Ahrensburg. Verein Heimat will an Rudolf-Kinau-Straße in Ahrensburg 36 Wohnungen bauen. Vorsitzender Axel Bärendorf warnt eindringlich.
Der Verein Heimat hat im Streit um den Bau von 36 Sozialwohnungen an der Rudolf-Kinau-Straße in Ahrensburg sein Vorgehen gegen Kritik verteidigt. „Wer gewollt hätte, dass in einem bestimmten Quartier nur Nutzungen in einem bestimmten Maß zulässig sind, hätte sich rechtzeitig um einen Bebauungsplan kümmern müssen“, sagt der Vereinsvorsitzende Axel Bärendorf.
„An der Rudolf-Kinau-Straße konnten wir feststellen, dass diverse Gebäude in etwa die Höhe erreichen, die wir mit unserem Vorhaben anstreben“, sagt er. Die Ausnutzung der bebauten Grundflächen liege ebenso auf dem Level, das der Verein als Bauherr jetzt anpeile. Die rechtlichen Voraussetzungen für das Bauvorhaben seien damit erfüllt, weshalb die Baugenehmigung „ohne Wenn und Aber“ zu erteilen gewesen sei.
Ahrensburg: Verein kaufte das Grundstück und richtete Flüchtlingsunterkunft ein
Der ehrenamtlich organisierte Verein Heimat hat das Grundstück neben der St. Johanneskirche Ende 2015 von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Ahrensburg erworben. Seitdem vermietet er das Gebäude, das früher das Pastorat, das Gemeindehaus und einen Kindergarten beherbergte, als Flüchtlingsunterkunft an die Stadt.
Perspektivisch soll auf dem 3000 Quadratmeter großen Grundstück geförderter Wohnraum entstehen. Das Konzept, das vom Ahrensburger Architekturbüro Westphal + Berwing stammt, sieht vier Baukörper mit je zwei Vollgeschossen und einem ausgebauten Dachgeschoss vor. Pro Haus sind neun Wohneinheiten vorgesehen. Die Größenspanne liegt zwischen 39 und 55 Quadratmetern. Die Mieten sollen zwischen 6,50 und 6,80 Euro pro Quadratmeter liegen.
Verein Heimat investiert rund 6,5 Millionen Euro in das Projekt
Zielgruppe sind vor allem Senioren, die sich auf dem freien Markt keine Wohnung leisten können. Der gemeinnützige Verein, dem bereits 112 Wohnungen an den Straßen Am Neuen Teich und Fannyhöh gehören, investiert nach eigenen Angaben rund 6,5 Millionen Euro. 85 Prozent werden über Zuschüsse und Darlehen finanziert. Der Baubeginn ist für 2026 geplant.
Seit Bekanntwerden der Pläne stößt das Vorhaben in der Nachbarschaft auf Widerstand. Der Anwohnerinitiative geht es nach eigenen Angaben ausdrücklich nicht darum, dass Sozialwohnungen entstehen sollen. Vielmehr seien die Gebäude überdimensioniert und fügten sich nicht in das übrige Quartier ein.
Sonderregelung greift, wenn es keinen gültigen Bebauungsplan gibt
Besonders stören sich die Nachbarn daran, dass der Verein Heimat eine Baugenehmigung nach Paragraf 34 Baugesetzbuch erhalten hat. Die dort festgeschriebene Sonderregelung greift, wenn es für ein Areal keinen gültigen Bebauungsplan gibt – das ist an der Rudolf-Kinau-Straße der Fall. Es gibt dann keine Bau- und Gestaltungsvorschriften im engeren Sinne. Stattdessen gilt, dass ein Vorhaben zulässig ist, wenn es sich „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt“.
Der Verein möchte dadurch ein aufwendiges, teures und langwieriges B-Plan-Verfahren vermeiden, das man als gemeinnütziger Vorhabenträger nicht stemmen könne. Die Nachbarn sehen sich hingegen ihrer Beteiligungsmöglichkeit an der Überplanung des Quartiers beraubt.
