Lauenburg. Zwölf Tiere haben die „Lautown Katzenfreunde“ allein im August eingesammelt: Chippflicht reicht nicht, um der Probleme Herr zu werden.

In die Frage, ob Katzen-Freigänger in Lauenburg kastriert werden sollen, kommt Bewegung. Der jüngste Ausschuss für Umwelt, Energiewende und Digitalisierung (UED) hat auf Antrag der SPD erneut beraten. Jetzt zeichnet sich eine deutliche Mehrheit für die Forderung ab, Stubentiger, die außerhalb der Wohnungen beziehungsweise Grundstücke der Besitzer unterwegs sind, kastrieren zu lassen. Derweil wächst der Ärger unter Lauenburgs Katzenfreunde über die Hängepartie. Und darüber, welche Probleme es neuerdings bereitet, die vielen Fundtiere im Geesthachter Tierheim unterzubringen.

Neue Beratungen in Lauenburg: Mehrheit für Kastrationspflicht

Noch geben die Gegner einer Kastrationspflicht nicht nach. Nach der Mahnung, eine solche Vorschrift würde in das Eigentumsrecht der Hauskatzenbesitzer unzulässig eingreifen, wird jetzt die Zuständigkeit des Umweltausschusses in Zweifel gezogen. Über Kastrationspflicht müsse stattdessen im Ausschuss für Gesundheitsversorgung, Sicherheit und Tourismus (GST) beraten werden, heißt es aus der Stadtverwaltung.

Dieser Einwand stößt in der Politik auf geteiltes Echo: „Wir haben jetzt aus dem Ausschuss für Umwelt, Energiewende und Digitalisierung ein Stimmungsbild“, sagt etwa die Ausschuss-Vorsitzende Brika Üffink. Die weitere Behandlung sei jetzt Aufgabe des GST, „dieser Ausschuss ist in Lauenburg für Ordnungsamtsangelegenheiten zuständig“.

2000 Katzenhalter nicht unter Generalverdacht stellen

Die Grüne hat weiterhin Vorbehalte gegen eine Kastrationspflicht: „Ich denke nicht, dass wir den rund 2000 Katzenhaltern in Lauenburg pauschal unterstellen sollten, dass sie ihre Verantwortung für ihre Tiere nicht wahrnehmen.“

Antragsteller Immo Braune ist verschnupft. Denn dies unterstellt der Antrag des SPD-Fraktionsvorsitzenden nicht. Er zielt darauf ab zu verhindern, dass sich Katzen unkontrolliert vermehren, immer mehr von ihnen ins Tierheim müssen. Zudem soll das Elend wild geborener Tiere reduziert werden, die in freier Wildbahn an diversen Krankheiten und Infektionen leiden. Infolgedessen verenden viele Tiere qualvoll.

SPD: Frage der Zuständigkeit ist nicht vordringlich

Über die Frage, welcher Ausschuss der richtige sei, möchte Braune nicht weiter diskutieren. „Wir wollen die Kastrationspflicht, ich kann die Grünen nicht verstehen.“ Das Tierwohl müsse in dem Punkt doch entsprechend Berücksichtigung finden. „Wenn die Verwaltung das Thema in einen anderen Ausschuss schieben möchte, ist auch klar, dass es länger dauert: Der GST tagt seltener als der Umweltausschuss.“

„Wir stehen zur Kastrationspflicht“, unterstreicht Niclas Fischer, Fraktionsvorsitzender der Lauenburger Wählergemeinschaft. Man dürfe keine Situation hinnehmen, in der sich Katzen unkontrolliert vermehren. „Es ist natürlich bedauerlich, wenn Kommunen tätig werden müssen, weil sich manche Tierhalter unverantwortlich verhalten.“

Katzenschutzverordnung ein zahnloser Tiger?

Auch für Christoph Haase ist der Fall klar. „Ohne eine solche Kastrationspflicht bleibt unsere Katzenschutzverordnung ein zahnloser Tiger“, ist der CDU-Fraktionsvorsitzende überzeugt. Bei ihrer Verabschiedung samt Chippflicht für alle Hauskatzen hatte noch eine Mehrheit gegen die Kastrationspflicht votiert. Doch die Möglichkeit, mit einem Lesegerät die Chips unter der Haut auszulesen und die Halter zu identifizieren, löse das Problem der vielen wild geborenen Katzen nicht.

