anerkennen, als sich Saliakas von Schalkes Linksverteidiger Thomas Ouwejan überlaufen ließ. Dessen scharfen Flachpass in den Strafraum lenkte Schalkes Mittelstürmer Sebastian Polter so geschickt ab, dass der Ball rechts unten ins St.-Pauli-Tor rollte – 1:1 (29.).
1:1 zur Pause war für St. Pauli zu wenig
Die St. Paulianer mussten zur Pause ernüchtert feststellen, dass sie zu wenig aus ihrer weitgehenden Überlegenheit in den ersten 45 Minuten gemacht hatten. Es schien ein Rückfall zu sein in die Situation der vier Spiele vor dem 5:1 gegen Kiel. Da waren die Braun-Weißen bei vier Unentschieden in Folge jeweils die bessere Mannschaft gewesen. Gegen Kiel dagegen war vor allem in der Anfangsphase praktisch jeder Schuss ein Treffer gewesen.
„Der Schlüssel zum Erfolg war, dass wir nach dem Ausgleich weiter Fußball gespielt haben. Wir hatten zwar kurz den Faden verloren, aber sind nach der Halbzeit wieder gut ins Spiel gekommen“, sagte Hürzeler.
- FC St. Pauli: Warum Gerald Asamoahs Herz nicht nur für Schalke schlägt
- FC St. Pauli: Unruhe auf Schalke – was für die Hamburger spricht
- FC St. Pauli: Was die Zahlen und seine Lehrerin über Oladapo Afolayan sagen
Dass dies nicht immer so geht, erfuhr Elias Saad, als sein gefährlicher 20-Meter-Schuss knapp rechts am Schalker Tor vorbeiflog. Da es auf dem Rasen erst einmal nichts zu feiern gab, begeisterten sich die St.-Pauli-Fans auf der Südtribüne an sich selbst und zündeten zum wiederholten Mal Pyrotechnik.
Hartel mit viel Gefühl im linken Fuß
In dem rauchgeschwängerten Stadion verlor vor allem Marcel Hartel nicht den Durchblick, spielte immer wieder hübsch anzusehende Pässe und krönte seine Leistung mit dem zweiten Tor. Dieses leitete der Kapitän selbst ein, Oladapo Afolayan spielte Eggestein an der Strafraumgrenze an, der wiederum den Ball Hartel überließ. Und der zeigte, dass er auch in seinem linken Fuß ganz viel Gefühl hat. Sein Schuss flog jedenfalls an den Innenpfosten und fand von dort den Weg ins Tornetz.
Hartel zelebrierte seinen zweiten Treffer des Abends auf ganz spezielle Art. Es schien, als wolle er sich sein Trikot ausziehen, woraufhin seine Teamkollegen versuchten, ihm dies auszureden. Doch Hartel schlüpfte nur aus den Ärmeln und drehte das Trikot um, sodass er nun seine Rückennummer zehn auf der Brust hatte.
Boukhalfa trifft erstmals im St.-Pauli-Trikot
„Unser Sieg geht auf jeden Fall in Ordnung, aber ich sehe auch noch Potenzial nach oben“, sagte Hartel, der in seinem 159. Zweitligaspiel erstmals einen Doppelpack erzielte. „Ich wollte den Torjubel nachmachen, den man von mir auch auf der Anzeigetafel sieht“, begründete er seine ungewöhnliche Aktion.
In der Schlussphase verteidigte St. Pauli leidenschaftlich die knappe Führung und konnte am Ende über den dritten Saisonsieg und den Sprung auf Tabellenplatz Platz zwei. Dabei setzte der eingewechselte Carlo Boukhalfa noch den Schlusspunkt zum 3:1-Sieg. Es war sein erster Treffer im Trikot des FC St. Pauli seit seinem Wechsel ans Millerntor im Sommer 2022.
Schalker Fans verletzten Ordner im Stadion
Getrübt wurde der Abend dadurch, dass einige Schalker Fans in den Heimbereich auf der Nordtribüne eindrangen und dabei mindestens vier Ordner verletzten. Daraufhin griff die Polizei ein, und die Fans traten den Rückzug an.
Der FC St. Pauli wird Videoaufzeichnungen dieses Geschehens in den kommenden Tagen aufarbeiten und behält sich weitere Konsequenzen vor.