Lauenburg. Mittel gegen Tierelend oder Eingriff in die Halterrechte? Seit Jahren gibt es darum politischen Streit. Jetzt ein neuer Vorstoß.
Die Katzenschutzverordnung, auf die sich die Politik vor drei Jahren geeinigt hatte, gilt als beispielgebend im Kreis. Sie hatte aus Sicht vieler Tierschützer nur einen Schönheitsfehler: Die Verordnung sieht vor, dass Freigängerkatzen zwar gechippt und registriert sein müssen, eine Kastrationspflicht ist dagegen nicht vorgeschrieben. Zwar hätte nach dem Tierschutzgesetz auch der unkontrollierte Auslauf fortpflanzungsfähiger Katzen verboten werden können, doch das hätte einen schwerwiegenden Eingriff in das Eigentum der Halter bedeutet, argumentierte die Verwaltung damals.
Jetzt die Kehrtwende: Zur nächsten Sitzung des Ausschusses für Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Tourismus legt die Stadt selbst eine Beschlussvorlage vor, die Kastrationspflicht für Freigängerkatzen auf den Weg zu bringen. Nach der Beschlussvorlage sollen Halter, die ihrer Katze Zugang ins Freie gewähren, diese zuvor mittels Mikrochip oder Tätowierung kennzeichnen und registrieren lassen. Außerdem müsse der Halter die Kastration des Tieres nachweisen können. Ausnahmen könnten unter bestimmten Bedingungen für Züchter von Rassekatzen gelten. Nach dem Vorschlag der Verwaltung sollen auch Menschen, die Straßenkatzen regelmäßig füttern, als Halter mit den entsprechenden Pflichten aus der Verordnung gelten.
Lauenburg: Kommt jetzt die Kastrationspflicht für Freigängerkatzen?
Wer sich die Beschlussvorlage genauer betrachtet, dem wird auffallen, dass die Verwaltung jetzt auf eine Katzenverordnung statt auf eine Katzenschutzverordnung setzt. Diesen neuen Fokus hatte die SPD schon im Februar ins Spiel gebracht. Grundlage einer Katzenverordnung ist nicht das Tierschutzgesetz, sondern das Landesverwaltungsgesetz (LVwG). Demnach sind die Ordnungsbehörden verpflichtet, Gefahren für die Bürger abzuwehren. Und dazu zähle aus Sicht der SPD auch eine wachsende Population von Straßenkatzen, die meist krank sind und bestimmte Erreger auch auf den Menschen übertragen könnten.
Eine Katzenverordnung würde daher als Gefahrenabwehr im Sinne des Landesverwaltungsgesetzes gelten. Anders als es auf der Basis des Tierschutzgesetzes möglich ist, können Zuwiderhandlungen auf dieser Grundlage als Ordnungswidrigkeit geahndet und mit einem Bußgeld belegt werden. So sieht es der Vorschlag der Verwaltung auch vor. Verstöße gegen die Katzenverordnung würden mit Geldbußen von mindestens 5 Euro bis zu 1000 Euro geahndet.
Katzenverordnung: Wer kontrolliert die Einhaltung?
Die Chance, dass sich die Verwaltung im Ausschuss mit ihrem Vorschlag durchsetzen kann, ist groß. Bereits in der Vergangenheit hatte sich neben der SPD eine Mehrheit für eine Kastrationspflicht der Freigängerkatzen abgezeichnet. „Wir stehen zur Kastrationspflicht“, betonte Niclas Fischer, Fraktionsvorsitzender der Lauenburger Wählergemeinschaft (LWG) bereits im September vergangenen Jahres. Man dürfe keine Situation hinnehmen, in der sich Katzen unkontrolliert vermehren.
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Ähnlich hatte sich damals auch Christoph Haase geäußert. „Ohne eine solche Kastrationspflicht bleibt unsere Katzenschutzverordnung ein zahnloser Tiger“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende. Auch die Wählergemeinschaft Unser Lauenburg (UL) hatte sich grundsätzlich für die Kastrationspflicht ausgesprochen. Umstritten war unter den Fraktionen bisher nur, wie die Verordnung kontrolliert und Verstöße geahndet werden sollen.
Grüne: „Hier wird mit Kanonen auf Katzen geschossen“
Nur die Lauenburger Grünen sprachen sich damals gegen die Aufnahme der Kastrationspflicht in die Katzenschutzverordnung aus. Sie bleiben auch jetzt, nach dem Vorstoß der Verwaltung, bei ihrer Ablehnung. „Die herangezogene rechtliche Grundlage ist abstrus. Letztlich bedeutet das, dass im Moment durch unkastrierte, freilaufende Katzen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet sind. Das muss man uns mal erklären“, sagt Fraktionsvorsitzender Thorsten Pollfuß. Hier werde mit Kanonen auf Katzen geschossen.
Nach seiner Wahrnehmung seien in letzter Zeit deutlich weniger streunende Katzen zu sehen. Auch sei die Anzahl der Katzen, die ins Tierheim nach Geesthacht gebracht werden, sehr überschaubar. „Deshalb ist ein solch drastischer Eingriff nicht gerechtfertigt. Man sollte es bei der aktuellen, noch nicht einmal drei Jahre alten Schutzverordnung belassen und deren Auswirkung erst einmal langfristig beobachten“, regt er an.
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Kastrationspflicht für Freigängerkatzen: Andere Städte machen es vor
Tierschützer gehen dagegen von folgender Rechnung aus: Ein Katzenpaar kann zweimal im Jahr Junge bekommen. Durchschnittlich überleben 2,8 Katzen pro Wurf. Nach zwei Jahren hätten die Nachkommen dieser Katzen bereits 66 Junge gezeugt. Nach sechs Jahren wären es 73.041 Wildlinge. Es gibt übrigens schon Städte, die eine Kastrationspflicht von Freigängerkatzen festschreiben und durchsetzen. In Mölln, Ratzeburg und Itzehoe zum Beispiel dürfen Stubentiger nach der geltenden Katzenschutzverordnung nur ins Freie, wenn „durch vorher getroffene, tierärztliche Maßnahmen sichergestellt ist, dass die Katze nicht zur unkontrollierten Fortpflanzung beitragen kann“.
Ob die Kastrationspflicht für Katzen in Lauenburg nun beschlossen oder abgelehnt oder gar eine weitere Ehrenrunde dreht, bleibt abzuwarten. Die Sitzung des Ausschusses für Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Tourismus am Mittwoch, 10. Juli, beginnt um 19 Uhr im Haus der Begegnung (Fürstengarten 29). Das letzte Wort in Sachen Katzenverordnung hat die Stadtvertretung. Die tagt allerdings erst nach der Sommerpause wieder.