Hamburg. Der Interimsvorstand kündigt zudem an, dass ein wichtiges und vor allem teures Projekt zeitnah umgesetzt werden kann.

Es waren harte Worte, die HSV-Investor Klaus-Michael Kühne (85) vor knapp zwei Wochen inmitten des HSV-Machtkampfs im Abendblatt gewählt hatte. Der Milliardär hoffe, dass Interimsvorstand Thomas Wüstefeld „bald Geschichte“ sei.

Darauf angesprochen, reagierte Wüstefeld jetzt im Interview mit dem NDR gelassen. „Ich bin gerne bereit, mich mit ihm an einen Tisch zu setzen. Dann kann er mir ja erklären, warum Wüstefeld vielleicht nicht der Richtige oder bald Geschichte ist. Es geht aber nicht um Kühne und Wüstefeld, es geht um den HSV“, erklärte der HSV-Vorstand, der betonte, er sei „immer offen dafür“, mit dem extrovertierten Kühne zu sprechen: „Natürlich müssen wir den Dialog suchen.“

HSV-Machtkampf: Wüstefeld hat von 120-Millionen-Angebot aus den Medien erfahren

Zu besprechen gibt es zwischen den beiden Machern in jedem Fall einiges. Wüstefeld hatte von Kühne HSV-Anteile erworben und will nun den Preis nachverhandeln, weil der Interimsvorstand dem 85-Jährigen vorwirft, vor dem Kauf nicht mit offenen Karten bezüglich der finanziellen Situation des Zweitligaclubs gespielt zu haben. Sogar eine juristische Klärung ist derzeit ein Thema. „Wir müssen da eine Lösung finden“, so Wüstefeld.

Ein weiteres großes Thema ist das 120-Millionen-Euro-Angebot von Kühne, das an zehn knallharte Bedingungen geknüpft ist. Offiziell ist beim HSV noch keine Anfrage des Investors eingetroffen. „Ich war erst einmal etwas überrascht, habe davon aus den Medien erfahren. Wir als HSV-Vorstand haben kein offizielles Schreiben erhalten. Es ist natürlich ein Signal von Herrn Kühne. Wir werden das Thema sicherlich in der nächsten Woche besprechen. Aber da ist auch primär der HSV e.V. als Mehrheitsgesellschafter gefragt“, erklärte Wüstefeld. Die HSV-Fans haben sich zu dem Thema beim Auswärtsspiel in Bielefeld klar positioniert: Sie haben Kühne mit einem Spruchband massiv attackiert.

Dass Kühne entgegen anderslautenden Ankündigungen nun doch wieder in der ersten Reihe beim HSV mitspielen will, überrascht Wüstefeld überhaupt nicht. „Herr Kühne ist sehr aktiv, sehr emotional und auch HSV-Fan. All diese Komponenten kommen mit einem erfolgreichen Unternehmer zusammen.“

Der Dialog wurde auch am vergangenen Freitag innerhalb des Aufsichtsrates gesucht. In einer knapp vierstündigen Sitzung wurde vor allem die kostspielige Finanzierung der Volksparkstadion-Moderniesierung besprochen. Wie das Abendblatt erfuhr, soll HSV-Hauptsponsor HanseMerkur für die Sanierung der im Jahr 2000 eröffneten Arena aufkommen. Das Investitionsvolumen soll sich zunächst auf 23 Millionen Euro belaufen.

Erste Baumaßnahmen sollen im November im Volksparkstadion beginnen

Hinzu kommt noch der Austausch der 44.000 Quadratmeter großen Dachmembran, sodass die Gesamtkosten auf rund 40 Millionen Euro ansteigen werden. „Wir werden ab der kommenden Woche mit der Modernisierung des Volksparkstadions aktiv starten. Wir sind voll im Zeitplan. Wir mussten ein bisschen nachjustieren, das eine oder andere neu gestalten und besprechen und mit neuen Modellen agieren. Das ist alles sehr positiv verlaufen, und jetzt gehen wir in die Umsetzung“, sagte Wüstefeld am Sonntag.

Unterschrieben seien die Verträge zur Finanzierung derweil noch nicht: „Wir sind in den letzten Vertragsgestaltungen. Wir haben aber die Lösung für die Finanzierung und die Sicherheit. Ich bin sehr guter Dinge, dass wir zeitnah die Unterschriften unter die Verträge bekommen.“

Der HSV-Vorstand hofft überraschend nach wie vor auf die Unterstützung der Stadt Hamburg, wenngleich aus dem Senat sehr deutlich zu hören ist, dass nach dem Abkauf des Grundstücks für 23,5 Millionen Euro keine weitere Hilfe zu erwarten ist. „Vorbei ist es ja nie. Wir stehen mit der Stadt, die ja hochgradig daran interessiert ist, dass wir alle diese Themen umsetzen, im Kontakt. Ich bin der Meinung, dass das Volksparkstadion das wichtigste Bauteil und wichtigste Instrument in unserer Stadt ist. Deswegen ist es wichtig, dass wir im Dialog bleiben“, sagte Wüstefeld.

