Hamburg. Die Gesellschafter des HSV wollten eigentlich über das neue Kontrollgremium abstimmen. Doch die Sitzung endete im Streit.

Es war kurz vor 10 Uhr am Donnerstag, als mit Lena Schrum und Andreas Peters die letzten beiden Aufsichtsräte des HSV das Volksparkstadion erreichten und über den Eingang VIP West bei der Hauptversammlung der HSV Fußball AG eintrafen. Es war fast schon ein symbolisches Bild, schließlich sind Schrum und Peters die beiden Mitglieder, die nach der Sitzung der Gesellschafter eigentlich aus dem Gremium ausscheiden sollten.

Doch nach einer rund fünfstündigen Sitzung – angesetzt waren zwei – waren Schrum und Peters noch immer Mitglieder des Aufsichtsrats. Das teilte der HSV am Abend um 17.57 Uhr mit.

HSV-Zoff über neuen Aufsichtsrat

„HSV-Aufsichtsratswahl wird vertagt“ lautete die Überschrift der Mitteilung. Und gleich der erste Satz machte deutlich, dass es auf der mit Spannung erwarteten Hauptversammlung hoch hergegangen sein muss. „Kontroverse Diskussionen prägen die Hauptversammlung“, schrieb der Club und ließ den Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden Marcell Jansen zu Wort kommen.

„Wir hatten viele kontroverse Diskussionen, die am Ende zu einem positiven Ergebnis für den HSV führen sollen“, sagte Jansen. Doch wie dieses positive Ergebnis ausfallen soll, ist auch nach der hitzigen Hauptversammlung fraglich. Die Aktionäre des HSV konnten sich auch nach mehreren Stunden nicht auf die Neubesetzung des Siebenergremiums einigen.

Eigentlich hatte sich das Präsidium des HSV e.V. um Jansen und seine Vizepräsidenten Michael Papenfuß und Bernd Wehmeyer bereits darauf verständigt, dass Stephan Bülow (CEO Block-Gruppe) und der frühere Vorsänger Henrik Köncke, Abteilungsleiter bei Hapag-Lloyd, für Schrum und Peters in den Aufsichtsrat rücken. Doch daraus wird vorerst nichts.

Dinsel (vorerst) nicht im HSV-Aufsichtsrat

So bleibt das Kontrollgremium zunächst aus sechs Mitgliedern bestehen. Neben Jansen, Papenfuß, Schrum und Andreas Peters sind das weiterhin Markus Frömming als Vertreter von Klaus-Michael Kühne sowie der Banker Hans-Walter Peters, ein weiterer Vertrauter von Kühne.

Vorerst nicht mehr dabei ist Unternehmer Detlef Dinsel. Der frühere Investor des FC Augsburg war im vergangenen Juli auf einen entsprechenden Antrag des Vorstands gerichtlich in den Rat bestellt worden. Dinsel hatte den ruhenden Posten des für ein Jahr vom Aufsichtsrat in den Vorstand entsandten Thomas Wüstefeld übernommen.

Der Ende September zurückgetretene Wüstefeld war zwar am Donnerstag in seiner Rolle als Gesellschafter erstmals wieder im Volksparkstadion zu Gast. Sein Mandat im Aufsichtsrat ist aber abgelaufen. Dinsel selbst soll weiterhin Interesse haben, bei der Neubesetzung des Gremiums dabei zu sein.

HSV-Krach: Kühne gegen Dinsel und Jansen

Doch insbesondere um den 62-Jährigen gab es am Donnerstag „kontroverse Diskussionen“, wie es der HSV formulierte. Mit anderen Worten: Es hat ordentlich gekracht. So soll sich insbesondere Karl Gernandt als Vertreter des nicht anwesenden Kühne sowohl gegen Jansen, als auch gegen Dinsel gewendet haben.

Schon vor drei Monaten hatten alle Investoren außer Wüstefeld dem Aufsichtsratsvorsitzenden Jansen in einer internen Email das Vertrauen entzogen. Vor einer Woche schrieben die Aktionäre um Kühne, Thomas Böhme (Ampri) und Maik Burmeister nun eine weitere Mail an das Präsidium mit der Bitte, Dinsel aus dem Aufsichtsrat abzuberufen. Auch die Führung des Supporters Clubs soll sich angeschlossen und sich vor allem für mehr Diversität im Aufsichtsrat ausgesprochen haben.

HSV-Aufsichtsrat: Kühne will Schrum halten

Am Donnerstag war es nun Gernandt, der sich für einen Verbleib von Aware-Gründerin Lena Schrum ausgesprochen haben soll. Die 32-Jährige, die im Aufsichtsrat seit 2021 die Themen Nachhaltigkeit und Frauenfußball abdeckt, sollte auf Wunsch vor allem von Jansen eigentlich nicht mehr nominiert werden. Möglich, dass Schrum nun doch noch im Rat bleibt und den Platz von Dinsel einnimmt. Ein Zeichen dafür: Das Thema Nachhaltigkeit wurde am Freitag in der Satzung der HSV Fußball AG verankert.

Nach der gescheiterten Aufsichtsratswahl soll es nun zeitnah eine weitere Hauptversammlung geben. Bis dahin soll die Kandidatenauswahl für das Gremium noch einmal besprochen werden. „Ich werte diese Entscheidung als guten Kompromiss, weil wir aufeinander zugehen“, sagte Jansen.

Die Frage ist nach diesem Tag allerdings, wer nun auf wen zugehen soll und wie sich das Präsidium und die Aktionäre auf die Kandidaten einigen können. Wer nach dieser Hauptversammlung auf Ruhe hinter den Kulissen des HSV gehofft hatte, wird enttäuscht sein. Die gute Nachricht zum Schluss: Am Sonntag wird wieder Fußball gespielt.