Oststeinbek. Oststeinbek gibt Zuschuss zum Schutz vor Unwetter und ist damit Vorreiter in Schleswig-Holstein. Was genau die Kommune fördert.

Er dauerte rund eineinhalb Stunden und richtete enormen Schaden in Oststeinbek an: der Starkregen am 10. Mai 2018. Häuser, Grundstücke und Straßen, die sich in Bäche verwandelten, wurden überflutet. Keller und Tiefgaragen liefen voll, Autos wurden zerstört, Gleise unterspült. Einige Immobilien waren danach unbewohnbar. Besonders betroffen von dem Unwetter war der Ortsteil Havighorst. 137 Liter Regen pro Quadratmeter prasselten seinerzeit auf die rund 9000 Einwohner zählende Gemeinde. Die informierte die Bevölkerung später bei einem speziellen Projekt über Vorsorgemöglichkeiten gegen solch ein Unwetterereignis und legt jetzt nach. Als erste Kommune in Schleswig-Holstein zahlt Oststeinbek seinen Bürgern einen Zuschuss für Aktionen, die dem Schutz vor Niederschlägen in diesem Ausmaß dienen.

Das hatte die Gemeindevertretung Mitte vergangenen Jahres beschlossen und 100.000 Euro für das Förderprogramm bewilligt. Am 1. Januar ist es in Kraft getreten. Die Richtlinie ausgearbeitet hat Alex Krugenberg, Sachgebietsleiter im Bauamt. Der 27-Jährige wurde nicht zufällig mit dieser Aufgabe betraut. Er hat Naturschutz und Landnutzungsplanung studiert, einen Bachelorabschluss gemacht. Krugenberg: „Zu informieren ist zwar gut, aber Aufklärung allein bringt nicht zwingend den gewünschten Effekt. Durch finanzielle Unterstützung werden mehr Anreize geschaffen, tätig zu werden.“

Starkregen: Bürger in Oststeinbek sollen sich jetzt selbst schützen

Der Verwaltungsmitarbeiter sagt das mit Blick auf ein vorgelagertes Projekt mit dem Namen „Aktiv – Klimaangepasste Nachbarschaft“. Die Dauer: von Januar 2021 bis Dezember 2023. Auch hier war er zuständig, arbeitete dabei mit dem Beraterbüro OCF, das Oststeinbeks Klimaschutzkonzept konzipiert hat, zusammen. Ziel war es, Eigentümer zu motivieren, ihre Grundstücke und Gebäude vor Starkregen zu schützen. Es gab Workshops und zum Beispiel eine Themenwoche. „Bei der Auftaktveranstaltung waren 50 Personen da, dann wurden es weniger“, so Krugenberg. Bei „Aktiv“ beteiligte sich der Bund, steuerte 27.000 Euro bei. Das waren 65 Prozent der Kosten. Im Zuge des Projekts wurde eine Broschüre für Bürger erstellt mit Tipps, durch welche Handlungen man Schäden vorbeugen oder zumindest reduzieren kann.

Alex Krugenberg, Sachgebietsleiter im Oststeinbeker Bauamt, hat das Förderprogramm entwickelt und ist Ansprechpartner für die Bevölkerung.
Alex Krugenberg, Sachgebietsleiter im Oststeinbeker Bauamt, hat das Förderprogramm entwickelt und ist Ansprechpartner für die Bevölkerung. © René Soukup | René Soukup

Auch die Gestaltung öffentlicher Flächen für die Rückhaltung und Versickerung von Regenwasser wurde untersucht. Die Analyse eines Tochterunternehmens von Hamburg Wasser ergab, dass die Gemeinde über ein ausreichend leistungsfähiges Kanalnetz verfügt. Schwachstellen wurden identifiziert in unmittelbarer Nähe von Grundstücken mit hohem Versiegelungsgrad. Eine Erkenntnis, die aus „Aktiv“ gezogen wurde: Ein hohes Potenzial zur Starkregenvorsorge gibt es auf privaten Arealen.

Schutz vor Starkregen: Jede Vorkehrung wird mit maximal 1000 Euro bezuschusst

Krugenberg sagt, er habe sich bei der Entwicklung der Förderrichtlinie einiges bei der Stadt Rietberg in Nordrhein-Westfalen abgeguckt. „Denn im Norden gibt es kein kommunales Programm dieser Art, das wurde mir vom Ministerium in Kiel bestätigt.“ Oststeinbek ist demnach Vorreiter in der Region. Der Sachgebietsleiter hat die Möglichkeit, Geld von der Gemeinde zu erhalten, in sechs Kategorien unterteilt: Entsiegelung von Freiflächen, Installation von Anlagen zur Regenwassernutzung und -speicherung, Dach- und Fassadenbegrünung, Pflanzung von hochstämmigen und standortgerechten Bäumen, Umwandlung von Schottergärten in Grünflächen sowie Offenlegung verrohrter Gräben.

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Jede Vorkehrung wird mit maximal 1000 Euro bezuschusst. „Man kann den Antrag auch stellen, wenn die Maßnahme schon umgesetzt ist“, sagt Krugenberg. Er entscheidet, ob ein privates Projekt gefördert wird. Die Bedingungen sind klar definiert und auf der Homepage der Gemeinde nachzulesen. Beispiele: Bei der Entsiegelung, genannt sind in diesem Zusammenhang Garagen, Terrassen, Geräteschuppen, Zufahrten und Stellplätze, müssen mindestens zehn Quadratmeter neu begrünt werden. Bäume müssen später mindestens acht Meter hoch und zum Zeitpunkt der Pflanzung nicht unter 150 Zentimeter sein. Die umzuwandelnde Fläche beim Rückbau von Schottergärten muss mindestens fünf Quadratmeter umfassen samt Bestückung mit Bäumen und Sträuchern.

Starkregen: Zu großflächigen Überschwemmungen kam es auch 2016 und 2021

Bislang ist im Oststeinbeker Rathaus noch kein Antrag von Bürgern eingegangen. Die Verwaltung bewirbt die Finanzspritze für die private Starkregenvorsorge inzwischen auf Facebook und Instagram. „Ich bin zuversichtlich, dass die Sache angenommen wird“, so Krugenberg. Sollte das Budget zeitnah ausgeschöpft sein, wird es in diesem Jahr keinen Nachschlag geben. Und danach? „Das Förderprogramm sollte auf jeden Fall über 2024 hinaus fortgesetzt werden. Schließlich werden wir länger mit den Folgen der Klimaveränderungen zu tun haben“, sagt Grünen-Gemeindevertreter Jan Schwartz. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Patrick Klose macht den Oststeinbekern ebenfalls Hoffnung: „Wenn das Projekt frequentiert ist und es die Haushaltslage zulässt, würde ich eine Fortführung begrüßen.“

Oststeinbek ist in der jüngeren Vergangenheit nicht nur einmal von einem Unwetter mit Starkregen betroffen gewesen. Land unter war im Juli 2016 inklusive taubeneigroßer Hagelkörner und Gewitter. Innerhalb von rund 30 Minuten war die halbe Gemeinde überflutet. Auch die Feuerwehr blieb nicht verschont: Der Keller des Gerätehauses an der Stormarnstraße lief voll. Im Mai 2021 wiederholte sich das Ereignis mit heftigen Niederschlägen. Die ehrenamtlichen Retter wurden gerufen, um vollgelaufene Keller, Gewerbegebäude und Plätze abzupumpen.