Geht alles glatt, soll in der langen WM-Pause ab Mitte November der Modernisierungsprozess beginnen. Wie die „Bild“-Zeitung berichtet, soll als Erstes die analoge Flutlichtanlage auf LED-Leuchten umgerüstet werden. Zudem soll die in die Jahre gekommene Beschallungsanlage erneuert werden. Für diese beiden Modernisierungsmaßnahmen muss die zum Teil marode Verkabelung im HSV-Stadion ausgetauscht werden.

Durch die Modernisierungsmaßnahmen soll vor allem erreicht werden, dass der Spielbetrieb gesichert ist und die Europameisterschaft 2024 mit vier Vorrundenspielen sowie einem Viertelfinale in Hamburg ausgetragen werden kann. Für die Hansestadt und den HSV wäre es ein herber Imageschaden, würde man Hamburg die EM-Spiele entziehen, weil das Volksparkstadion in einem zu schlechten Zustand ist. „Das wäre kein schönes Bild für die Stadt Hamburg und uns alle. Umso wichtiger ist es, dass wir alles dafür tun, dass wir die Fußball-Europameisterschaft in Hamburg durchführen können“, so der HSV-Interimsvorstand.

Wüstefeld erklärt Verhältnis zu Sportvorstand Boldt

Wüstefeld gab im NDR-Interview einen Einblick, wie er den Machtkampf innerhalb der HSV-Führung wahrnimmt. Auf die Frage, warum er sich das überhaupt antue, hatte er eine klare Antwort parat. „In erster Linie bin ich Fußball-Fan, und die Raute liegt mir sehr stark am Herzen. Wir hatten einige unternehmerische Herausforderungen, die geklärt werden mussten. Wir sind dabei, die Themen, die nicht einfach waren, umzusetzen. Dass der eine oder andere vielleicht unglücklich ist oder ich auch in der Fülle der Aufgaben einen Fehler gemacht habe, will ich gar nicht ausschließen“, gestand Wüstefeld.

Auszuschließen ist eigentlich auch, dass Wüstefeld und Sportvorstand Jonas Boldt auf Dauer erfolgreich zusammenarbeiten. Die beiden Vorstände sind seit Monaten zerstritten, auch wenn Wüstefeld versucht, das Thema kleinzureden. „Jonas verantwortet den Bereich Sport. Da rede ich ihm überhaupt nicht rein, es sei denn, es betrifft Zahlen. Dann bin ich involviert. Ich verstehe nicht, warum man immer über Machtkampf disktutiert. Ich glaube nicht, dass Jonas die Bereiche Finanzen und Marketing übernehmen will. Wir haben beide klare Ressorts und klare Aufgaben. Dass wir Themen haben, die er aus sportlicher Sicht anders sieht als ich aus der wirtschaftlichen Sicht, ist auch normal“, sagte Wüstefeld.

HSV-Machtkampf: Wüstefeld will den Verein transformieren

Doch nicht nur innerhalb der Führung knirscht es. Seit Wüstefeld auf der Geschäftsstelle im Volksparkstadion sein Büro bezogen hat, soll dort eine eisige Atmosphäre vorherrschen. Vor allem die Transformation der Mitarbeiterstruktur, die Arbeitsplätze kosten würde, soll bei den Mitarbeitern für Verunsicherung gesorgt haben.

„In den vergangenen zehn Jahren wurde immer ein negatives Ergebnis erzielt. Wenn man den Kurs einnimmt, ein ausgeglichenes Ergebnis zu erzielen und vielleicht noch mehr rauszuholen, dann sind es Veränderungen, die vielleicht dem einen oder anderen auch mal wehtun. Das ist notwendig, wir müssen uns transformieren und digitalisieren. Dass der eine oder andere auch mal unzufrieden ist, kann ich nachvollziehen, aber nichtsdestotrotz müssen wir unser Ergebnis erzielen“, sagte Wüstefeld.

Und das sportliche Ergebnis soll vor allem dazu führen, dass der Verein nach fünf Jahren wieder erstklassig wird. Daran wird sich Wüstefeld mit seinem Team messen lassen müssen. „Der HSV ist einer der traditionsreichsten Vereine in Deutschland und in ganz Europa. Da muss es das Ziel sein, wieder Bundesliga zu spielen, auch aus unternehmerischer Sicht.“