Berlin. Nach den Patzern der Konkurrenz macht der HSV einen Sprung in der Tabelle. DFL-Protest sorgt für 30-minütige Unterbrechung.

Die letzten zehn Minuten des Spiels hallte es „Super Hamburg, olé“ durch das Berliner Olympiastadion. Die rund 20.000 mitgereisten HSV-Fans hatten die Arena akustisch eingenommen und ihre Mannschaft zum Sieg getragen. 2:1 (0:0) gewinnen die Hamburger beim Bundesliga-Absteiger Hertha BSC, der sich damit aus dem Aufstiegsrennen verabschiedet.

Die Mannschaft von Trainer Tim Walter verbessert sich dagegen dank der Patzer der Konkurrenten Fürth (2:3 auf St. Pauli) und Kiel (1:1 in Magdeburg) um zwei Plätze in der Tabelle und belegt nun einen direkten Aufstiegsplatz. Überschattet wurde die Partie allerdings von einem gigantischen Protest der Hertha-Fans gegen den Investorendeal der DFL, der für eine 30-minütige Spielunterbrechung sorgte.

HSV bei Hertha zunächst Höhepunkt-arm

Eine Woche der schmerzhaften Heimniederlage gegen den Karlsruher SC (3:4) veränderte Walter seine Startformation auf zwei Positionen: Andras Nemeth stürmte für den in der Woche erkälteten Robert Glatzel und Immanuel Pherai spielte für Vizekapitän Ludovit Reis. Bei der Hertha saß derweil Unterschiedsspieler Fabian Reese, der nach seiner Corona-Infektion noch nicht in Vollbesitz seiner Kräfte ist, nur auf der Bank.

Ohne Reese starteten die offensiv harmlosen und uninspirierten Berliner wie erwartet sehr tief stehend und kompakt. Der HSV parkte deshalb häufig nur die beiden Innenverteidiger Stephan Ambrosius und Guilherme Ramos auf Höhe der Mittellinie, alle anderen acht Feldspieler schalteten sich in den Aufbau des Angriffs ein.

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Trotz der weitgehend aufgerückten Außenverteidiger gelang den Hamburgern nur selten der Durchbruch über die Außen. Weil auch das Zentrum dicht war, lieferte eine weitgehend ereignislose erste Hälfte nur zwei Höhepunkte, die es allerdings in sich hatten.

Erst köpfte Nemeth eine butterweiche Pherai-Flanke an die Latte (17.). Den Nachschuss von Laszlo Benes klärte Herthas Florian Niederlechner auf der Torlinie (17.). Dann glich Hertha nach Aluminium- Treffern aus, als Torjäger Haris Tabakovic ebenfalls per Kopf am Pfosten scheiterte (42.).

DFL-Protest sorgt für 30-Minuten-Unterbrechung

Der zweite Durchgang, in dem die Qualität der Partie nur besser werden konnte, begann mit einem gigantischen Protest der Hertha-Fans gegen den Investorendeal der DFL. Rund 20 Minuten warfen die Anhänger Tennisbälle auf das Spielfeld. Auch mehrere fast schon flehende Appelle des Stadionsprechers, der um eine Fortsetzung der Partie warb, sowie ein Gespräch zwischen Berlins Trainer Pal Dardai mit dem Capo (Vorsänger) hielt die Ultras nicht von weiteren Würfen ab.

Schließlich schickte Schiedsrichter Daniel Schlager beide Mannschaften für rund zehn Minuten in die Kabine, ehe die Partie nach einer insgesamt 31-minütigen Unterbrechung wieder angepfiffen wurde.

Die Tabellenspitze der 2. Bundesliga
1. Kiel 29 / 59:34 / 58
1. FC St. Pauli 29 / 54:32 / 57
3. Düsseldorf 29 / 63:35 / 52
4. HSV 29 / 55:41 / 49
5. Hannover 29 / 51:36 / 45
6. Hertha 29 / 60:48 / 44
7. Karlsruhe 29 / 58:43 / 43
8. Fürth 29 / 40:42 / 42

HSV und Hertha mit Doppelschlag

Danach wurde auch wieder Fußball gespielt – und wie. Zunächst legte Jean-Luc Dompé für Miro Muheim ab, der unter gütiger Mithilfe von Hertha-Keeper Tjark Ernst mit seinem schwächeren rechten Fuß wuchtig ins lange Eck vollstreckte (57.). 1:0 für den HSV, doch die Führung währte nur wenige Minuten.

Dardai reagierte auf den Rückstand und brachte seinen Schlüsselspieler Reese, der sofort zur spielbestimmenden Figur wurde. Weil Jonas Meffert und Benes nur Begleitschutz lieferten, kam der Herthaner unbedrängt zum Abschluss. Torhüter Daniel Heuer Fernandes ließ den Ball folgenschwer nach vorne abklatschen, sodass Tabakovic zum 1:1 abstauben konnte (62.). Mal wieder führte eine Fehlerkette in der Defensive des HSV zum Gegentor.

HSV-Sieg bei Hertha dank Joker Reis

Als schließlich alles nach einem Unentschieden aussah, brachte Walter Reis, der die Hamburger mit seiner Energie wieder auf die Siegerstraße führte. Der sehr agile Pherai flanke punktgenau ins Zentrum, wo sein durchstartender Landsmann optimales Timing im Kopfball bewies (82.). Die ganze Gästekurve explodierte emotional, auch Walter jubelte ausgelassen an der Seitenlinie. Es war das Tor zum Auswärtssieg.

Die Statistik:

  • Hertha: Ernst – Kenny, Leistner, Kempf, Karbownik – Bouchalakis – Niederlechner (70. Prevljak), Barkok, P. Dardai (60. Reese), Winkler (60. Scherhant) – Tabakovic.
  • HSV: Heuer Fernandes – Van der Brempt, Ambrosius, Ramos, Muheim – Meffert – Pherai (90.+4 Poreba), Benes (79. Reis) – Jatta (79. Königsdörffer), Nemeth (76. Glatzel), Dompé (90.+4 Suhonen).
  • Tore: 0:1 Muheim (58.), 1:1 Tabakovic (62.), 2:1 Reis (82.)
  • Schiedsrichter: Daniel Schlager (Hügelsheim)
  • Gelbe Karten: Kempf (3), Bouchalakis (4), Scherhant, Niederlechner (3), Leistner (5) – Pherai (2), Muheim (4)
  • Zuschauer: 58.013 (20.000 HSV-Fans)
  • Torschüsse: 7:16
  • Ecken: 4:6
  • Ballbesitz: 41:59 Prozent
  • Zweikämpfe: 72:76