Geesthacht. Thorsten Dittmer ist Bäckermeister in dritter Generation. Er weiß, was seine Kunden lieben – und wie Sauerteigbrot lange frisch bleibt.

Der holländische Blitzblätterteig ist fein säuberlich ausgerollt, zu einer dreieckigen Form zugeschnitten und mit einem Spritzer Marzipan versehen. Nun kommt es auf die Fingerfertigkeit von Bäcker Thorsten Dittmer und seinen Angestellten an. Blitzschnell rollen sie die selbst hergestellte Rohmasse zusammen. Am Ende kommen noch Mandeln obendrauf und zur Versiegelung etwas Zuckerguss und Aprikosenmarmelade. Fertig ist ein sogenannter Splitter. „Der ist in Norddeutschland einzigartig. Bei uns gibt es ihn schon seit 1949“, sagt Thorsten Dittmer, dessen „Bäckerei Dittmer“ nunmehr seit 75 Jahren in der dritten Generation besteht.

Worauf der Bäckermeister zum Firmenjubiläum stolz ist: Bei ihm wird noch alles von Hand gemacht und auf chemische Zusätze verzichtet. „Alle Brote werden von uns zugestoßen. Wir wirken dabei mit der Hand. Das gibt dem Brot eine schönere Scheibe und mehr Volumen“, sagt der 56-Jährige über die Art und Weise, wie der Teig bearbeitet wird. Sein Vater Werner Dittmer hat den Sauerteig selbst entwickelt, der dem Brot ein eigenes Aroma gibt. Ein Beispiel: Obwohl die befreundeten Geesthachter Bäckereien Dittmer und Sievertletztere feierte vor wenigen Wochen selbst das 75-jährige Bestehen – das Rezept für das Geesthachter Schleusenknust gemeinsam entwickelt haben, schmecken die Brote trotzdem unterschiedlich aufgrund des anderen Sauerteigs.

75 Jahre Handarbeit in Geesthacht: Bäckerei Dittmer feiert Jubiläum

Außer dem Splitter seien auch der Butterkuchen und die über die Stadtgrenze bekannte Rumkugel (ebenfalls vom Opa entworfen) die Renner bei Dittmer. Zum 75. Firmengeburtstag gibt es natürlich auch ein spezielles Jubiläumsbrot: Ab dem 15. April gibt es das auf einer Steinplatte gebackene Gutsherrenbrot mit der mehligen „75“ auf der Kruste zu kaufen.

Spezialität der Bäckerei Dittmer: ein sogenannter Splitter, ein Mandel-Marzipan-Blätterteig-Gebäck.
Spezialität der Bäckerei Dittmer: ein sogenannter Splitter, ein Mandel-Marzipan-Blätterteig-Gebäck. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Täglich kommen in der eigenen Bäckerei am Firmensitz an der Geesthachter Straße 142 rund 4500 Brötchen und 380 Brote in den Ofen. Am Wochenende sind es etwa doppelt so viele. Dafür werden in zwei Wochen vier Tonnen Weizen- und 1,5 Tonnen Roggenmehl verbraucht. 15 Mitarbeiter in der Produktion sorgen dafür, dass das Hauptgeschäft über der Bäckerei und die vier weiteren Fachgeschäfte mit frischer Ware versorgt werden. Brötchen und Brote von Dittmer gibt es außerdem in der Geesthachter Fußgängerzone, in Düneberg (Düneberger Straße 61), in Börnsen (Lauenburger Landstraße 18) und in Escheburg (Stubbenberg 8). Insgesamt hat Thorsten Dittmer 38 Angestellte.

Anfang in Neuengamme, seit 1952 in Geesthacht

Obwohl er eine relativ geringe Personalfluktuation habe, sei Personal zu finden heute eine Herausforderung für Bäcker. „Aushilfen gibt es genug. Mir fehlen vor allem Bäckereifachverkäuferinnen, die mit den Kunden auch mal über Brot reden können. Und auch der Krankenstand war noch nie so hoch“, sagt Thorsten Dittmer, der als Innungsbetrieb nach Tarif bezahlt, inklusive Nacht- und Sonntagszuschlägen.

Bäckermeister Thorsten Dittmer mit seinem Jubiläumsbrot, einem Roggenmischbrot, das es ab dem 15. April zu kaufen gibt.
Bäckermeister Thorsten Dittmer mit seinem Jubiläumsbrot, einem Roggenmischbrot, das es ab dem 15. April zu kaufen gibt. © Dirk Schulz | Dirk Schulz

Die bekam Opa Werner Dittmer senior nicht, als er am 1. März 1949 sein erstes Geschäft am Hausdeich 45 in Neuengamme eröffnete. 1952 übernahm er die Bäckerei Hermann Wulff in der Großen Bergstraße 50 in Geesthacht (heute Johannes-Ritter-Straße). Wenig später erfolgte der Wechsel an den heutigen Standort an der Geesthachter Straße 142. Weil es früher klar war, dass der älteste Sohn den Betrieb übernimmt, wurde Thorsten Dittmers Vater kurzerhand auch Werner getauft – dann mussten später die Namensschilder nicht gewechselt werden, als Werner Junior ab 1971 übernahm.

Wie Dittmer-Brote nach Australien gelangten

Dessen Sohn Thorsten hatte mehr Freiheiten und wollte „eigentlich auch nie“ einsteigen. „Weil ich gesehen habe, wie viel meine Eltern gearbeitet haben“, sagt er heute. Doch nach einer Ausbildung zum Kfz-Mechaniker entschied er doch anders und machte seinen Bäckermeister hinterher. „Es war mein eigener Wunsch, aber es ist auch viel Arbeit. Wenn die Firma ruft, muss man los“, weiß er. Immerhin profitiert er von der anderen Ausbildung und kann eine defekte Maschine auch mal selbst reparieren. 2001 stieg Thorsten Dittmer in einer GbR mit ein und übernahm ab 2006 schließlich ganz.

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Eine vierte Generation wird es voraussichtlich nicht geben. „Die Familie wird es nicht weiterführen. Meine beiden Töchter wollen einen anderen Weg einschlagen“, sagt Thorsten Dittmer, der noch bis zur Rente durchziehen will und dann die Firma auf jeden Fall einem Nachfolger übergeben möchte. Ansonsten könnten die speziellen Dittmer-Brote noch auf der anderen Seite der Erde weiterleben. 2017 hatte Thorsten Dittmer dem nach Australien ausgewanderten Kollower Andreas Jenß nicht nur Backnachhilfe gegeben, sondern auch einige Kulturen seines Sauerteigs auf den fünften Kontinent mitgegeben.

Dittmers Tipp wie Sauerteig-Brote lange frisch bleiben

„Der herkömmliche Brotkasten ist zwar verbreitet, aber die beste Aufbewahrung für ein Sauerteigbrot ist an der Raumluft“, sagt Bäckermeister Thorsten Dittmer. Er empfiehlt stattdessen, das Brot einfach mit der Schnittkante nach unten auf ein Holzbrett zu stellen. So bleibe es bekömmlich und lange frisch. „Im Kühlschrank altert es dagegen schneller“, so Dittmer.