Olympia-TV-Kritik
Eigentlich müssten die Daumen der deutschen TV-Reporter schon grün und blau sein vom vielen Quetschen. "Wir drücken Ihnen die Daumen", lautet der stereotype Standardsatz vor nahezu jedem Wettkampf. Gern genommen wird auch die Frageformel "Wie geht es Ihnen?" - unabhängig davon, ob Hannah Stockbauer fast ertrunken wäre oder sich die deutschen Fußball-Frauen gerade nach einer kläglichen Leistung vom Olympia-Gold-Traum haben verabschieden müssen. Und dann wäre da noch die allseits beliebte Floskel "von hinten heraus" - an einem Tag in ARD und ZDF geschlagene 38-mal zu hören.
Gegen derartige Wort-Ungetümer ist ZDF-Moderator Michael Steinbrecher gefeit. Er formuliert, wie lange der Dienst auch immer dauern mag, nahezu unfallfrei, führt journalistisch geprägte Interviews und ist einer der wenigen, die stets auf den Punkt kommen. Andererseits wirkt er mit seinem Dauergrinsen wie ein unehelicher Sohn von Dieter Kürten, der sich früher auch täglich um eine Hauptrolle in der Operette "Das Land des Lächelns" beworben hat.
Dennoch: Michael Steinbrecher macht einen professionellen Job, was ebenfalls für seine Leichtathletik-Kollegen Wolf-Dieter Poschmann, Peter Leissl und Interviewer Norbert König (übrigens auch ein ausgezeichneter Fecht-Kommentator) gilt. Die ARD-Crew mit dem unverwechselbaren Gerd Rubenbauer, dem sich stetig steigernden Ralf Scholt und dem charmanten Aschenbahn-Plauderer Gerhard Delling gefällt uns aber noch einen Tick besser.
Fazit : Von hinten heraus kommen ARD und ZDF bei den Olympischen Spielen in Athen mittlerweile gehörig in Fahrt.