Lauenburg. Der Kreis Herzogtum Lauenburg hat die Zusatzkosten für den Rollitransport zwar gestrichen, lässt jedoch ein Hintertürchen offen.
Gesetze schreiben heute vor, dass Menschen mit Behinderungen die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglicht werden soll. Über angepasste Planungen soll etwa sichergestellt werden, dass sehbehinderte oder blinde Menschen beziehungsweise Personen, die auf Rollatoren oder Rollstühle angewiesen sind, ohne fremde Hilfe und ohne großen Mehraufwand klarkommen. Stichwort: Barrierefreiheit. Wer aber als Rollstuhlfahrer im Kreis Herzogtum Lauenburg ein Taxi geordert hat, wurde bislang zusätzlich zur Kasse gebeten.
Wo in Mölln für den Transport 6 Euro zusätzlich erhoben wurden, waren es in Geesthacht 12 Euro, in Lauenburg gar 20 Euro. Mit der Novelle der Taxigebühren hat der Kreis beschlossen, diese Zusatzkosten sollen künftig entfallen. Ob dies so durchgesetzt werden kann, daran bestehen jedoch Zweifel. Viele Taxis fahren mit Verlust.
Taxi: Herzogtum Lauenburg will Mehrkosten für Rollstuhlfahrer abschaffen
„Neue Kreisverordnung für den Taxiverkehr im Herzogtum Lauenburg tritt am 1. Juli 2024 in Kraft: Zusatzkosten für den Rollstuhltransport entfallen“, steht über einer entsprechenden Mitteilung im Online-Auftritt der Kreisverwaltung. Bislang hat die Verordnung geregelt, dass die Beförderung von Rollstühlen wie etwa der Blumenschmuck für Hochzeitsfahrten jeweils einzeln als Sonderaufwand abgerechnet werden durften. Dies sei „eine veraltete Regelung, die mit dem Gleichbehandlungsgedanken nicht mehr vereinbar ist und daher künftig entfällt“, so der Kreis. Der Passus wurde in der neuen Verordnung kurzerhand gestrichen.
„Entsprechende Regelungen sind in anderen Kreisen bereits gekippt worden“, sagt Siegfried Betge, Behindertenbeauftragter der Stadt Lauenburg. Die Regelung in der neuen Verordnung aus Ratzeburg sei zwar „etwas schwammig“, doch sei sie ein Schritt in die richtige Richtung, sagt der Mann, der das Thema mit Unterstützung von Rollstuhlfahrern vorangetrieben hat.
Viele Rollstühle passen in keinen Kofferraum
Schwammig deswegen, weil das Erheben von Rollstuhl-Gebühren nicht explizit ausgeschlossen wird. „Hamburg und Berlin etwa verbieten in ihren einschlägigen Bestimmungen, dass Extra-Gebühren erhoben werden dürfen“, sagt Betge.
Rollstuhlfahrer Nikolaus Noack hat da seine Zweifel. Handele es sich bei dem Rollstuhl um kein Modell, das etwa wie ein Rollator zusammengeklappt im Kofferraum transportiert werden könne, würden speziell ausgerüstete Fahrzeuge mit Rampe für Menschen benötigt, die ständig auf einen Rolli angewiesen sind. „Die Mehrkosten je Fahrzeug addieren sich schnell auf 25.000 Euro und mehr, das sind doch für Taxi-Unternehmen keine Peanuts.“
Wer finanziert Mehrkosten von etwa 25.000 Euro je Fahrzeug?
Die 20 Euro je Fahrt in Lauenburg schmerzten, sagt Noack. Anders etwa als in Hamburg, wo „die Mehrkosten subventioniert werden“, habe der Kreis jedoch nicht die Absicht, das Gleiche zu tun, weiß der Lauenburger. Er hält dies für gefährlich: „Auch Taxi-Unternehmen müssen auf Wirtschaftlichkeit achten. Allein die Hoffnung, dass die wenigen, von den Kassen finanzierten Krankenfahrten für die Gegenfinanzierung reichen, das kann ich so nicht glauben.“
Ein Anruf beim örtlichen Taxi-Unternehmen habe seine Vermutung bestätigt, dort würden weiterhin 20 Euro für den Transport von Rollstuhlfahrern aufgerufen. Der Inhaber von Rufer-Taxi war Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
In Lauenburg bleibt es zunächst bei 20 Euro Zuschlag je Fahrt
Ein Mitarbeiter bestätigte jedoch, dass es aktuell bei den 20 Euro bleibe. „Die Rampe ausfahren, dem Fahrgast ins Fahrzeug helfen, dort dann den Rollstuhl entsprechend zu sichern, das kostet doch Zeit. Das wäre doch auch der Fall, wenn währenddessen nur das Taxameter liefe.“
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„Es ist derzeit nicht vorgesehen, dass der Kreis Mehrkosten trägt“, bestätigt Kreissprecher Tobias Frohnert auf Nachfrage. Mit der Streichung der Rollstühle aus der Taxi-Gebührenordnung fehle jetzt die Rechtsgrundlage, für deren Transport Sondergebühren zu erheben.
Momentan seien die notwendigen Fahrzeuge in den Unternehmen vorhanden. Sollten diese sich künftig jedoch entscheiden, von Ersatzbeschaffungen Abstand zu nehmen, könnte dies politische Diskussionen auslösen, schätzt Frohnert „Möglicherweise stände an deren Ende dann die Entscheidung, doch eine Kostenübernahme in Erwägung zu ziehen. Oder auch die finanzielle Förderung von entsprechend ausgestatteten Fahrzeugen.“