Reinbek. Er hat angepackt und Projekte angeschoben. Wer kümmert sich jetzt um die maroden Straßen? Die Hintergründe der Personalie.

Er hatte sich viel vorgenommen und ein gutes Tempo vorgelegt: Bis 2040 wollte Reinbeks Tiefbauamtschef Uwe Eckstein 80 Prozent der maroden Straßen der Stadt saniert haben. Nun müssen das andere machen, der 58-Jährige verlässt nach rund anderthalb Jahren wieder das Rathaus. Das Bedauern über den bevorstehenden Weggang ist groß, „Das war ein Guter“, heißt es sowohl aus der Politik, aus der Mitarbeiterschaft als auch von den Bauunternehmen, mit denen er zusammengearbeitet hat.

Der Tiefbauingenieur habe ein Angebot aus der Privatwirtschaft erhalten, ist nach Informationen unserer Redaktion die offizielle Begründung. Allerdings hatte Eckstein im Februar dieses Jahres im Interview berichtet, dass er bewusst nach 32 Jahren aus der Privatwirtschaft in die Verwaltung gewechselt sei, wo er zum ersten Mal eine 39-Stunden-Woche genossen hat. Ein Recruiter hatte im Auftrag der Stadt Eckstein vom Wechsel überzeugen können. 17 Monate war die Stelle zuvor unbesetzt gewesen. Viele Groß- und Kleinprojekte waren in der Zeit liegen geblieben.

Beliebter Tiefbauchef verlässt Reinbek schon wieder

Die hatte der erfahrene Bauingenieur wieder ins Rollen gebracht. In seiner kurzen Zeit hat er den Neubau der Pionierbrücke realisiert. Er hat die Sanierung des Parkdecks samt Tiefgarage an der Bergstraße angeschoben, die ab Spätsommer realisiert werden soll. Ebenso hat er die umfangreiche Erneuerung der Gutenbergstraße im Gewerbegebiet für acht Millionen Euro begleitet. Damit soll noch in der zweiten Jahreshälfte begonnen werden. Auch die seit mehr als einem Jahrzehnt andauernde Geschichte um die mangelbehaftete Holländerbrücke hat mit ihm ein gutes Ende gefunden: Im Juli sollen die Mängel beseitigt werden, ein Unternehmen ist gefunden, der Auftrag ist erteilt.

Lediglich beim Ausbau des Glinder Wegs wurde der erfahrene Straßen- und Brückenbauexperte von Bürgermeister Björn Warmer persönlich gestoppt. Die Planung stand, das Geld war freigegeben, im April sollten die Bagger anrollen. „Ich möchte das Konzept noch einmal auf den Prüfstand stellen und ganzheitlich überarbeiten. Ob Fußgänger, Radfahrer, ÖPNV oder Autoverkehr – die Belange für alle Verkehrsteilnehmer sind hier bislang nicht ausreichend berücksichtigt“, begründete Warmer sein Veto. „Wir waren davon ziemlich überrascht und wurden als Politik vorher auch nicht informiert“, sagt Günter Herder-Alpen, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Ob der plötzliche Stopp dazu geführt hat, dass Eckstein ins Grübeln kam, bleibt offen. Er selbst möchte sich zum Weggang nicht äußern und verweist auf anwaltlichen Beistand.

Im Tiefbauamt arbeiten fünf statt sieben Personen

Die angeschobenen Projekte müssen nun von den verbleibenden fünf Mitarbeitern im Tiefbauamt fortgeführt werden. Eigentlich sollen hier sieben Personen arbeiten. Neben dem Leiter wird aktuell noch ein Techniker gesucht.

Eckstein selbst hatte immer betont, dass er ein sehr motiviertes und gutes Team vorgefunden habe. „Mit seinem Weggang geht wichtige Kompetenz verloren. Unsere Befürchtung ist, dass der Ausbau von Straßen, Rad - und Fußgängerwegen weiter ins Stocken gerät“, sagt Niklas Schwab. Der CDU-Mann weiß als langjähriger Vorsitzender des Bauausschuss und jetziger Stellvertreter, dass es mitunter Jahre dauert, bis Projekte auf den Weg gebracht werden.

Erfahrene Projektleiterin verlässt Reinbek ebenfalls

Zumal die Position des Tiefbauleiters nicht die einzige ist, die frei wird. Ebenfalls verlässt die erfahrene Projektleiterin Kathrin Zur-Lage das Rathaus. „Nach zehn Jahren ist es Zeit für etwas Neues“, sagt die 49 Jahre alte Architektin, die es beruflich nach Hamburg zieht. Wann sie genau geht, steht noch nicht fest. Sicher aber ist, dass sie beim großen Umzug der Feuerwehrleute am kommenden Sonnabend ins neue, hochmoderne Feuerwehrgebäude am Mühenredder dabei sein wird. Den Neubau hat die Architektin maßgeblich betreut. „Ich blicke auf eine gute, spannende Zeit in Reinbek zurück, in der ich viel freie Hand hatte“, sagt sie. Sie habe sie fast ein schlechtes Gewissen, dass nun zwei Fachkräfte die Verwaltung verlassen.

Damit die Lücken nicht zu groß werden, sollen die Stellen schnellstmöglich nachbesetzt werden. Die Stelle des Tiefbauamtschef soll laut Lennart Fey, Leiter Organisation und Personalentwicklung, im Reinbeker Rathaus spätestens im Juli ausgeschrieben werden. „Parallel dazu werden wir wieder einen Recruiter einschalten“, sagt Fey. Ohne den sei es kaum möglich, Kandidaten zu finden. Im technischen und IT-Bereich sei die Not besonders groß. „Der Fachkräftemangel trifft uns voll, da sind wir keine Ausnahme“, sagt Bürgermeister Björn Warmer, allerdings könne der öffentliche Dienst eben nicht mit Dienstwagen und doppeltem Gehalt locken. Dafür aber mit Homeoffice und mobilem Arbeiten und ganz neu mit einem Deutschlandticket für 21 Euro.

Ob es nur an dem Fachkräftemangel liegt, das vermag der Grüne Günther Herder-Alpen nicht zu sagen: „So viele Kündigungen im Rathaus wie derzeit habe ich in den 30 Jahren Politik noch nicht erlebt“, sagt Herder-Alpen, der zudem von einer frei werdenden Stelle im Umweltamt weiß. Dem widerspricht Björn Warmer: „Vor zwei Jahren hatten wir noch größere Probleme im Tiefbauamt.“ Da konnte in der Vergangenheit viel kompensiert werden. „Und genau das hoffe ich jetzt auch.“