Geesthacht. Viele Autos fahren dort zu schnell. Einige Anwohner haben Angst, die Seite zu wechseln. Doch warum wird die Stadt nicht aktiv?

Eigentlich soll es geruhsam zugehen in der Bergedorfer Straße in Geesthacht. Dort, wo die Fußgängerzone aufhört und wieder Auto gefahren werden darf, gilt Tempo 30. Er habe da ganz andere Erfahrungen gemacht, erzählt Anwohner Dietmar Trottner. „Es wird gerast“, hat er beobachtet. Dietmar Trottner und sein Frau Roswita finden insbesondere die Stelle zwischen Museum und dem Wohnhaus gegenüber, in dem sie leben, richtig gefährlich, vor allem für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind.

15 Sekunden benötigt er, um seine Mutter Hannelore Trottner (94) im Rollstuhl auf die andere Straßenseite zu schieben. Und er ist noch flink auf den Beinen. Dietmar Trottner sagt, er kenne jemanden, der mit seinem Rollstuhl vorher noch wenden müsse, der käme nur rückwärts mit den größeren Reifen voran den Bürgersteig hinauf. „Der braucht so natürlich noch länger“, sagt Dietmar Trottner.

Geesthacht: Anwohner klagen erfolglos über Raser in Tempo-30-Zone

Ein großes Problem: In Richtung Mannis Angelshop ist die Fahrbahn vom Museum aus recht gut einsehbar. Ein Auto aber, das links aus der nur wenige Meter entfernten Schillerstraße in die Bergedorfer Straße einbiegt, ist erst zu sehen, wenn es die Kurve genommen hat.

Gibt der Fahrer dann richtig Gas, ist er schnell da. Dann wird es zeitlich eng für Menschen, die langsam im Rollstuhl unterwegs sind oder mit dem Rollator. „Schon bei 50 km/h habe ich die Zeit nicht mehr“, befürchtet Dietmar Trottner.

„Nach 20 Uhr ist hier Autobahn“ – auch für Lastwagen

Hinzu kommen die Geradeausfahrer, von denen nach Beobachtung der Trottners viel zu viele nicht auf die zulässige Höchstgeschwindigkeit achten. „Wir haben das in diesem Sommer in der ganzen Hausgemeinschaft so empfunden, dass der Verkehr stark zugenommen hat, und nicht alle halten sich an das langsame Tempo.“

Nach Feierabend noch viel weniger. „Nach 20 Uhr ist hier Autobahn“, klagt Dietmar Trottner. „Auch Lastwagen donnern dann hier durch, und zwar richtig große.“ „Als ich Müll zum Container an der Straße herunterbrachte, bin ich schon mal fast auf die Hörner genommen worden“, erinnert sich Roswita Trottner.

Tempo-30-Schild ist halb hinter einem Mast versteckt

Wie schnell ist erlaubt? Das Tempo-30-Schild ist hinter einem Mast versteckt.
Wie schnell ist erlaubt? Das Tempo-30-Schild ist hinter einem Mast versteckt. © Dirk Palapies | Dirk Palapies

Erschwerend ist, dass das Verkehrsschild, welches hier Autofahrer aus Richtung ZOB auf Tempo 30 hinweist, sich zudem halb hinter einem davor stehenden Lichtmast versteckt. Für Autofahrer ist es schwer zu bemerken. Die ersten Schilder mit dem Hinweis auf Tempo 30 allerdings sind bereits Richtung Norderstraße vor dem Zebrastreifen vor der Einmündung des Buntenskampes angebracht

„Uns geht es erstmal darum, dass man darauf aufmerksam macht, wie schnell gefahren wird. Bald beginnt die dunkle Jahreszeit, und dann wird es richtig gefährlich“, befürchtet Roswita Trottner. Im Austausch mit der Hausgemeinschaft plädiert sie für das Aufstellen von Hinweistafeln, die Autofahrern anzeigen, wie schnell sie gerade sind.

