Lauenburg. Holpriges Pflaster erschwert Rollstuhlfahrern die Zufahrt zum neuen Medienzentrum Stappenbeck. Doch das soll so nicht bleiben.
Breite Wege, keine Schwellen und ein Aufzug sowieso – im neuen Medienzentrum Stappenbeck haben die Architekten peinlich auf Barrierefreiheit geachtet. So schreibt es das Gesetz für öffentliche Gebäude vor. Es gibt keinen Bereich, den Rollstuhlfahrer nicht erreichen können – wäre da nicht der gepflasterte Eingangsbereich, der einer Buckelpiste gleicht.
Dass es auch anders geht, zeigt sich gleich ein paar Meter weiter: Das neue Pflaster vor dem Stadtcafé ist eben geschliffen und für Rollstuhlfahrer problemlos befahrbar. Ein Schildbürgerstreich? Für die Lauenburger SPD ist das jedenfalls unverständlich. Während der jüngsten Stadtvertretersitzung fragten die Genossen nach, warum hier zweierlei Pflaster verlegt wurde. Der Belag vor der Bücherei, so hieß es vonseiten der Verwaltung, sei nur provisorisch verlegt worden. Noch in diesem Jahr beginnt die Gestaltung der sogenannten Lesegärten rund um das Medienzentrum.
Lesegärten in Lauenburg: Grüne Oase und Veranstaltungsfläche
In den sogenannten „Big Five“, den geplanten Lauenburger Großprojekten, tauchen die Lesegärten gar nicht auf. Und doch soll die Gestaltung der Freiflächen rund um das Stappenbeck die Aufenthaltsqualität in der Lauenburger Innenstadt deutlich verbessern. Für die etwa 1100 Quadratmeter große Freifläche rund um das Medienzentrum hatte die Stadt im März 2022 einen Gestaltungswettbewerb ausgerufen.
Zur Finanzierung gibt es einen Zuschuss in Höhe von 375.000 Euro aus dem Programm „Förderung der Innenstadtentwicklung und der Stadt- und Ortszentren“ des Landes Schleswig-Holstein. Insgesamt geht Lauenburg von Kosten in Höhe von 500.000 Euro aus. Die Idee, das Medienzentrum mit Bücherei und Stadtarchiv im Freien fortzusetzen, kam bei den Fördermittelgebern an. In den Lesegärten sollen Lesungen oder Bastelaktionen möglich sein – oder einfach nur eine grüne Oase der Ruhe geschaffen werden.
Urban Gardening: Lauenburger sollen Beete bepflanzen können
Die Landschaftsplaner des Berliner Planungsbüros Plateau konnten sich mit ihrer Idee schließlich durchsetzen. Der Lesegarten teilt sich nach deren Vorstellungen in einen öffentlichen und einen halböffentlichen Raum. In dem von der Bücherei zugänglichen Bereich sind verschiedene Pflanzinseln, kombiniert mit Sitzmöglichkeiten, vorgesehen. Hier griffen die Planer die Idee des sogenannten Urban Gardening (städtisches Gärtnern) auf. Die mögliche Nutzung: Mitten im Zentrum pflanzen Lauenburger gemeinsam Salat, ernten Radieschen oder säen Blumen aus.
Man kommt ins Gespräch, trinkt Kaffee oder schmökert in einer der Leseecken. Ein Podest, das auch als Bühne oder Tanzboden genutzt werden könnte, schafft den historischen Bezug zum ehemaligen Festsaal im Stappenbeck. „Besonders hervorzuheben ist die Auseinandersetzung mit den verwendeten Materialien und Gestaltungselementen. Gesägtes Kopfsteinpflaster stellt Barrierefreiheit her. Die Mauern und Sitzmöglichkeiten greifen den Backstein der angrenzenden Gebäude auf“, stellt die Jury fest.
Freifläche am Lütten Markt schließt Teile des Wochenmarktes ein
Die Fläche, die zum Lütten Markt ausgerichtet ist, sehen die Planer als großzügig gestalteten Platz mit schattenspendenden Bäumen, die trotzdem den Händlern des Wochenmarktes genügend Freiraum lassen und die Befahrbarkeit des Platzes nicht einschränken. Beide Teilflächen sollen außerdem für Aktivitäten und Veranstaltungen der Bücherei nutzbar sein.
Das derzeit provisorisch verlegte Pflaster vor dem Eingangsbereich der Bücherei soll dann einem sogenannten gesägten Kopfsteinpflaster weichen, das bereits rund um das Stadtcafé verwendet wurde. Dass Rollstuhlfahrer auch über dessen Eingang in die Bücherei gelangen könne, soll übrigens kein Geheimtipp bleiben. Die SPD beantragte, bis zur Fertigstellung der Freifläche wenigstens ein entsprechendes Hinweisschild anzubringen.
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Berliner Planer gestalten auch neuen Lauenburger ZOB
Eigentlich sollte sich die Umsetzung des Entwurfes der Berliner Planer unmittelbar an die Fertigstellung des Medienzentrums anschließen, also im Herbst 2023. Doch noch ist davon nichts zu sehen. Lediglich vor und neben dem neuen Stadtcafé ist die Freifläche mittlerweile fertig. Doch die Zeit drängt. „Wir müssen noch in diesem Jahr mit der Maßnahme beginnen, um die Fördermittel nicht zu verlieren“, sagt Bauamtsleiter Christian Asboe.
Die Ideen der Berliner Landschaftsplaner werden übrigens nicht nur rund ums Stappenbeck umgesetzt. Nachdem im Oktober das neue Multifunktionsgebäude am Lauenburger ZOB fertiggestellt werden wird, geht es am November an die Gestaltung der Freiflächen – ebenfalls entworfen vom Büro Plateau.