Hamburg. Das lange Warten des HSV-Profis hat ein Ende. Wie es auch bezüglich eines Urteils weitergeht. Staatsanwaltschaft ermittelt weiter.

  • Der Doping-Prozess gegen HSV-Profi Mario Vuskovic wurde vom Internationalen Sportgerichtshof (Cas) auf den 14. und 15. Mai terminiert.
  • Mit einem Urteil ist zwei bis sechs Wochen nach dem zweiten Verhandlungstag zu rechnen.
  • Bei einem Freispruch könnte Vuskovic in der kommenden Saison wieder für den HSV auflaufen. Nada und Wada fordern eine Ausweitung der Sperre auf vier Jahre.

Am späten Sonnabend wurde es emotional vor dem mit 20.000 HSV-Fans gefüllten Gästebereich am Marathontor im Berliner Olympiastadion. Die Spieler des HSV waren soeben in die Kurve gegangen, um den Sieg mit ihren Anhängern zu feiern, da kam Ludovit Reis auf eine Idee. Der Vizekapitän wollte sich von den Fans ein Trikot von Mario Vuskovic geben lassen, der den Zweitligasieg bei Hertha BSC (2:1) im Gästeblock verfolgt hatte. Statt eines Shirts erhielt Reis ein riesiges Banner mit der Botschaft „Free Vuskovic“ und der Trikotnummer 44 des Kroaten. Ein solidarisches Zeichen für den wegen Dopings gesperrten Profi.

Vuskovics Anwälte arbeiten daran, dass der Innenverteidiger schon bald auch wieder vor dem Fanblock an der Seite seiner Mitspieler stehen kann. Etwas mehr als zehn Monate, nachdem das DFB-Sportgericht den 22-Jährigen wegen eines positiven Epo-Tests rückwirkend für zwei Jahre gesperrt hatte, wird das lange Warten auf das ersehnte Berufungsverfahren schon bald ein Ende haben.

Mario Vuskovic: Termin für Doping-Prozess gefunden

Nach Abendblatt-Informationen ist der Prozess vor dem Internationalen Sportgerichtshof (Cas) in Lausanne (Schweiz) terminiert. Zuvor hatten alle vier Verfahrensparteien in Absprache mit ihren vor Ort aussagenden Zeugen und Gutachtern zugestimmt. Den Daumen gehoben haben der DFB, Vuskovic, die Nationale Dopingagentur (Nada) und die Welt-Antidoping-Agentur (Wada), die allesamt das in vielen Punkten angreifbare Urteil des DFB-Sportgerichts angefochten haben.

Vorgesehen sind zwei direkt aufeinanderfolgende Verhandlungstage am 14. und 15. Mai dieses Jahres. Im Nachgang soll es auch ein Urteil geben, das schriftlich nachgereicht wird. Dieser Vorgang kann sich über mehrere Monate hinziehen, Vuskovics Anwälte hoffen auf eine Wartezeit von wenigen Wochen, um so schnell wie möglich Klarheit zu haben.

„Nach einer Beweisaufnahme ist ein Urteil in zwei bis sechs Wochen zu erwarten. Es kann aber auch kürzer oder länger dauern“, prognostiziert der Cas-erfahrene und am Verfahren von Vuskovic unbeteiligte Rechtsanwalt Horst Kletke dem Abendblatt. „Alle Verfahrensparteien werden zudem Zeit für eine schriftliche Stellungnahme zur Beweisaufnahme erhalten.“ Ein üblicher Vorgang, der erklärt, warum bis zu einem Urteil Zeit vergeht.

HSV-Profi Vuskovic: Freispruch oder vier Jahre gesperrt

Der weiterhin beim HSV unter Vertrag stehende und Gehalt beziehende Profi ist von seiner Unschuld überzeugt und hofft auf einen Freispruch. Die Nada und die Wada fordern eine den Antidoping-Richtlinien entsprechende Vierjahressperre. Der DFB will sich mit seiner Berufung alle Optionen offen halten, wobei noch nicht so richtig klar geworden ist, welche Ziele eigentlich der Verband verfolgt.

In jedem Fall wird ein Urteil noch vor Ablauf der aktuell gültigen Sperre erwartet, die im November dieses Jahres abläuft. Nun entscheidet sich in Lausanne, ob Vuskovic schon vorher wieder spielberechtigt für den HSV ist oder ob er doppelt so lang wie bisher aus dem Verkehr gezogen wird. Denn eine Bestätigung der nicht regelkonformen Zweijahressperre des DFB gilt als ausgeschlossen.

