Glinde. Martin Löchel und Roland Crocoll leben wie Legionäre. Die aus der TV-Serie „TerraX“ bekannten Männer teilen ihr Wissen mit Schülern.
Eine richtige Salve an Fragen haben die Sechs- bis Achtklässler jetzt auf Roland Crocoll und Martin Löchel abgefeuert: Die beiden waren auf Initiative von Lateinlehrerin Gabriele Wetzel am Gymnasium Glinde zu Gast, erzählten, aus der alten Römerzeit. Dabei konnten der pensionierte Lateinlehrer und der Jurist einer Bank durchaus von eigenen Erfahrungen berichten. Denn in ihrer Freizeit leben Crocoll und Löchel gern so wie die Römer um das Jahr 0 bis 69 nach Christus. So konnten sie den Schülerinnen und Schülern Geschichte zum Anfassen bieten, hatten allerlei Alltagsgerät, aber auch Soldatenausstattung, Nachbildungen aus der Römerzeit, dabei.
Wenn sie ihrem Hobby nachgehen, tauchen sie mit ihrer „Legion XXI Rapax“ total in den Alltag der Alten Römer ein – ob Schlafen auf dem nackten Boden – auch mal vier Nächte hintereinander –, mal 24 Stunden lang Wache halten, die Wickelmethode des „Subligaculums“, der Unterhose der Römer, oder auch die Tücken der Getreidemühle: Die beiden Freizeitlegionäre kennen sich aus. Das „Reenactment“, das Nachstellen des Lebens eines römischen Legionärs, des Fußsoldaten, das sei ihre Leidenschaft. Die Quellen ihres Wissens stammten meist aus Bodenfunden, denn Textquellen sind nur als Inschriften überliefert.
Asterix: Was ist falsch mit ihm? Zwei „echte Römer“ verraten es
Das Fachwissen ihrer Initiative ist international gefragt und begehrt. „Ich habe zehn Jahre gewartet, bis es endlich geklappt hat und sie zu uns nach Glinde gekommen sind“, sagt Gabriele Wetzel. Die Hobby-Legionäre waren schon zu Gast in der Doku-Reihe „Terra X“, im schwedischen Bildungsfernsehen und bei N3. „Bei Terra X ging es um eine Supergrabung“, erinnert sich Martin Löchel. „Die wollten wissen, was die Römer am Limes eigentlich im Winter gemacht haben. Da saßen wir nachher bei minus 10 Grad Celsius im Eis. Das war furchtbar.“ Aber auch bei der „Langen Nacht“ und anderen Museumsevents oder in Sachen Lateinförderung sind sie unterwegs.
Die Getreidemühle nutzen sie nicht aktiv, nur zum Vorzeigen: „Das ist zu gefährlich für die Zähne“, räumt Löchel ein. Denn im Mehl würden sich immer wieder kleine Steine finden. Ansonsten scheuen die Freizeit-Römer keine Mühen, um das Leben der alten römischen Soldaten nachzuempfinden. „Die römischen Centurionen waren eher dicke Männer“, erzählt Roland Crocoll, gekleidet in der passenden Paraderüstung, und haut sich auf den Bauch. „Wie bei Asterix. Deshalb sind die dort gezeigten Muskelpanzer falsch dargestellt. Sie trugen einen flexibleren Schuppenpanzer.“
Darum waren die Offiziere der Alten Römer eher dick
Die Centurionen waren die römischen Offiziere, die Führer der Hundertschaften. Wie Crocoll im Plauderton berichtet, befehligten sie etwa 80 Männer. Er verrät, was das Soldatenleben damals so attraktiv machte: „Es geht immer um das Geld“, sagt er. „Mit Schlachten und Todesgefahr hat das nicht unbedingt zu tun. Es gab Legionen, die lagen 20 Jahre am selben Ort, und da passierte nichts.“ Aber die römischen Soldaten hätten keine Sorgen gehabt. „Stellt euch vor, ihr bekommt immer etwas zu essen, müsst keine Miete zahlen und bekommt eine kostenlose ärztliche Versorgung“, erläutert er die Vorzüge des oft nicht unbequemen Lebens. „Außerdem brauchte man keine Kinder zu ernähren, weil ein Soldat offiziell nicht heiraten durfte.“
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Das beschäftigt die Schüler, die meisten von ihnen Jungen, nun doch. „Aber jetzt dürfen Sie doch heiraten?“, fragt einer besorgt nach. „Ja, klar“, versichert ihm Martin Löchel. „Das diente damals dazu, dass sich die Soldaten mehr auf sich und ihre Kameraden konzentrieren sollten. Aber natürlich hatten die Legionäre damals trotzdem Beziehungen und oft auch Kinder.“ Ein Landarbeiter habe damals einen Denar am Tag verdient, ein Soldat 225 Denare im Jahr. „Er musste davon aber auch noch alles Mögliche finanzieren“, erklärte Crocoll: „Beispielsweise Miete, Kleidung, Ärzte, Schulgeld, Essen, womöglich auch für die Familie und die Sklaven.“
Sklavenhaltung ist bei den Alten Römern Alltag
Überhaupt, die Sklaven: „Die Sklaven mit Köpfchen waren teurer als einer, der nur Muskeln vorweisen konnte“, sagt Roland Crocoll. „Sklaven wurden für alles gebraucht: als Landarbeiter, als Minenarbeiter, im Haushalt, als Schreiber. Und die römische Sklaverei war nicht rassistisch: Auch römische Bürger konnten zeitweise in Sklaverei geraten, etwa wenn sie ihre Schulden nicht bezahlen konnten. Aber sie konnten auch wieder freikommen.“ In Delos seien tagtäglich Tausende von Sklaven gehandelt worden, darunter Kriegsgefangene, Vertriebene, Verschuldete, aber auch Kinder. Besonders blonde Kinder seien für die Sklavenhalter Statussymbole gewesen. Delos sei quasi ein Supermarkt für Sklaven gewesen. Ein Mädchen wispert: „Das ist ja richtig fies!“ Alle antiken Völker hätten Sklaven gehalten, erklärte der Freizeit-Centurio.
Die Schüler interessieren sich auch für die Waffen der Alten Römer. „Das ist auf jeden Fall interessant, was die beiden erzählen, vor allem über die Ausrüstung und die Waffen“, sagt beispielsweise der 15 Jahre alte Oskar. Die Schüler können auch einmal ein Schwert oder den Schuppenpanzer in die Hand nehmen, ebenso wie alle Alltagsgegenstände. „Ganz schön schwer“, stellt einer fest. „Ja, allein der Schuppenpanzer hat schon 22 Kilogramm gewogen“, erklärt Martin Löchel.
Ein römisches Schwert war zu schwer zum Schwingen
Solch ein Schwert sei auch nicht geschwungen worden, erläuterte er. „Damit wurde zugestochen.“ Gegen Angreifer, die von vorn und von oben zustachen, hätten die Römer in der späteren Zeit zum Schutz Nackenschilde an ihren Helmen angebracht. Legionäre seiner Größe von fast 1,90 Meter habe es damals nicht gegeben. „Die Römer waren klein, das war nicht nur eine Frage der Gene, sondern auch der Ernährung.“