Athen. Gold für Deutschlands Reiter! Die Nervenstärke von Otto Becker hat den deutschen Springreitern den goldenen Hattrick beschert. Das Quartett feierte am späten Dienstagabend in Athen bereits vor dem abschließenden Ritt von Ludger Beerbaum den dritten Olympiasieg in Folge. Becker hätte sich bei seinem Ritt mit Cento fünf Fehlerpunkte erlauben dürfen, mit vier Zählern erreichte er das Ziel und war danach außer sich vor Freude.
Die Entscheidung fiel in einem spektakulären Nachtspringen unter Flutlicht, doch schon am Vormittag hatte "Team Germany" mit einer Demonstration der Stärke die Konkurrenz auf Abstand gehalten. Mit den Worten: "Es ist erst Halbzeit, aber wir wollen die Euphorie mit in den Abend nehmen", hatte Bundestrainer Kurt Gravemeier nach dem ersten Umlauf gesagt.
Dann kam der Abend - und das Gold. "Ich hatte keine Ahnung, wie viele Fehler ich mir leisten konnte. Ich habe nur versucht, mich auf meinen Ritt zu konzentrieren. Bis auf den Fehler am letzten Hindernis hat das gut geklappt. Zum Glück hat der Abwurf nichts gemacht. Jetzt freuen wir uns riesig", jubelte der Mühlener.
"Ich habe es gleich gesagt: Auf diese Truppe ist Verlass", sagte voller Freude Paul Schockemöhle, der Olympiasieger im Einzel von 1976, und feierte mit den Siegern. Für Beerbaum, der den olympischen Mannschafts-Wettbewerb mit Goldfever mit einer souveränen Null-Fehler-Runde beendete, war es bereits das fünfte Gold. Der deutsche Fahnenträger kann nun mit einem Einzel-Erfolg am Freitag Hans-Günter Winkler den Titel als erfolgreichster Reiter aller Zeiten abjagen. Noch vor vier Jahren hatte Ludger Beerbaum im Team-Wettbewerb das Streichresultat geliefert. "Ich hatte von Sydney noch einiges gutzumachen. Da haben mich meine Teamkollegen quasi durchgezogen. Ich glaube, das ist mir ganz gut gelungen. Der Stachel saß noch immer sehr tief. Jetzt genieße ich den Erfolg", sagte der Riesenbecker erleichtert.
Daneben gehörten Christian Ahlmann (Marl) mit Cöster und Marco Kutscher (Riesenbeck) mit Montender der siegreichen Equipe an, die mit insgesamt acht Fehlerpunkten Gold holte. Um Silber gab es zwischen den mit 20 Punkten gleichauf liegenden Teams aus den USA und Schweden ein Stechen.
Nachdem Ahlmann als erster deutscher Starter im zweiten Umlauf mit Cöster acht Fehlerpunkte kassiert hatte, drohte das Unternehmen Gold noch einmal in Gefahr zu geraten. "Das ist sehr schade", klagte der zerknirschte Doppel-Europameister nach seinen beiden Abwürfen. Die anderen Reiter standen dadurch "leider noch mehr unter Druck". In der ersten Runde war Ahlmann bereits mit einem Abwurf gestartet. "Das geht auf seine Kappe", kommentierte Beerbaum.
Doch dann lieferte Kutscher seine zweite Null-Runde des Tages und brachte die Deutschen, die bereits nach dem ersten Durchgang in Führung gelegen hatten, endgültig aus Gold-Kurs. Überhaupt war Kutscher mehr als nur Ersatzreiter. "Der Druck ist schon groß", berichtete der 29-Jährige. "Wenn man für Deutschland reitet, ist er immer groß, denn wir zählen immer zu den Favoriten." Für Kutscher galt das ganz besonders, denn er rückte erst eine Woche vor Beginn der Spiele in die Mannschaft. Das Pech des Weltranglisten-Ersten Marcus Ehning (Borken), dessen Hengst For Pleasure sich verletzte, war sein Glück. "Ich glaube, ich habe heute bewiesen, dass ich zu Recht dabei bin." Unterdessen sagte Ludger Beerbaum voller Vorfreude auf die Feier nach dem Triumph: "Wir werden sicherlich mehr als ein Fass Bier aufmachen und sicherlich mehr als eine Nacht feiern, wenn wir wieder zu Hause sind." Sie haben es sich verdient.
Der Jubel der einen und die Enttäuschung der anderen. Einen schweren Schock erlebten die Franzosen. Das Weltmeister-Team, mit großen Hoffnungen gestartet, musste den Start für die zweite Runde absagen. Zunächst fiel Weltcup-Sieger Bruno Broucqsault nach einer schweren Sehnen-Verletzung seines Pferdes Dileme de Cephe aus. Kurz danach zog Eric Navet seinen Dollar du Murier zurück. Statt der Franzosen durften am Dienstagabend die von Paul Schockemöhle trainierten Südkoreaner starten.