„Der Fall kann nur in einem Freispruch oder einer Vierjahressperre enden“, prognostiziert Kletke. „Ich würde erwarten, dass der Cas zu einer anderen Wertung kommt als das DFB-Sportgericht.“

Mario Vuskovic (22) wurde wegen Epo-Dopings für zwei Jahre gesperrt, doch der Abwehrspieler des HSV pocht auf seine Unschuld.
Mario Vuskovic (22) wurde wegen Epo-Dopings für zwei Jahre gesperrt, doch der Abwehrspieler des HSV pocht auf seine Unschuld. © WITTERS | JoergHalisch

Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen Vuskovic

Parallel zu dem Zivilverfahren vor dem Cas laufen auch die Ermittlungen der Hamburger Staatsanwaltschaft, die ein Strafverfahren nach sich ziehen könnten. „Das Ermittlungsverfahren ist weiterhin nicht abgeschlossen“, bestätigte Oberstaatsanwältin Liddy Oechtering auf Anfrage.

Da die Beweislast im Strafrecht umgekehrt ist, die Staatsanwaltschaft also die Schuld Vuskovics vollumfänglich beweisen müsste, gilt eine Einstellung des Verfahrens als wahrscheinlich.

Zumal die polizeilichen Ermittlungen bei der Durchsuchung seiner Wohnung und seines Spinds in der HSV-Kabine sowie der Beschlagnahmung seiner elektronischen Daten (Laptop und Handy) und seiner Kleidung keine belastbaren Ergebnisse hervorbrachten. Denkbar ist auch eine Einstellung gegen eine Zahlung an eine gemeinnützige Organisation. „Im Strafrecht gilt die Unschuldsvermutung für Vuskovic“, stellt Anwalt Kletke klar.

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Mario Vuskovic: Alle Augen auf David Chen

Deutlich schwieriger lässt sich der Ausgang vor dem Cas prognostizieren, von dem die Fortsetzung seiner Karriere als Fußballprofi abhängt. Um Vuskovics Unschuld zu beweisen, setzen seine Anwälte auf den kanadischen Gutachter David Chen als Schlüsselfigur. Der Proteinchemiker war auch schon als Hauptgutachter im Verfahren gegen den australischen Mittelstreckenläufer Peter Bol tätig, dessen Dopingsperre nach einer „atypischen“ B-Probe aufgehoben wurde.

Die Verteidigungsstrategie fußt nun maßgeblich auf dem Fall des Olympiavierten – mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass Vuskovics B-Probe positiv gewertet wurde. Doch genau diese im Labor von Kreischa (Sachsen) gefällte Analyse zweifelt Chen an. Der Kanadier ist von einem „falsch-positiven“ Dopingtest überzeugt.

Im Gegenzug stellen Wada und Nada seine Kompetenz infrage. Unterstützt wird der nach Lausanne eingeflogene Chen von weiteren nationalen und internationalen Fachberatern. Letztlich müssen die Richter des Cas in dem nicht öffentlichen Verfahren darüber entscheiden, wer im Streit der Wissenschaftler die besseren Argumente darlegen kann.

Die Chronologie im Dopingfall Vuskovic

  • 16. September 2022: Vuskovic gibt bei einer Trainingskontrolle eine Urinprobe ab, die auf Epo getestet wird.
  • 10. November 2022: Die Wasserschutzpolizei und die Staatsanwaltschaft durchsuchen Vuskovics Spind und seine Wohnung. Mehrere elektronische Geräte (u.a. Handy und Laptop) sowie Kleidung werden beschlagnahmt, belastbare Beweise werden dabei nicht gefunden.
  • 3. Februar 2022: Erste von drei Verhandlungen vor dem DFB-Sportgericht: Der Dopingkontrolleur lagerte die Urinprobe drei Tage in seinem privaten Kühlschrank. Zudem lieferte der DHL-Kurier die Probe erst weitere 24 Stunden später beim Labor in Kreischa ab.
  • 17. März 2023: Vuskovic weint vor Gericht. Die Wada verhindert eine vom Sportgericht beschlossene C-Probe.
  • 30. März: Der DFB weicht vom Regelwerk ab und sperrt Vuskovic zwei (statt vier) Jahre.