Ahrensburg. Geplante Erweiterung ist wegen Kostenexplosion absehbar nicht realisierbar. Stehen 65 Mitarbeiter bald ohne Büros da?
Der geplante Erweiterungsbau für das Ahrensburger Rathaus steht vor dem Aus. Das erfuhr unsere Redaktion aus Verwaltungskreisen. Eine zeitnahe Umsetzung des Millionenprojektes sei aufgrund des Investitionsstaus in zahlreichen anderen Bereichen auf absehbare Zeit nicht möglich, heißt es. Zuletzt war der Baustart nach Verschiebungen für Frühjahr 2025 und die Fertigstellung für Ende 2026 avisiert worden.
Der dreigeschossige Anbau soll einem Entwurf des Dortmunder Büros Gerber Architekten aus dem Jahr 2021 zufolge südlich an den Seitenflügel des 1970 eingeweihten Verwaltungssitzes anschließen. In den vergangenen 50 Jahren ist nicht nur die Einwohnerzahl Ahrensburgs von rund 25.000 auf mehr als 34.000 gewachsen, sondern mit ihr auch die Zahl der Beschäftigten im Rathaus. Zuletzt waren rund 225 Männer und Frauen für die Stadtverwaltung tätig.
Rathaus Ahrensburg: Anbau wegen Kostenexplosion gestoppt
Das denkmalgeschützte Rathaus an der Manfred-Samusch-Straße bietet schon lange nicht mehr ausreichend Platz, weshalb mehrere Fachabteilungen mit insgesamt 65 Mitarbeitern seit Anfang 2019 ins Gewerbegebiet Nord ausgelagert sind. Dort hat die Stadt Büroräume an der Straße An der Strusbek angemietet, in denen unter anderem das Bauamt untergebracht ist.
Von Beginn an hatte der damalige Bürgermeister Michael Sarach allerdings deutlich gemacht, dass es sich dabei nur um eine Übergangslösung handeln könne. Dabei geht es einerseits um wirtschaftliche Erwägungen: Ahrensburg zahlt im Jahr rund 350.000 Euro an Miete für das 1900 Quadratmeter große Rathaus Nord. Andererseits sei eine dauerhafte Aufteilung auf zwei Standorte eine Belastung für die Arbeitsabläufe und das Arbeitsklima in der Verwaltung.
Anbau ans Rathaus Ahrensburg: Das neue Gebäude soll 66 Verwaltungsmitarbeitern Platz bieten
Der Erweiterungsbau, der auf der Fläche zwischen dem Rathaus und dem Peter-Rantzau-Haus geplant ist, soll insgesamt 66 Mitarbeitern Platz bieten. Im Erdgeschoss sind 18 Arbeitsplätze, Besprechungsräume und Meetingzonen vorgesehen. Der Zugang für Bürger soll durch einen Eingangsbereich vom Rathausvorplatz aus erfolgen.
Im ersten und zweiten Obergeschoss sollen je 24 Verwaltungsmitarbeiter in Einzel- oder Doppelbüros Platz finden. Außerdem gibt es je Geschoss eine Loggia, eine Teeküche und kleine Kabinen für Besprechungen. Von der ersten Etage aus soll es überdies eine Verbindungsbrücke zum Bestandsgebäude geben.
Anbau ans Rathaus Ahrensburg: Rahmenbedingungen haben sich laut Bürgermeister Eckart Boege verändert
Auch Sarachs Nachfolger Eckart Boege verweist immer wieder auf die erheblichen Nachteile der inzwischen bereits mehr als fünf Jahre währenden Interimslösung. Der Bürgermeister bestätigt die Informationen, wonach eine Umsetzung des Erweiterungsbaus in absehbarer Zeit ungewiss ist. „Die Rahmenbedingungen haben sich deutlich verändert“, so der Verwaltungschef.
Zum einen hätten sich in anderen Bereichen der Stadt erhebliche Investitionsbedarfe ergeben. Boege nennt als Beispiele die Schulen und die Feuerwehr. „Wir planen den Neubau des Schulzentrums Am Heimgarten mit einem Volumen von mehr als 100 Millionen Euro bis Ende des Jahrzehnts.“
Ahrensburg investiert mehr als 100 Millionen Euro in die Schulen
Hinzu kämen geplante und teilweise schon laufende Anbauten und Sanierungsarbeiten an den Grundschulen Am Aalfang und Am Hagen und an der Stormarnschule sowie der ebenfalls notwendige Neubau von mindestens zwei Feuerwachen im Süden und Westen der Stadt sowie die Modernisierung und Vergrößerung des Gerätehauses am Weinberg.