Stadt sieht Aufstellen von Messtafeln als nicht möglich

Doch das soll laut Stadtverwaltung an dieser Stelle gar nicht möglich sein. Geesthacht besitzt insgesamt drei Messtafeln, die nach Bedarf beziehungsweise auf Nachfragen oder auch Beschwerden aufgehängt werden können, sofern dies im geforderten Gebiet möglich ist.

Solche Messtafeln müssen sich die Kommunen selber anschaffen. Der Kreis könnte dann auf Hinweis der Stadt als nächsten Schritt Radarmessungen veranlassen, sollte die Auswertung der Daten aus den Messtafeln in der Tat auf eine Gefährdung hinweisen. Aber soweit wird es diesmal nicht kommen.

Stadt schlägt Nutzung von Zebrastreifen weiter weg am Buntenskamp vor

„Im genannten Bereich der Bergedorfer Straße haben wir aber tatsächlich nicht die Möglichkeit, solche Messtafeln aufzuhängen, da die Laternen dort zu niedrig sind“, teilt die Verwaltung mit. Überdies lägen weitere Klagen aus der Bevölkerung über diesen Abschnitt bisher nicht vor. „Dies ist die erste Beschwerde dieser Art für den Bereich.“

Die Straße sei im Bereich schmaler – knapp fünf Meter –, was den Fußgängern die Überquerung erleichtern solle. Sollte man sich dennoch als Fußgänger unsicher sein, könne man natürlich den Fußgängerüberweg auf Höhe Buntenskamp zur Überquerung nutzen, schlägt die Verwaltung vor. Die liegt vom Museum aus ein gutes Stück entfernt. Und den Weg müsste man dann ja auch wieder zurücklaufen. Für Menschen mit Handicap eine Quälerei.

Auch Radarmessungen sollen nicht möglich sein

Wegen der örtlichen Gegebenheiten sei auch das Aufstellen von Radargeräten nicht drin. „Ein Blitzgerät wird von uns als Stadt nicht angefordert, sondern bei Bedarf angefragt, da die Geschwindigkeitsmessung in die Zuständigkeit des Kreises Herzogtum Lauenburg fällt“, erklärt die Stadtverwaltung das Vorgehen.

Der Kreis verfügt über drei mobile Anlagen, sie können aus einem Fahrzeug heraus als auch von einem Stativ aus eingesetzt werden. Kommt hinzu ein Enforcement-Anhänger, der am Straßenrand abgestellt wird. Das Gerät löst gewöhnlich ab einer Entfernung ab 20 Metern aus. Da auch andere Gemeinden Interesse daran haben, bräuchte man wegen der Koordinierung einen zeitlichen Vorlauf, teilt die Kreisverwaltung mit.

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Als schnelle Maßnahme das Tempo-30-Schild versetzen

Aber das ist nicht der Grund, dass beim Museum nicht geblitzt werden wird. „Solch ein Geschwindigkeitsmessgerät benötigt einen klaren, 100 Meter umfassenden Sichtradius, was in dem Bereich der Bergedorfer Straße durch die parkenden Autos und dem absoluten Halteverbot aufgrund der schmaleren Straße nicht gegeben ist“, sieht die Stadtverwaltung das Problem.

So bleibt die Situation unbefriedigend für die Hausgemeinschaft. „Ich denke, wenn das 30er-Schild versetzt wird, kann das auch was bringen. Das ist ja nicht einsehbar“, hofft Roswita Trottner. „Wenn da alle Optionen nicht fruchten, dann wäre es eventuell auch mal angebracht, ein Tempo-20-Schild hinzustellen. Es sind sehr viele Fußgänger unterwegs und auch Schulkinder, irgendwie müssen sie da eine Lösung finden.“

Die Trottners können da auf familiäre Erfahrung zurückgreifen, der Sohn wohnt in Hannover. „In seiner Straße haben die Anwohner auch Tempo 20 erkämpft“, sagt Dietmar Trottner. Es klingt wie eine Ankündigung.