Börnsen/Geesthacht. Bäcker Thorsten Dittmer und Schlachter Niclas Schwiecker macht die Vollsperrung zu schaffen. Und Dittmer droht neues Ungemach.

Grünes Licht für eine Durchfahrt durch die Baustelle an der Lauenburger Landstraße in Börnsen haben seit Monaten nur Linienbusse der VHH. Es ist die zweite Vollsperrung der ehemaligen B5 (heute K80) im zweiten Jahr hintereinander. Jeweils rund fünf Monate geht auf der Durchgangsstraße nichts. Darunter leiden vor allem die anliegenden Geschäfte. Bäcker Thorsten Dittmer, bei dem in diesem Jahr drei seiner fünf Filialen von Baustellen betroffen sind, nennt die Situation wegen der Umsatzeinbußen sogar „existenzbedrohlich“.

„In Escheburg war der Götensberg 1,5 Jahre dicht, der Backshop in Düneberg (gegenüber der alten Teppichfabrik, die Red.) hatte erst keinen Durchlauf, als die Steinstraße dicht war. Jetzt kam man beim Umbau der Bushaltestellen nicht mal mit dem Fahrrad zum Laden und bald ist die Düneberger Straße sogar zwei Jahre dicht. Und in Börnsen ist es jetzt das zweite Jahr in Folge“, zählt Dittmer auf.

Baustelle an K80 in Börnsen: Geschäftsleute bangen um finanzielle Existenz

Allein durch die Sperrungen in Börnsen sowie am Götensberg in Escheburg fehlen Dittmer, der in diesem Jahr gerade das 75-jährige Jubiläum der Bäckerei gefeiert hatte, seit 2023 bis jetzt 28.000 Euro an Umsatz. Gemeinsam mit Fleischermeister Niclas Schwiecker appelliert Dittmer daher dafür, dass solche massiven Beeinträchtigungen der Erreichbarkeit im Vorwege mit den Betroffenen besser koordiniert werden sollten.

Ein Bauarbeiter pflastert aktuell gerade den neuen Geh- und Radweg.
Ein Bauarbeiter pflastert aktuell gerade den neuen Geh- und Radweg. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

An der Lauenburger Landstraße befinden sich noch weitere Läden: ein Friseur, ein Fußpflegesalon, ein Kosmetiker und ein Frische-Markt. Dittmer: „Von keiner Seite gibt es Unterstützung. Noch nicht mal eine Ausnahmegenehmigung für meinen Lieferverkehr habe ich vom Amt Hohe Elbgeest bekommen“, klagt er.

Umweg von zehn Kilometern für 120 Meter Baustelle

Dreimal täglich wird die Börnsener Filiale an der Lauenburger Landstraße 18 mit frischer Backware vom Hauptgeschäft an der Geesthachter Straße 142 in Geesthacht versorgt. Von dort kommend, liegt das Geschäft auf der anderen Seite der Baustelle. Und die zwei Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, die an jeder Seite wachen, kennen keinen Spaß. Sie wurden engagiert, weil anfangs zu viele Autofahrer unerlaubterweise durch die seit 22. April gesperrten Straßen gefahren sind. Für Dittmer, dem 120 Meter zum Ziel fehlen, heißt das: Er muss einen zehn Kilometer weiten Umweg fahren. „Das kostet mich pro Tag eine Stunde“, sagt er.

Während der Straßensperrung dürfen nur Busse der VHH die Baustelle passieren, zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts wachen darüber.
Während der Straßensperrung dürfen nur Busse der VHH die Baustelle passieren, zwei Mitarbeiter eines Sicherheitsdiensts wachen darüber. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Noch schwerer ins Gewicht fällt die fehlende Laufkundschaft, wie Schlachter Niclas Schwiecker ergänzt: „Der Verkehr zwischen Hamburg und Geesthacht fehlt. Kurz mal in Curslack von der Autobahn runter und zu mir ins Geschäft, das macht jetzt kaum einer bei der Sackgassenlage“, sagt Schwiecker, der die Einbußen in Börnsen auf rund zehn Prozent beziffert.

Wunsch: „Besprechungen auf Augenhöhe“

„Ich hatte noch mehr befürchtet. Aber wir haben echt coole Kunden.“ 2023 waren wegen parallel laufenden Arbeiten in Aumühle sogar seine beiden Filialen abgeschnitten. „Wir schlachten und produzieren noch selbst“, betont der letzte Fleischermeister der Region, der aktuell 34 Mitarbeiter beschäftigt.

Im Vorfeld der Bauarbeiten in Börnsen hätte es in der Waldschule eine Versammlung gegeben, in der ihm sogar auf seine Anregung hin Parkplätze und einen Lieferanten-Parkplatz zugesagt wurden, sagt Schwiecker. Der Beginn der Bauarbeiten sei dann aber immer sehr plötzlich gekommen, Dittmer hat daraus jeweils nur aus der Zeitung erfahren. „Mehr Informationen und Besprechungen auf Augenhöhe“, wünscht sich der Bäcker. Und sein Schlachter-Kollege ergänzt: „Mich stört, dass man die Verlegung der Abwasserrohre (2023, die Red.) und den Umbau der Bushaltestellen nicht zusammen erledigt hat.“

Was zur neuerlichen Sperrung geführt hat

Der Kreis Herzogtum Lauenburg begründet die doppelte Sperrung damit, dass sich die Ausschreibung für den Haltestellenumbau verzögert habe und nur ein (zu) teures Angebot eingegangen sei. Schon in diesem Frühjahr nannte Börnsens stellvertretender Bürgermeister Alfred Drenguis die erneute Sperrung „total ärgerlich“.

Die Kreisverwaltung teilt auf Anfrage mit, dass Beschwerden im Zuge von Verkehrsbeeinträchtigungen bei Straßenbauarbeiten leider nie ganz auszuschließen seien. Allerdings auch die Dringlichkeit von Infrastruktur-Erhaltungsmaßnahmen. „Bei der Planung und Einrichtung werden die Interessen der Anlieger so weit möglich berücksichtigt“, so Sprecher Tobias Frohnert.

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Gestiegene Anforderungen beim Arbeitsschutz

Bei Maßnahmen, die ein so großes Einzugsgebiet haben wie an der K80, sei es aber nicht möglich, alle Betroffenen vorher anzuhören und deren individuellen, sich teilweise widersprechenden Wünschen gerecht zu werden. Hinzu käme, dass Bauarbeiten heutzutage überwiegend unter Vollsperrungen durchgeführt werden müssen, weil die Anforderungen an den Arbeitsschutz gestiegen sind. „Wir fahren vielleicht alle 15 Minuten mal auf die Straße. Man hätte es auch mit einer Ampel regeln können“, meinte derweil einer der Bauarbeiter.

Derzeit laufen Pflasterarbeiten im Gehweg, soll die Straße für den Verkehr Ende September wieder freigegeben werden können – rund sechs Wochen später als zunächst geplant. In Börnsen können Thorsten Dittmer und Niclas Schwiecker also bald wieder aufatmen.

Aber wegen der bevorstehenden zweijährigen Sperre an der Düenberger Straße in Geesthacht droht Dittmer neues Unheil. Große Hoffnung, dass er vorab gehört wird, hat er nicht. Er ist seit der halbjährigen Sperrung in Besenhorst 2018 ein gebranntes Kind. „Damals hatten wir sogar eine Interessengemeinschaft von den betroffenen Betrieben, aber alles was kam, war ein Brief vom Land, dass ein gesunder Betrieb Rücklagen gebildet haben muss“, sagt Dittmer.