Die Situation erfordere ein Eingreifen, mahnt Haase, der als Erster Stadtrat auch Stellvertreter des Lauenburger Bürgermeister ist. „Die Zustände im Geesthachter Tierheim sind an der Grenze“, sagt er mit Blick auf die vielen Fundkatzen, die dort dauerhaft versorgt werden müssen. Und warnt: „Wenn uns Geesthachts Tierheim den Vertrag kündigt, steht Lauenburg blank da. Dann muss die Stadt sich selbst um die Unterbringung und Versorgung aller Fundtiere kümmern.“

CDU: Kündigt das Tierheim, „steht Lauenburg blank da“

Die Auffassung mancher Lauenburger Politiker, die Chippflicht werde genügen, um das Problem in den Griff zu bekommen, treibt Gerda Starke den Ärger ins Gesicht. Die Sprecherin der „Lautown Katzenfreunde“ hat im August begonnen, eine Statistik zu erstellen, wie viele Tiere monatlich von den Aktiven eingefangen oder eingesammelt werden. Erhoben wird neben ihrem allgemeinen Zustand und dem Ernährungszustand der geretteten Tiere auch, ob sie gechippt sind, ob sie verwildert oder offenbar wild leben.

Ein Katzenpaar samt Kinder können rechnerisch binnen sieben Jahren für mehr als 300.000 Nachkommen sorgen   
Ein Katzenpaar samt Kinder können rechnerisch binnen sieben Jahren für mehr als 300.000 Nachkommen sorgen    © bgz | PETA Deutschland e.V.

„Von den zwölf Katzen, die wir allein im August eingesammelt oder eingefangen haben, waren nur zwei gechippt“, hat Gerda Starke ermittelt. Ein Tier trug zwar einen Chip unter der Haut, war aber nicht registriert. Über soziale Medien wurde der Besitzer ermittelt.

Neun von zwölf Fundtieren waren nicht kastriert

Garde Starke verfügt selbst über zwei Lesegeräte. „Das erste habe ich mir selbst angeschafft, das zweite, technisch bessere, hat mir das Tierheim Geesthacht zur Verfügung gestellt.“

Zehn Tiere haben die Katzenretter allein im August ins Tierheim Geesthacht gebracht, alle waren ohne Chip. Zudem waren neun von zwölf Katzen und Katern nicht kastriert beziehungsweise Katzenkinder. Starke: „Wie da irgendjemand glauben kann, diese Problem könnten allein durch eine Chippflicht gelöst werden, ist mir schleierhaft.“

Katzenfreunde erhöhen den Druck

So genannte Wildlinge, in freier Wildbahn geborene Katzen, werden in der Regel wieder ausgewildert, wenn sie kastriert wurden. Dies regelt das Tierschutzgesetz. Wenn sie dort nicht klarkommen, weil sie etwa dauerhaft erkrankt oder eingeschränkt sind, bleiben sie dauerhaft in den Tierheimen.

Kinder von Straßenkatzen müssen sich erst an Menschen gewöhnen. Mit wachsendem Alter schwinden die Chancen, dass die Kitten in ein Zuhause vermittelt werden können.  
Kinder von Straßenkatzen müssen sich erst an Menschen gewöhnen. Mit wachsendem Alter schwinden die Chancen, dass die Kitten in ein Zuhause vermittelt werden können.   © BGZ | Gerda Starke

Vermittelt werden können sie in aller Regel nicht, weil sie sich nicht an Menschen gewöhnen. Das gilt mit steigendem Alter auch für kleine Katzen. Starke: „Mit jeder Woche, die sie älter als sechs Wochen sind, sinken die Chancen, sie noch vermitteln zu können.“

Tierschützer kritisieren Beschränkung für Fundtiere

Was derzeit unter den „Lautown Katzenfreunden“ und anderen für massiven Ärger sorgt, ist die seit August geltende Vorschrift, dass die jeweiligen Ordnungsämter in den angeschlossenen Städten und Ämtern der Aufnahme von Fundtieren im Tierheim Geesthacht zustimmen müssen. Für Gerda Starke eine Forderung fern der Realitäten. „Da müsste ja jemand sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag greifbar sein. Wenn ich nachts herausgeklingelt werde, um eine umherirrende oder verletzte Katze zu retten, kann ich danach nicht auch noch auf eine Odyssee gehen.“