Hamburg. Der HSV-Investor fordert indirekt eine neue Club-Führung. Erste Aufträge für die Stadionsanierung sollen erteilt worden sein.
Am Montagvormittag hatte Klaus-Michael Kühne etwas mitzuteilen. Über das Schweizer Büro seiner Kühne Holding verschickte der HSV-Investor und Logistikunternehmer eine Pressemitteilung mit dem Titel „HSV und Kühne Holding wollen Gespräche führen“. Auf den Tag genau eine Woche nach der Ablehnung seines 120-Millionen-Euro-Angebots lässt der Milliardär nicht locker und wirbt weiter für seine Pläne, die er nun modifizieren will.
„Die HSV Fußball AG bzw. der Hamburger Sport-Verein e.V. haben sich zu Gesprächen mit der Kühne Holding AG bereit erklärt“, teilte er mit. Vor einer Woche hatte E.-V.-Präsident Marcell Jansen Kühnes Angebot zwar alleine wegen der Vereinssatzung als „nicht umsetzbar“ bezeichnet, zugleich aber die Tür für weitere Gespräche geöffnet. „Wir sehen das Angebot vor allem als weiteren Impuls, mit dem wir uns beschäftigen werden“, sagte der Ex-Profi und kündigte einen direkten Austausch mit dem zweitgrößten Anteilseigner des HSV (15,21 Prozent) an.
Kühnes ursprüngliches Angebot sah die Aufstockung seiner Anteile auf 39,9 Prozent vor, wofür eine Zweidrittelmehrheit der Mitglieder erforderlich wäre. Zudem wollte er sowohl den Aufsichtsrat als auch den Vorstand nach seinen Vorstellungen umgestalten.
Mehr Macht beim HSV? Kühne wehrt sich
Kurzum: Kühne vertraut der aktuellen HSV-Führung nicht mehr und will wieder mehr mitreden. Dem Unternehmer ist nicht entgangen, dass seine Übernahmepläne in Fankreisen kritisch gesehen werden und die Ultras bereits vor einer Woche beim Auswärtssieg in Bielefeld (2:0) heftig dagegen protestierten. „In der Satzung verankert. 75+1 unverhandelbar, Kühne verpiss dich“, stand auf einem Banner im Gästeblock.
Deshalb sah sich Kühne im ersten von sechs Punkten seiner neuesten Pressemitteilung dazu gezwungen, seine Forderungen zu relativieren. Es gehe ihm gar nicht darum, Einfluss auf den HSV zu nehmen oder gar „Macht auszuüben“. Stattdessen biete er „ausschließlich eine maßgebliche Unterstützung zur Herstellung gesunder finanzieller Verhältnisse an, womit die Grundlage für zukünftige sportliche Erfolge geschaffen werden soll.“
Eine „dauerhafte Stabilisierung der HSV Fußball AG“, so heißt es in Punkt drei, werde nur erreicht, „wenn die Schulden maßgeblich abgebaut werden und wenn wachsende Investitionen in die Mannschaft“ möglich seien. Wie das gelingen soll, weiß Kühne natürlich auch. „Hierfür bedarf es einer erheblichen Verbreiterung der Kapitalbasis.“
Kühne will neue HSV-Anteile perspektivisch verkaufen
Kühne will also weiterhin mehr Anteile am HSV dank einer Kapitalerhöhung erwerben. Allerdings bekräftigt der 85-Jährige, „an einer Beteiligung Dritter sehr interessiert“ zu sein. Konkret sehen seine neuen Pläne wie folgt aus: Kühne garantiere die gesamte Kapitalerhöhung und strebe für die Zukunft an, die neu erworbenen Anteile ganz oder teilweise an andere Investoren zu übertragen. Wann dies geschehen soll, ob es eine Garantie dafür gebe und ob der HSV ein Mitspracherecht bei der Auswahl der Käufer habe, teilte Kühne nicht mit.
