Hamburg. An diesem Freitag findet im Dopingfall Vuskovic die erste Anhörung statt. Der HSV-Profi tut alles für seinen Freispruch.

Seit zwei Monaten und 22 Tagen ist Mario Vuskovic außen vor. Der Kroate kann seinem Beruf nicht mehr nachgehen. Auch beim Auswärtsspiel des HSV am Sonntag bei Hansa Rostock (13.30 Uhr/Sky und Liveticker auf abendblatt.de) wird der 21 Jahre alte Abwehrspieler der Mannschaft von Trainer Tim Walter nicht zur Verfügung stehen. Daran wird auch die erste mündliche Verhandlung an diesem Freitag um 11 Uhr vor dem Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt nichts ändern.

Der DFB hatte Vuskovic am 15. November vorläufig gesperrt, nachdem der HSV-Profi bereits am 16. September bei einer Dopingprobe positiv auf körperfremdes Erythropoetin (Epo) getestet wurde. Vuskovic beteuert seine Unschuld.

Mario Vuskovic nutzt Lügentest in England

Klar ist vor diesem mit Spannung erwarteten Termin nur eines: Für den zweikampfstarken Verteidiger wird es der schwerste Kampf seiner noch jungen Karriere. „Mario muss die Geschichte am Ende mit sich selbst ausmachen. Wir sind immer für ihn da und das werden wir auch bleiben“, sagte Trainer Walter am Tag vor der Verhandlung.

Sportvorstand Jonas Boldt wird persönlich nach Frankfurt fahren und Vuskovic gemeinsam mit HSV-Justiziar Philipp Winter unterstützen. Fünf Anwälte hatte der U-21-Nationalspieler in den vergangenen zweieinhalb Monaten beschäftigt, um alle möglichen Schritte einzuleiten. Auch im direkten Umfeld des Spielers werden keinerlei Zweifel daran geäußert, dass Vuskovic unschuldig sei.

Mehr noch: Um seine Unschuld zu dokumentieren, ist Vuskovic nach Abendblatt-Informationen zwischenzeitlich sogar auf Eigeninitiative nach England geflogen, um sich einem Lügentest zu unterziehen. Mit Erfolg: Das in England gerichtlich anerkannte und nach wissenschaftlichen Kriterien entwickelte Testverfahren hat Vuskovic mit dem bestmöglichen Ergebnis bestanden. Demnach liegt die Wahrscheinlichkeit, dass er bei der Frage nach einer wissentlichen Einnahme von Epo gelogen hat, bei unter einem Prozent.

Hilft Mario Vuskovic der Lügentest?

In Großbritannien wurden Lügentests bereits in verschiedenen Bereichen eingesetzt, unter anderem als Pilotprojekt bei der Haftentlassung von Sexualstraftätern. Doch so modern die Methoden mittlerweile sind – vor den Gerichten in Deutschland haben ihre Ergebnisse kaum eine Bedeutung. Und so dürfte es auch im Fall Vuskovic sein.

Am 11. November hatten zwölf Polizisten nach dem Training in der Kabine des HSV nach Beweismitteln gesucht. Gefunden wurde nichts. Einen Tag später teilte der DFB mit: Vuskovic wurde positiv auf Epo-Doping getestet. Auch die B-Probe war positiv. Dabei handelte es sich um eine verbotene sogenannte nicht spezifische Substanz. Wird diese nachgewiesen, ist nach der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB eine vorläufige Sperre zu verhängen. Kann Vuskovic seine Unschuld nicht nachweisen, droht ihm sogar eine Sperre von vier Jahren.

Wie gelang Epo in Mario Vuskovics Körper?

