Hamburg. Nach geplatzter Landesbürgschaft sucht der HSV nach Alternativen. Die Stadt zahlte sogar 37,5 Millionen. Boldt soll ins Rathaus kommen.

Die Anhörung von Thomas Wüstefeld im Rathaus war am Donnerstagabend erst seit wenigen Minuten abgeschlossen, da verschickte der Bund der Steuerzahler bereits ein kerniges Statement an seinen Presseverteiler.

„Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Mitglieder des Haushaltsausschusses sich gegenüber des HSV ablehnend in Bezug auf eine Bürgerschaft zeigen“, kommentierte die Vorsitzende Petra Ackmann den mächtigen Gegenwind, den HSV-Vorstand Wüstefeld für seine Pläne mit der Stadt erfuhr.

„Wir hoffen, dass es bei dieser Haltung bleibt und keine Schlupflöcher gesucht werden“, sagte Ackmann und ergänzte: „Es ist nicht die Aufgabe der Steuerzahler, dem HSV aus einer selbstverursachten finanziellen Misere zu helfen.“

HSV erhielt 37,5 Millionen von der Stadt

Ein Kommentar, den Wüstefeld in ähnlicher Form zuvor bereits von mehreren Abgeordneten im Haushaltsausschuss zu hören bekam. Die Mitglieder des Gremiums reagierten fraktionsübergreifend mit Unverständnis auf die mangelnde Erklärung, wofür die für die Stadionsanierung vorgesehenen 23,5 Millionen Euro aus dem 2020 abgewickelten Grundstücksverkauf an die Stadt ausgegeben wurden. Wüstefeld verwies lediglich auf „Personalkosten, Drittkosten, Beraterverträge und sonstige coronabedingte operative Kosten“. Immerhin: Eine genaue Auflistung der Ausgaben wolle er dem Protokoll nachträglich beifügen.

„Dafür hatten Sie seit dem Sportausschuss im Juli drei Monate Zeit“, kritisierte der Vorsitzende des Ausschusses, Mathias Petersen (SPD), der zudem auf die 14 Millionen Euro schwere Corona-Hilfe verwies, die der HSV zur Kompensation der Einnahmeausfälle erhielt. „Es wäre die Aufgabe des HSV in Person von Thomas Wüstefeld gewesen, Transparenz zu schaffen. Das ist leider nicht gelungen“, klagte Dennis Paustian-Döscher (Grüne).

Weil das Vertrauen in eine lückenlose Aufklärung Wüstefelds über das Schicksal der insgesamt 37,5 Millionen Euro der Stadt zunehmend schwindet, kündigte SPD-Haushaltssprecher Milan Pein an, HSV-Vorstand Jonas Boldt in den Ausschuss einladen zu wollen. „Er wird ja über die genauen operativen Kosten Kenntnis haben.“ Denn das Geld wurde während Boldts Amtszeit und der von Ex-Vorstand Frank Wettstein ausgegeben.

Der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft will von HSV-Vorstand Jonas Boldt erfahren, wofür die 23,5 Millionen Euro der Stadt ausgegeben wurden.
Der Haushaltsausschuss der Bürgerschaft will von HSV-Vorstand Jonas Boldt erfahren, wofür die 23,5 Millionen Euro der Stadt ausgegeben wurden. © Witters

HSV: Wüstefeld und die Zehn-Millionen-Frage

Für etwas Klarheit sorgte Wüstefeld dagegen bei der Schätzung der im Zuge der Stadionsanierung auf den HSV zukommenden Kosten. Die anstehenden Maßnahmen unterteilte er in drei Pakete: Zunächst sollen während der WM-Pause im November das Flutlicht, die Beschallungsanlage und die Stromkabel erneuert werden. Die hierfür veranschlagten Kosten von zehn Millionen Euro will der HSV aus Eigenmitteln finanzieren. Der für das dritte Quartal 2023 geplante Austausch der Dachmembran soll elf Millionen Euro kosten. Die Ausgaben weiterer EM-bedingter Maßnahmen (neue Klimaanlage in der Gästekabine, Drehkreuze, Sanitäranlagen und Behindertenplätze) taxiert Wüstefeld auf zwölf Millionen Euro, wodurch sich Gesamtkosten von 33 Millionen Euro ergeben.

Da der Vorstand eine Bürgschaft für einen 13-Millionen-Euro-Kredit bei Hauptsponsor HanseMerkur beantragt hat und zehn Millionen Euro aus Eigenmitteln finanzieren will, ergibt sich eine Finanzierungslücke in Höhe von weiteren zehn Millionen Euro, wie Pein monierte. „Wie soll das funktionieren?“, fragte der SPD-Politiker.

Bei seiner Antwort sorgte Wüstefeld allerdings für mehr Fragezeichen als Aufklärung. „Wir befinden uns in Gesprächen mit unseren Gesellschaftern und anderen Parteien. Sobald klar ist, wie hoch die finalen Kosten sind, werden wir das gesamte Paket absichern“, sagte der Vorstand, der sich bereits nach einem anderen Bürgen als der Stadt umsieht. Gelingen wolle ihm das bis spätestens zum zweiten Quartal 2023, bekräftigte er auf Nachfrage. „Dafür sind wir auf bestem Kurs.“