Ahrensburg. Woher soll die Stadt das Geld für den Neubau des maroden Schulzentrums Am Heimgarten nehmen? Politiker sehen „unlösbare Aufgabe“.
Der geplante Neubau des Schulzentrums Am Heimgarten hat während der gemeinsamen Sondersitzung des Bildungs-, Kultur- und Sportausschusses (BKSA) sowie des Finanzausschusses in Ahrensburg für eine hitzige Diskussion gesorgt. Eigentlich waren die Politiker zusammengekommen, um den Vorentwurf für das Großprojekt zu billigen und damit den Weg für die weiteren Planungen bis zur Baureife freizumachen.
Doch nach knapp zweistündigen Beratungen wurde die Beschlussfassung auf die kommende Sitzung des BKSA Anfang November vertagt. Insbesondere die Finanzierung bereitet den Politikern Kopfzerbrechen. Es bestehe die reale Gefahr, dass sich Ahrensburg mit dem Mega-Projekt übernehme, warnten Vertreter mehrerer Fraktionen.
Schulzentrum Am Heimgarten in Ahrensburg: Übernimmt sich die Stadt?
Ahrensburgs Stadtverordnete hatten im Juni 2022 den Grundsatzbeschluss gefasst, das Schulzentrum Am Heimgarten fast vollständig neu zu bauen. Die Bildungseinrichtung beherbergt die Gemeinschaftsschule Am Heimgarten und das Eric-Kandel-Gymnasium (EKG) mit zusammen rund 1300 Schülern.
Die Gebäude des 1973 eröffneten Schulzentrums sind marode und zu klein. Ein Teil der Klassen ist deshalb bereits in Containern auf dem Pausenhof untergebracht. Mit der Rückkehr zu G9 und damit dem Hinzukommen eines zusätzlichen Jahrgangs am Gymnasium wird sich die Situation weiter verschärfen. Die Schülerzahl wird laut Prognose aus dem Schulentwicklungsplan in den kommenden Jahren auf 1500 ansteigen.
Schulzentrum Am Heimgarten in Ahrensburg: Ein Neubau ist die kostengünstigste und effizienteste Lösung
Es wurden verschiedene Varianten diskutiert, darunter auch eine Sanierung oder Teilsanierung der Bestandsgebäude. Letztlich entschieden sich die Politiker für einen fast vollständigen Neubau als kostengünstigste, effizienteste und unter logistischen Gesichtspunkten beste Lösung.
Auf dem derzeitigen Sportplatz soll zwischen 2026 und 2029 eine Campus-Schule mit vier Gebäuden entstehen, die in eine Spiel- und Grünlandschaft eingebettet sind und durch Brücken miteinander verbunden werden. So lange läuft der Schulbetrieb im Altbau weiter. Anschließend soll dieser abgebrochen werden. Erhalten bleiben lediglich die Sporthalle und der 2005 eingeweihte 700er-Trakt, in den die Oberstufe des Gymnasiums ziehen soll. Beide Gebäude sollen im zweiten Bauabschnitt von 2029 bis 2031 saniert werden.
Mitte 2022 gingen die Planer noch von Kosten in Höhe von 80 Millionen Euro aus
Die Kosten liegen der neuesten Schätzung zufolge bei 111,9 Millionen Euro. Würde der von der Verwaltung zuletzt empfohlene Anbau an die Sporthalle mit einer weiteren Einfeldhalle und einer Mensa mit 172 Plätzen in die Planungen aufgenommen, wären es 114,8 Millionen Euro.
Das ist deutlich mehr als zu Beginn geschätzt. Mitte 2022 waren die Planer noch von etwa 80 Millionen Euro Gesamtkosten ausgegangen. Die Mehrkosten gehen laut Verwaltung unter anderem auf höhere Anforderungen an den Brandschutz und das Dachtragewerk eines der geplanten Gebäude sowie höhere geschätzte Kosten für den Abbruch und die Sanierung der Bestandsgebäude zurück. Auch die Gesamtpreisentwicklung in der Baubranche treibe die Kosten in die Höhe.
Ahrensburg muss sich für das Projekt über Jahrzehnte massiv verschulden
Klar ist: Ahrensburg wird sich massiv verschulden müssen. Das neue Schulzentrum soll vollständig fremdfinanziert werden. Noch in diesem Jahr sollen die ersten Kredite mit einer Laufzeit von 40 Jahren aufgenommen werden. Die letzte Kreditaufnahme ist für 2030 geplant. Jährlich werden ab 2026 Zinszahlungen in siebenstelliger Höhe fällig. Mit Fördergeld kann Ahrensburg kaum rechnen. Nach Rathausangaben hat die Stadt derzeit einen Zuschuss in einer Gesamthöhe von nur etwas mehr als 3,5 Millionen Euro in Aussicht.
Derzeit hat Ahrensburg bereits Verbindlichkeiten in Höhe von knapp über 13 Millionen Euro. Und es gibt an weiteren Stellen massiven Investitionsbedarf. Die Schlossstadt muss zwei neue Feuerwachen im Süden und Westen der Stadt bauen und das Haupthaus am Weinberg sanieren.