„Ein weiteres großes Bauvorhaben können wir zeitgleich nicht stemmen“, sagt Boege. Aus demselben Grund hatten Ahrensburgs Politiker im Januar bereits den ebenfalls seit Jahren geplanten Abriss und Neubau des sanierungsbedürftigen Hallenbades Badlantic um mindestens zehn Jahre verschoben.
Rathaus Ahrensburg: Geschätzte Baukosten waren bereits im November um fast 50 Prozent gestiegen
„Zum anderen sind die Baukosten in jüngerer Vergangenheit regelrecht explodiert“, so Boege. Ursprünglich hatte die Verwaltung mit 6,6 Millionen Euro kalkuliert. Doch bereits Anfang November ergab eine neue Kostenschätzung ein Gesamtvolumen von mindestens 11,1 Millionen Euro.
Das sorgte schon damals für Unverständnis und Ärger bei Ahrensburger Politikern. „Wir sehen das gesamte Projekt bei den immens steigenden Kosten noch kritischer als ohnehin schon“, sagte Bernd Buchholz (FDP). „Die Arbeitswelt hat sich im vergangenen Jahrzehnt stark verändert.“ Man müsse sich fragen, ob in Zukunft überhaupt so viele Büroräume nötig seien. Es gebe auch viele Verwaltungsmitarbeiter, die an drei von fünf Wochentagen im Homeoffice seien.
Rathaus Ahrensburg: Geplante Tiefgarage unter dem Anbau sorgte für Streit mit der Politik
Peter Egan, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft WAB, erinnerte an den Beschluss für den aktuellen Entwurf. „Damals wurde geschworen, dass die 6,6 Millionen Euro reichen würden und darin sogar schon ein Puffer enthalten sei.“ Für Streit sorgte auch die geplante Tiefgarage unter dem Anbau mit 50 Stellplätzen für die Rathausmitarbeiter.
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Diese ist laut Verwaltung notwendig, um den vorgeschriebenen Stellplatzschlüssel einzuhalten, bedeutet aber Mehrkosten in Hohe von rund 700.000 Euro Ursprünglich sollten die Mitarbeiterparkplätze in einer öffentlichen Garage unter dem benachbarten Stormarnplatz ausgewiesen werden. Die Planungen für das Vorhaben hatten die Stadtverordneten aber im September 2021 gestoppt.
Bürgermeister will aktuelle Kostenschätzung und Planungsstand im September vorlegen
Die Politik wollte auf eine Garage unter dem Anbau verzichten. Die Stadtverordneten beauftragten die Verwaltung mehrfach, Alternativen zu prüfen. Im November gab die Stadtverordnetenversammlung schließlich mit einer knappen Mehrheit von 21 zu 16 Stimmen grünes Licht, und die Planungen konnten nach monatelangen Verzögerungen weitergehen.
Inzwischen sind die geschätzten Kosten für den Anbau laut Boege weiter gestiegen. Eine konkrete Zahl will der Bürgermeister nicht nennen. „Wir präsentieren eine aktuelle Kalkulation gemeinsam mit dem Planungsstand im September der Politik“, sagt er. Dem wolle er nicht vorweggreifen.
Boege möchte eine Erweiterung des Rathauses nicht ganz aufgeben
Dann möchte Boege den Kommunalpolitikern auch einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen unterbreiten. Denn ganz aufgeben möchte der Verwaltungschef die Erweiterungspläne für das Rathaus nicht. „Ich verfolge dieses Ziel perspektivisch weiter und halte es nach wie vor für richtig“, sagt der Bürgermeister. Für das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Arbeitsfähigkeit innerhalb der Verwaltung sei es von großer Bedeutung, dass alle Mitarbeiter wieder an einem Standort säßen. Deshalb bleibe der Anbau „die ideale Lösung“. Eine neue zeitliche Perspektive nennt Boege nicht.
Wo die ausgelagerten Verwaltungsmitarbeiter unterkommen, bis der Erweiterungsbau steht, falls er überhaupt noch umgesetzt wird, ist unklar. „Wir haben immer darauf gesetzt, dass der Anbau kommt“, sagt der Bürgermeister. „Eine B-Lösung haben wir derzeit nicht in der Schublade.“
Rathaus Ahrensburg: Wo die ausgelagerten Mitarbeiter unterkommen, ist noch unklar
Denkbar wären in der Theorie eine Verlängerung des Mietvertrages für das Rathaus Nord, der zum 31. Dezember 2027 ausläuft, oder ein Kauf des Gebäudes durch die Stadt. „Beide Optionen wären mit erheblichen Kosten verbunden“, sagt Boege. „Auf der Grundlage dieser neuen Situation werden wir uns nun Gedanken machen.“