Oststeinbek. Oststeinbek zahlt Bürgern Zuschuss, wenn sie ihre Immobilien auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten. Aber das Geld bleibt liegen.
Dieses Förderprogramm ist ein ganz besonderes: Als erste Kommune in Schleswig-Holstein unterstützt Oststeinbek seine Bürger finanziell bei der Starkregenvorsorge. Seit diesem Jahr können Grundstückseigentümer maximal 6000 Euro abrufen für Umgestaltungen auch an einer Immobilie. Wichtig dabei: Von der Prophylaxe muss die Allgemeinheit einen Nutzen haben. Das Budget für 2024 umfasst 100.000 Euro. Noch ist der Topf prall gefüllt. Zwei Anträge wurden erst bewilligt und damit 2000 Euro ausgezahlt, drei abgelehnt. Demnächst wird die Verwaltung gezielt Personen ansprechen, damit mehr Geld von der Bevölkerung abgerufen wird. Die Politik hat sich nun festgelegt, wird die Aktion 2025 fortsetzen bei identischem Etat.
Bürgermeister Jürgen Hettwer hatte vorgeschlagen, jenen auf 50.000 Euro zu halbieren. „Wir hatten gedacht, damit den Haushalt entlasten zu können. Allerdings auch nur, weil die Zahl der Abschlüsse so gering ist“, sagt der Rathauschef. Wäre die Resonanz zum jetzigen Zeitpunkt weitaus größer gewesen, hätte er diese Idee nicht präsentiert. Gesprochen wurde darüber im jüngsten Umweltausschuss. Das Votum war einstimmig: keine Kürzung. Die Bestätigung der Gemeindevertretung ist nur eine Formalie. Abgestimmt wurde über einen entsprechenden Antrag der Grünen mit der Forderung, an der sechsstelligen Summe festzuhalten. Zudem wird die Verwaltung Grundeigentümern empfehlen, die Versiegelung von Flächen rückgängig zu machen und dabei auf das Förderprogramm hinweisen.
Schutz vor Starkregen: Förderprogramm in Oststeinbek stößt nur auf geringes Interesse
Hettwer sagt, er wisse um bis zu 20 Extremfälle in Sachen Versiegelung, werde mit Fingerspitzengefühl rangehen bei der Kommunikation mit den Betroffenen. Den Grünen sind insbesondere Schottergärten ein Dorn im Auge. Diese sind nach den Bestimmungen der Landesbauordnung in Schleswig-Holstein nicht zulässig. Manch einer ignoriert das und kann damit gut leben. In Oststeinbek drohen nämlich keine Sanktionen. „Wenn die Menschen den Starkregenschutz außer Acht lassen, fällt es ihnen bei fortschreitendem Klimawandel auf die Füße. Sie müssen dann noch mehr zahlen für die Reparatur von Haus und Hof“, sagt Grünen-Gemeidevertreter Jan Schwartz.
In den vergangenen acht Jahren verursachten ergiebige Niederschläge enorme Schäden in Oststeinbek. Zuletzt traf es die 9000-Einwohner-Kommune am 7. August. In nur 45 Minuten fielen 75 Liter pro Quadratmeter auf den Boden. Die Feuerwehr war über die Nacht im Dauereinsatz, der Ortsteil Havighorst ob der Wassermassen vollständig vom Rest der Gemeinde abgeschnitten. Im Gewerbegebiet liefen Lagerhallen voll, Garagen und Keller in diversen Straßen wurden geflutet. Hagelkörner mit dem Umfang eines Tischtennisballs schlugen Löcher in Hausfassaden aus Kunststoff. Bei Unwetterereignissen 2016 und 2018 waren die Zerstörungen ebenfalls heftig.
Starkregen: Boden der Sporthalle auf Schulgelände wird in Kürze ausgetauscht
Daraufhin wurde sogar ein Wohnungsbauprojekt geändert: das Seniorenquartier der Firma Semmelhaack mit 80 Einheiten gegenüber der Feuerwehrwache. Häuser wurden entgegen der ursprünglichen Planung bis zu sechs Meter vom Forellenbach in Richtung der Hauptstraße verschoben. Ein Gebäude ist auf Pfählen erstellt. Einzug war Mitte 2022.
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Reparaturen nach dem Unwetter im August muss auch die Gemeinde bei eigenen Liegenschaften vornehmen lassen. Wie berichtet, ist der Austausch des Bodens in der Walter-Ruckert-Halle nötig – der dritte durch Wassereinbruch bedingte Wechsel. Erst hieß es, die Sportstätte mit ihren drei Feldern bleibt bis Frühjahr oder Mitte kommenden Jahres gesperrt, weil sich keine Firma findet. „Nun hat sich bei einem Unternehmen ein Slot aufgetan. Vielleicht können die Arbeiten 2024 beginnen. Wir warten auf den Kostenvoranschlag sowie die Zusage der Versicherung“, sagt Hettwer. Im Fall der kleinen Halle auf dem Areal der Grundschule hat die Verwaltung ohne Bestätigung für den Ausgleich des Schadens den Auftrag vergeben. Hier wird der Belag ebenfalls erneuert. In den kommenden Tagen geht es los.
Starkregen Oststeinbek: Wählergemeinschaft lädt am 12. November zu Infotreff in den Bürgersaal
Mit Blick auf die Geschehnisse ist es verständlich und vorbildlich, dass Oststeinbek seinen Bürgern Geld schenkt für zum Beispiel den Einbau einer Zisterne im Garten. Die Richtlinie des Förderprogramms hat Alex Krugenberg, Sachgebietsleiter im Bauamt, geschrieben. Sie ist in sechs Kategorien unterteilt: Entsiegelung von Freiflächen, Installation von Anlagen zur Regenwassernutzung und -speicherung, Dach- und Fassadenbegrünung, Pflanzung von hochstämmigen und standortgerechten Bäumen, Umwandlung von Schottergärten in Grünflächen sowie Offenlegung verrohrter Gräben. Für jeden Bereich können Bürger einen Antrag stellen. Pro Aktion gibt es einen Zuschuss von maximal 1000 Euro. Ein Gesuch ist erst nach Umsetzung der Maßnahme im Rathaus einzureichen.
Krugenberg rechnet bald mit weiteren Anträgen. „Nach dem 7. August haben mich etwa zehn Personen kontaktiert und sich Informationen eingeholt.“ Die Oststeinbeker Wählergemeinschaft wird selbst aktiv und ermuntert die Bevölkerung zwecks Nutzung der Subventionen. Sie lädt für Dienstag, 12. November, zu einer Veranstaltung in den Bürgersaal (Möllner Landstraße 22). Beginn ist um 19.30 Uhr. Der OWG-Vorsitzende Stefan Greye spricht dann zum Thema Elementarversicherung, ein Garten- und Landschaftsbaubetrieb referiert über Rigolen und den Rückbau von versiegelten Flächen. Am Start ist zudem CDU-Gemeindevertreter Matthias Rust, ein Dachdecker- und Klempnermeister. Der Unternehmer erzählt Wissenswertes über die Begrünung von Dächern.