Was Kühne dagegen in Punkt fünf mitteilte, war erneut eindeutige Kritik an Vorstand Thomas Wüstefeld, der angekündigt hatte, die Stadionsanierung mithilfe von Fremdkapital, also neuen Schulden, zu ermöglichen. „Die Kühne Holding AG rät von der Aufnahme weiteren Fremdkapitals (Darlehen) durch die HSV Fußball AG ab, da damit die Verschuldung weiter ansteigen und die Erreichung finanzieller Stabilität in noch weitere Ferne gerückt würde“, heißt es in dem Kommuniqué.
Kühnes Wortwahl kommt insofern wenig überraschend, als sein 120-Millionen-Euro-Angebot ohnehin in Konkurrenz zu den Stadionplänen Wüstefelds stand, die dieser einen Tag nach dem medialen Vorstoß des Investors dem HSV-Aufsichtsrat präsentiert hatte. In jener Sitzung kündigte Wüstefeld an, innerhalb einer Woche mit der Umsetzung seiner Pläne zu starten. Die Sitzung fand vor eineinhalb Wochen statt.
HSV: Wüstefelds Stadion-Zeitplan wackelt
Es ist nicht der erste Zeitplan, den Wüstefeld zwar offensiv ankündigte, letztlich aber vergaß, Taten folgen zu lassen. Intern hatte er bereits nach dem Pokalspiel in Bayreuth (3:1 n.V.) angekündigt, die Finanzierung der Stadionsanierung in der darauffolgenden Woche zu finalisieren. Es folgte eine denkwürdige Medienrunde am 2. August, in der Wüstefeld bekannt gab, „in den nächsten zehn Tagen“ Vollzug vermelden zu können. Jener Vollzug steht jedoch nach wie vor aus, denn dem HSV-Vorstand fehlen die nötigen Bürgen für ein 23 Millionen Euro schweres Darlehen von Hauptsponsor HanseMerkur.
Ein weiteres Beispiel lieferte Wüstefeld am Sonntag vor einer Woche im NDR: „Wir werden ab der kommenden Woche mit der Modernisierung des Volksparkstadions aktiv starten. Wir sind voll im Zeitplan“, sagte er. Das kleine, aber nicht irrelevante Problem: Die Arbeiten haben noch immer nicht begonnen, wie der Vorstand auf Anfrage bestätigte.
Da Wüstefeld weiterhin auf eine Bürgschaft der Stadt hofft, könnte die Finanzierung auch noch eine Weile auf sich warten lassen. Denn im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft wurde am vergangenen Donnerstag beschlossen, bis Ende September erst einmal gar nicht über eine Bürgschaft zu entscheiden. „Wir verschließen uns Gesprächen nicht und stehen ergebnisoffen, aber sehr kritisch am Anfang dieser Fragestellung“, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), der zudem „äußerste Strenge“ ankündigte.
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Wüstefeld: Erste HSV-Aufträge für Stadionsanierung
Sicher ist dagegen, dass Investor Klaus-Michael Kühne nicht als Bürge zur Verfügung stehen wird. Dessen Vertrauen in Wüstefelds Taten scheint endgültig zerrüttet. Am Montag forderte der Unternehmer indirekt eine neue Führung. „Der Kühne Holding AG erscheint es wichtig, dass im Aufsichtsrat und Vorstand der HSV Fußball AG vermehrt kaufmännischer Sachverstand und hohe sportliche Kompetenz vertreten sein werden“, heißt es in Punkt sechs seiner Pressemitteilung.
Worte, die vor allem an Wüstefeld gerichtet sein dürften. Auf Nachfrage wollte sich Kühne zwar nicht äußern, wie seine Aussage zu interpretieren sei. Es ist aber längst kein Geheimnis mehr, dass er als Gegenspieler Wüstefelds gilt. Spätestens seit Kühne Anfang des Monats gegenüber dem Abendblatt den Wunsch äußerte, dass Wüstefeld beim HSV „bald Geschichte“ sei.
Und wie reagiert Wüstefeld auf den neuerlichen Wirbel? Den öffentlichen Vorstoß des Investors habe er zur Kenntnis genommen, konkret darauf eingehen wolle er aber nicht. Auf Anfrage bekräftigte der Vorstand, erste Aufträge für die Stadionmodernisierung erteilt zu haben. Um welche Arbeiten es sich dabei handeln soll, sagte Wüstefeld zwar nicht. Es wurde aber auch genug gesagt an diesem Montag.