Aus politischen Fraktionen gibt es Verständnis für die Position der Nachbarn
Zuletzt erreichte der Streit auch die Ahrensburger Politik. Aus mehreren Fraktionen gab es Verständnis für die Kritik der Anwohner. Grünen-Fraktionschefin Nadine Levenhagen warf der Verwaltung vor, die Politiker getäuscht zu haben, indem sie nicht ausreichend über die Möglichkeiten informiert habe, mit der frühzeitigen Aufstellung eines Bebauungsplans steuernd einzugreifen. Andrea Becker, Chefin der Bauaufsicht im Rathaus, betonte, dass die Verwaltung aus rechtlicher Perspektive keine andere Möglichkeit gehabt habe, als das Vorhaben zu genehmigen.
Levenhagen hatte im Bau- und Planungsausschuss beantragt, nachträglich noch einen B-Plan aufzustellen. Doch sie musste den Vorstoß zurückziehen, nachdem Bürgermeister Eckart Boege erklärt hatte, dass ein neuer Bebauungsplan für das Vorhaben aufgrund eines gültigen positiven Bauvorentscheids nicht mehr greifen würde.
Vereinsvorsitzender verteidigt Verwaltung gegen die Kritik
Bärendorf, der als ehemaliger Bürgermeister von Ammersbek und Reinbek mit der Rechtssituation vertraut ist, kritisiert das Vorgehen der Politik und nimmt die Verwaltung in Schutz. „Wir sind erfreut, dass sich die Stadtverwaltung bei ihrer Entscheidung allein von rechtlichen Vorschriften hat leiten lassen“, sagt er.
Die jetzt öffentlich ausgetragenen Diskussionen sieht Bärendorf unter dem Motto „Haltet den Dieb“. Hier werde das Rathaus für etwas verantwortlich gemacht, was der Politik anzulasten sei. Komme ein Antragsteller und begehre nach Paragraf 34 eine Baugenehmigung in einem Bereich ohne B-Plan, entscheide allein der Bürgermeister nach den gesetzlichen Bestimmungen als Baugenehmigungsbehörde. Andernfalls müsse die Politik über die Bauleitplanung tätig werden.
Bärendorf warnt Ahrensburger Politiker vor einem Wortbruch
Für Bärendorf stellt sich die Frage, inwieweit Projekte wie jenes an der Rudolf-Kinau-Straße zukünftig überhaupt noch durch ehrenamtliches Engagement zu stemmen sind. „Die Verhaltensweise eines Teils der Ahrensburger Politik spricht aus meiner Sicht dagegen“, sagt er. „Es kann nicht angehen, dass die Stadt den Verein 2015 zum Grundstückserwerb motiviert, um dann später hinsichtlich der notwendigen Nachnutzung einen Rückzieher zu machen.“
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Der Verein war seinerzeit auch auf Betreieben der Stadt eingesprungen, nachdem diese zunächst selbst erwogen hatte, das Grundstück zu kaufen. „Bereits damals war bekannt, dass der Verein nach Auslaufen der Mietvereinbarung für die ehemaligen Kirchenräume zur Nutzung für Flüchtlinge auf diesem Gelände gemäß seinem Vereinszweck Rentnerwohnungen bauen möchte“, sagt Bärendorf.
Aus Sicht des ehemaligen Verwaltungschefs hätte ein B-Plan für die Anwohner zudem eher Nach- als Vorteile. „Ich sehe, dass den Nachbarn über Einschränkungen mit einem Bebauungsplan mehr Probleme als Nutzen bereitet worden wären“, sagt Axel Bärendorf. Wie es nun weitergeht, ist unklar. Theoretisch könnten die Nachbarn gegen das Vorhaben vor das Verwaltungsgericht in Schleswig ziehen. Ob eine Klage dort Erfolg hätte, ist aber ungewiss.