Die Frage, wie das Epo in das Blut des Spielers gekommen ist, wird die zentrale Frage sein, um die es bei der ersten Anhörung geht. Vuskovic ist genauso vorgeladen wie Vertreter der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada), die den Dopingtest vorgenommen hatte. Die Hoffnung des HSV, dass es sich um einen Verfahrensfehler handeln könne, ist nach Ansicht vieler Experten als gering einzuschätzen. Trotzdem hat der Spieler zusammen mit dem Club einen 65 Seiten langen Schriftsatz vorbereitet, der laut Boldt „viele Fragen aufwerfe“. Bei „Sky“ sagte der 41-Jährige: „Es erklärt sich mir nicht, wo und wie das passiert sein soll und warum auch? Wir wollen volle Transparenz.“

Diese hatte Boldt sowohl von der Nada als auch vom DFB vermisst. Die Nada verwies auf Nachfragen lediglich auf den DFB, der für das Verfahren verantwortlich sei. Ein vom HSV angestrebter DNA-Abgleich soll bislang abgelehnt worden sein. Auch für den DFB geht es um viel. Zwar gab es in der Vergangenheit viele Dopingfälle im Weltfußball. So wurde etwa Startrainer Pep Guardiola 2001 als Spieler bei Brescia Calcio positiv auf das anabole Steroid Nandrolon getestet und anschließend vier Monate gesperrt. In Deutschland war Stürmer Roland Wohlfarth vom VfL Bochum 1995 der erste Dopingsünder. Er wurde positiv auf das Stimulanzmittel Norephedrin getestet und zwei Monate gesperrt.

Einen Epo-Fall im deutschen Fußball gab es bislang aber nicht. Innerhalb der Fußballszene heißt es meist, Doping sei viel zu riskant und bringe nichts, schon gar nicht Epo bei einem Abwehrspieler. Wissenschaftler und Dopingexperten halten dagegen und behaupten, Epo könne auch im Fußball den Unterschied ausmachen. Spritzen sind dagegen heute im Fußball Normalität, insbesondere wenn den Spielern Vitamine verabreicht werden.

HSV setzt auf Mario Vuskovics Unschuld

Auch Vuskovic wird beim HSV gespritzt worden sein. Er muss nun belegen, dass er eben nicht diese eine Spritze erhalten hat. Bei der internen Aufarbeitung wurden alle möglichen Tage rekonstruiert, auch ein Aufenthalt in Kroatien.

Neben dem menschlichen Schicksal geht es um viel Geld. Für Vuskovic, aber auch für den HSV. 3,5 Millionen Euro (Leihgebühr und Ablöse) hatte der Club an Hajduk Split gezahlt. In der Bilanz wird die Summe bis zum Ende der Vertragslaufzeit 2025 abgeschrieben. Sollte Vuskovic schuldig gesprochen werden, wird der HSV über eine Schadenersatzklage nachdenken. Aber bis dahin setzt der Club alles auf die Karte Unschuld.

Vor wenigen Wochen war Vuskovic aus Kroatien nach Hamburg gekommen, um an einem Familientreffen des HSV teilzunehmen. „Mario ist total interessiert, was wir machen. Er ist ein Teil von uns und die Jungs gehen auf ihn zu“, berichtete Walter am Donnerstag. „Was letztlich in ihm vorgeht, weiß keiner von uns. Das werden wir auch nicht herausfinden.“

Mario Vuskovic: Anklage der Staatsanwaltschaft erst in 1,5 Jahren?

Nun gilt es vor dem DFB-Sportgericht, die Wahrheit herauszufinden. Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Vuskovic. Doch die Ermittlungen könnten sich nach Abendblatt-Informationen noch bis zu eineinhalb Jahre hinziehen, selbst für den Fall, dass der HSV-Profi freigesprochen wird oder eine geringere Strafe erhält. Ob es zu einer Anklage kommt, dürfte aber sehr wohl durch das Urteil in Frankfurt beeinflusst werden.

Am 9. Februar findet die zweite Verhandlungsrunde statt, ehe das Sportgericht um den Vorsitzenden Stephan Oberholz ein Urteil fällt. „Wir werden schauen, was letztendlich dabei herumkommt“, sagt Trainer Walter. „Ich hoffe, etwas Gutes für uns und vor allem für den Jungen.“