Lauenburg. Fachärztemangel ist ein großes Problem. Grüne reichen Antrag für alternatives Angebot in Lauenburg ein. Gute Erfahrungen in Boizenburg.

Bei vielen Menschen fängt es so um den 40. Geburtstag herum an: Die Buchstaben auf dem Handybildschirm verschwimmen und um eine Zeitung problemlos lesen zu können, sind die Arme bald nicht mehr lang genug – Zeit für eine Lesebrille.

Um die Sehstärke bestimmen zu lassen, genügt meist der Termin bei einem Optiker. Doch spätestens ab dem 50. Lebensjahr, so empfehlen es Fachleute, sollten regelmäßige Untersuchungen in einer Augenarztpraxis erfolgen.

Ärzte in Schleswig-Holstein: Kein Termin beim Augenarzt? Mobiler Service soll helfen

Doch dort einen Termin zu erhalten, gleicht einem Sechser im Lotto. Der Facharztmangel ist auch in Lauenburg akut, es gibt zum Beispiel nur eine Augenarztpraxis in der Stadt. „Die Situation wird sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern. Vermutlich werden viele Lauenburger dann davon abgehalten, gesundheitliche Vorsorge zu betreiben“, fürchtet Thorsten Pollfuß von den Grünen.

Seine Fraktion reicht daher für die nächste Sitzung des Ausschusses für Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Tourismus einen Antrag ein, dem Facharztmangel zu begegnen. Ein Ausweg könnte demnach das Angebot von Telemedizin in Verbindung mit ärztlichen Dienstleistungen als mobiler Vorort-Service in Lauenburg sein.

Mobile Augenuntersuchung: Die Idee kommt aus England

Da Lauenburg in Sachen Facharztmangel kein Einzelfall ist, etablieren sich derzeit immer mehr Mediziner, die daraus eine Geschäftsidee entwickeln. Augenmediziner Dr. Claus Gruber hat 2022 mit einem Partner die Mirantus Health GmbH mit Sitz in Berlin gegründet. Ihre dafür ausgebildeten Mitarbeiter kommen mit ihren Geräten in unterversorgte Gemeinden und bieten mobile Augenuntersuchungen an.

Der 30-jährige Unternehmensgründer hat das Modell in England kennengelernt, wo er am Moorfields Eye Hospital zum Thema „Flächendeckende fachärztliche Versorgung“ geforscht hat.

Dr. Claus Gruber hat die Idee der mobilen Augenuntersuchung aus England importiert.
Dr. Claus Gruber hat die Idee der mobilen Augenuntersuchung aus England importiert. © Claus Gruber | Mirantus Health GmbH

Die Untersuchung selbst dauert etwa 15 Minuten. Dafür fallen Kosten in Höhe von 40 Euro an. Dafür gibt es eine Augeninnendruckmessung, Netzhautaufnahme, Aufnahme des vorderen Augenabschnitts, Sehschärfebestimmung und Überprüfung der aktuellen Brillenstärke.

Nach der Untersuchung können die Patienten über die Mirantus-Online-Plattform einen Termin für eine Videosprechstunde mit einem niedergelassenen Augenarzt vereinbaren. Sie können aber auch mit den Ergebnissen zu einer persönlichen Sprechstunde ihrer Wahl gehen.

Mobile Augenuntersuchung: Gute Erfahrungen in anderen Städten

In Gemeinden, in denen dieser Service bereits angeboten wird, gibt es meist feste Anlaufstellen für die Patienten. In Lauenburgs Partnerstadt Boizenburg waren die Mitarbeiter von Mirantus wegen der großen Nachfrage bereits zum zweiten Mal. Ähnliche Erfahrungen gibt es aus Aumühle. Auch Reinbek startete im März dieses Jahres einen Pilotversuch, ebenfalls mit großer Resonanz. In allen drei Fällen stellten die Städte kommunale Räumlichkeiten – sogenannte Point of Care – für die Untersuchungen zur Verfügung.

Die Lauenburgerin Kerstin Brand hat das Angebot in Aumühle ausprobiert. „Die Untersuchungsergebnisse kamen nach ein paar Tagen per Mail. Nach einer guten Woche hatte ich eine Videosprechstunde mit einem Augenarzt, der die Ergebnisse erläuterte“, sagt sie. Weil sie den Termin online vereinbart hatte, gab es auch keine Wartezeiten. „Die 40 Euro für die Untersuchung fand ich angemessen“, sagt sie.

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Es gibt allerdings auch kritische Stimmen zu dem Angebot des Berliner Start-up-Unternehmens, unter anderem vom Berufsverband der Augenärzte (BVA) in Hamburg. Was geboten werde, sei eine rein handwerkliche Dienstleistung, wie sie auch von Optikern zu bekommen sei. Bei der Auswertung durch Ärzte über die Mirantus-Plattform stelle sich zudem die Frage, ob das Prinzip der freien Arztwahl noch eingehalten werde.

In welchem Umfang können Angebote für Lauenburg geschaffen werden

Doch angesichts der positiven Erfahrungen aus anderen Kommunen wollen die Grünen den Versuch auch in Lauenburg starten. „Die Verwaltung wird gebeten, zu überprüfen, in welchem Umfang für Lauenburg Angebote aus dem Bereich Tele-Medizin und sogenannten Point-of-Care-Angeboten geschaffen werden können“, heißt es in dem Antrag.

Die Sitzung des Ausschusses für Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Tourismus am Mittwoch, 10. Juli, beginnt um 19 Uhr im Haus der Begegnung, Fürstengarten 29.