Schulzentrum Am Heimgarten in Ahrensburg: WAB-Politiker warnt vor finanzieller Handlungsunfähigkeit
An allen vier Grundschulen sind aufgrund des zusätzlichen Raumbedarfs infolge der Einführung der Offenen Ganztagsschule (OGS) Neu- und Erweiterungsbauten geplant oder befinden sich bereits in der Umsetzung. Die Stormarnschule muss ebenfalls saniert werden und benötigt mehr Platz. Andere bereits beschlossene Projekte wie den Anbau für das Rathaus, in dem es ebenfalls an Räumen fehlt, und den Neubau des maroden Schwimmbads Badlantic haben die Politiker bereits auf Eis gelegt.
„Wenn wir so weitermachen, ist die Stadt in einem Jahrzehnt finanziell handlungsunfähig“, warnte Detlef Steuer von der Wählergemeinschaft WAB. Ahrensburg stecke in einem Dilemma. „Wir müssen etwas machen, können es uns aber eigentlich nicht leisten.“
Vorsitzender des Finanzausschusses: Nicht zu bauen ist keine Option
Wolfgang Schäfer (FDP), Vorsitzender des Finanzausschusses, sprach von einer „sehr schwierigen Aufgabenstellung“. Nicht zu bauen könne jedoch keine Option sein. „Wir müssen den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, Bildungschancen wahrzunehmen. Wir müssen uns fragen: Wollen wir der nächsten Generation lieber marode Schulen hinterlassen, aber dafür keine Schulden?“, so Schäfer.
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„Dieses Projekt wird Konsequenzen in anderen Bereichen haben“, sagte Burkhart Bertram (CDU). „Wir müssen noch einmal in uns gehen und uns fragen: Gibt es noch Optimierungsmöglichkeiten? Was ist ein Muss und was ist nice to have?“
Schulzentrum Am Heimgarten in Ahrensburg: Architekt sieht keine weiteren Einsparungsmöglichkeiten
Der Vorsitzende des BKSA, Christian Schubbert, sieht jedoch wenig Einsparpotenzial. „Das Architektenteam hat jeden Projektabschnitt sehr intensiv mit uns besprochen. Wenn wir jetzt einzelne Bereiche wieder aufmachen, würde das bedeuten, dass wir deutlich später bauen und damit auch, dass die Gesamtkosten weiter steigen werden“, warnte der Grünen-Politiker.
Architekt Nils Dethlefs vom Büro PPP aus Lübeck, das den Neubau entworfen hat, äußerte sich ebenfalls skeptisch. Es werde bereits in hohem Maß mit standardisierten Bauteilen gearbeitet, jeder Raum effizient genutzt. „Wenn Sie jetzt noch weiter sparen möchten, müssen Sie kleiner bauen“, sagte er. „Aber dann bekommen Sie nicht mehr alle Kinder untergebracht.“
Schulleiter warnen eindringlich vor einem Stopp für das Neubau-Projekt
Peter Egan (WAB) blickt vor allem besorgt auf die künftig jährlich zu leistenden Zinszahlungen: „Mir fehlt die Fantasie, woher wir das Geld nehmen sollen, um diese dauerhafte Mehrbelastung abzufangen.“ Es laufe darauf hinaus, dass die Stadtkasse zur Leistung der Zinszahlungen regelmäßig weitere Kredite aufnehmen müsse. „Das ist nicht seriös.“
Die Schulleiter der Gemeinschaftsschule und des EKG, Thomas Gehrke und Benjamin Wöhl, warnten eindringlich davor, den Neubau zu stoppen. „Ich bin seit 2009 an dieser Schule, und seitdem wird ständig an allen Ecken und Enden geflickt“, sagte Gehrke und verwies auf regelmäßige Heizungsausfälle und Wasserschäden aufgrund eines undichten Dachs. Die Räume seien marode und beengt. „Das macht auch etwas mit den Schülern.“
Schule soll für Kinder und Jugendliche nicht nur Lern- sondern auch Lebensort sein
„Kinder verbringen viel Zeit in der Schule. Sie muss deshalb nicht nur ein Lern-, sondern auch ein Lebensort sein“, sagte Wöhl und appellierte: „Zögern Sie den Neubau nicht hinaus. Er ist alternativlos.“
Offen infrage stellen wollte den Neubau dann auch keiner der Politiker. „Wir sind uns alle einig, dass an diesem Standort etwas geschehen muss“, sagte Béla Randschau (SPD). „Wir müssen aber sicherstellen, dass wir dieses Projekt auch wuppen können.“ Ähnlich äußerte sich Detlef Steuer. „Wir stehen vor einer unlösbaren Aufgabe, aber müssen sie lösen, bevor wir Beschlüsse fassen“, so der WAB-Politiker.
Auf kommender Sitzung muss ein Beschluss her, um den Zeitplan zu halten
Und so wurde die Abstimmung über den Vorentwurf schließlich vertagt – ohne, dass ein Ausweg aus dem Dilemma absehbar scheint. Der BKSA-Vorsitzende Schubbert mahnte: „In der kommenden Sitzung brauchen wir einen Beschluss, damit die Vorlage im November in die Stadtverordnetenversammlung geht.“ Nur dann könne der weitere Zeitplan für den Neubau eingehalten werden.