Hamburg. HSV sichert Finanzierung der Stadionsanierung und wird nicht weiter bei der Bürgerschaft anfragen. Die politischen Reaktionen.
Im Normalfall erregt eine Pressemitteilung des HSV kaum Aufmerksamkeit unter den Haushaltsexperten der Bürgerschaft. Doch als der Zweitligist am Mittwoch die gesicherte Finanzierung der dringend erforderlichen Modernisierungsarbeiten am Volksparkstadion bekannt gab, war der HSV plötzlich Gesprächsthema im Rathaus.
Denn die noch fehlenden rund 20 Millionen Euro leiht sich der Club von Investor Klaus-Michael Kühne sowie drei weiteren, namentlich nicht bekannten Kreditgebern. Eine Bürgschaft der Stadt, die der inzwischen zurückgetretene Ex-Vorstand Thomas Wüstefeld für seinen Wunschdarlehensgeber, HSV-Hauptsponsor HanseMerkur, beantragt hatte, ist damit endgültig vom Tisch.
HSV erfreut die Stadt: Dressel dankt auch Kühne
Entsprechend positiv fielen am Tag nach dem Stadiondeal die Reaktionen der Bürgerschaftsabgeordneten aus. „Ein Dank an alle Beteiligten“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) dem Abendblatt. „Genau eine solche Verständigung, die den Steuerzahler nicht belastet, hatten wir uns als Stadt von Anfang an gewünscht. Schön, dass sie auf die letzten Meter jetzt zustande gekommen ist.“
Dressel zeigt sich erfreut, dass die Arbeiten rechtzeitig bis zur EM 2024 abgeschlossen sein sollen. Damit ist der HSV dem Auftrag des Haushaltsausschusses nachgekommen, der vor drei Monaten dem im Rathaus anwesenden Wüstefeld mitgegeben hatte, einen anderen Partner als die Stadt zu finden. SPD-Haushaltssprecher Milan Pein schlug damals sogar explizit den Namen Kühne als Lösung vor. Mit etwas Verspätung fanden seine Worte nun Gehör.
„Ich begrüße, dass der HSV eine eigenständige Lösung gefunden hat. Das war auch dringend notwendig, damit der HSV seinen vertraglichen Pflichten gegenüber der Uefa und der Stadt nachkommt“, sagte Pein nun dem Abendblatt – und erhielt fraktionsübergreifende Zustimmung.
Stadt freut sich über Kühne-Deal beim HSV
„Der HSV war am Zug, eine Finanzierung zu sichern. Das ist im Interesse aller nun auch gelungen. Mit einer vernünftigen Vorbereitung hätte die Finanzierung schon eher stehen können“, sagte CDU-Haushaltssprecher Thilo Kleibauer. David Stoop (Die Linke) betonte, es sei „genau richtig, dass die Stadt für eventuelle Rückzahlungsausfälle nicht in der Verantwortung“ stehe.
Für Dennis Paustian-Döscher von den Grünen ist der Stadiondeal „gut für den HSV, die Stadt Hamburg und den Landeshaushalt“. Thomas Reich (AfD) sieht eine „gute Nachricht“ und der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Mathias Petersen (SPD), ergänzt: „Es scheint gefruchtet zu haben, dass wir im Hauhaltsausschuss klarstellten, eine Bürgschaft der Stadt abzulehnen.“
Der Bund der Steuerzahler Hamburg sieht in der Stadion-Finanzierung sogar eine Bestätigung seiner Arbeit. „Wir sind sicher, dass unsere anhaltende Kritik dazu geführt hat, dass die Hamburger Politik letztlich bei ihrem Nein geblieben ist, was sowohl weitere finanzielle Mittel als auch eine mögliche Bürgschaft betrifft“, sagte die Vorsitzende Petra Ackmann. „Allerdings: Ob die jetzt in Aussicht gestellten Gelder wirklich ausreichen, um alle Sanierungsanforderungen zu finanzieren, bleibt abzuwarten.“
Warum die Stadt HSV-Vorstand Boldt vorladen will
Weiterhin unklar bleibt den Bürgerschaftsabgeordneten, was genau aus den städtischen 23,5 Millionen Euro geworden ist, die der HSV 2020 für den Grundstücksverkauf im Volkspark erhielt. Die Erklärung des Clubs, das Geld sei für coronabedingte operative Kosten benötigt worden, reicht den Politikern nicht. Auf die von Wüstefeld im September proaktiv angekündigte genaue Auflistung der Ausgaben wartet der Haushaltsausschuss nach Abendblatt-Informationen bis heute.
Deshalb hält das Gremium daran fest, HSV-Vorstand Jonas Boldt im Laufe des ersten Quartals 2023 ins Rathaus einzuladen. Wie das Abendblatt erfuhr, steht Boldt einem solchen Austausch offen gegenüber.
Die Abgeordneten halten sich zudem die Option offen, HSV-Finanzchef Eric Huwer vorzuladen, der zum Zeitpunkt des Vertrags mit der Stadt bereits im Team von Ex-Vorstand Frank Wettstein tätig war. „Ich erwarte weiterhin, dass endlich eine Transparenz hergestellt wird, wofür die 23,5 Millionen Euro der Stadt ausgegeben wurden“, sagt Paustian-Döscher.
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Bevor das passiert, wird der HSV im Januar seiner jährlichen Berichtspflicht an die Stadt über die Fortschritte der Stadionsanierung nachkommen. Auch dieses Schreiben wird im Rathaus für eine gesteigerte Aufmerksamkeit sorgen.