Ahrensburg. Besserung ist nicht in Sicht, weil die Verursacher nur selten erwischt werden. Was die fachgerechte Entsorgung die Kommunen kostet.
Berge von Bauschutt, ausgediente Elektrogeräte, Reste von Maler- und Renovierungsarbeiten, ausrangiertes Badinventar wie Waschbecken, Wannen und Kloschüsseln – es ist unfassbar, was auf Wald- und Wirtschaftswegen des Kreises Stormarn illegal entsorgt wird. In jeder einzelnen Woche des Jahres werden mehrere solcher Fälle von verantwortungslosem Umweltfrevel aktenkundig. Dabei drohen bei einer erfolgreichen Rückverfolgung zum Teil erhebliche Bußgelder von bis zu 100.000 Euro. Bei Bauschutt und Sperrmüll werden in Abhängigkeit von der Menge zwischen 50 und 1500 Euro fällig, bei Altreifen können es ab fünf Stück schon mal 1000 Euro sein. Das ist aber offenbar nicht Abschreckung genug. Weil die Überführung der Täter oft schwierig bis unmöglich ist.
„Zwar sind im ersten Quartal dieses Jahres 54 Fälle angezeigt worden und im zweiten bis dato 48 weitere. Alles in allem haben diese Fälle seit 2020 aber nicht zu-, sondern eher abgenommen“, sagt Jacqueline Fischer, Sprecherin der zuständigen Polizeidirektion in Ratzeburg. Gleichwohl werde jedem Fall nachgegangen. Insbesondere dann, wenn es sich um „gefährliche Ablagerungen“ handelt.
Gefährliche Substanzen erfüllen Straftatbestand
Das sei etwa bei Elektrogeräten, asbesthaltigen Stoffen, Dämmwolle, Schlachtabfällen sowie Flüssigkeiten wie Altöl, Farbe und anderen giftigen Substanzen der Fall, so Fischer. Dabei handele es sich nämlich sogar um Straftatbestände, weil bei dieserart entsorgtem Abfall von einem deutlich höheren Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt ausgegangen werden müsse.
Es gibt durchaus „einige bekannte Hotspots“ im Kreis Stormarn, an denen wiederholt illegale Abfallablagerungen registriert worden sind. Um keine Nachahmer auf den Plan zu rufen, wollte die Direktion hier aber keine näheren Angaben machen. „An allen möglichen Stellen werden Abfälle unerlaubt abgelagert“, so Fischer. Dazu gehören bevorzugt abgelegene Feld- und Waldwege, aber auch schwer einsehbare Feldränder und vor allem Plätze mit Recycling-Containern.
Zwei Kubikmeter Schutt an den Oher Tannen
Grundsätzlich sei Südstormarn als Randgebiet zur Hansemetropole Hamburg eher betroffen als der ländlich geprägte Nordkreis. So sind in der zweiten Juni-Woche auf einem Waldweg an den Oher Tannen (Reinbek) gerade erst wieder zwei Kubikmeter Bauschutt abgekippt worden, der offenbar von einer Badentkernung stammte. Jedenfalls fand sich neben abgeschlagenen Fliesen auch eine alte Toilettenschüssel am Fundort.
Vor einem Jahr sorgte ein noch viel dreisterer Fall für Schlagzeilen. Anfang Juli 2022 hatten unbekannte Täter Mauerreste, Metallteile und Styroporplatten an einem Wanderweg entsorgt, der zum Naturschutzgebiet Ahrensburger Tunneltal gehört. Auf 1,5 Tonnen summierte sich hier der vollkommen deplatzierte Unrat.
Bauhofchefin: „Neue Qualität der Dreistigkeit“
Von einer „neuen Qualität der Dreistigkeit“ hatte seinerzeit die Ahrensburger Bauhofleiterin Sieglinde Thies gesprochen. Zuvor seien vor allem die Standorte der Abfallsammelcontainer und deren Umgebung bekannte Brennpunkte für die illegale Entsorgung von Sperrmüll und Elektroschrott gewesen. Typische Beispiele sind etwa die Anlagen an der Otto-Siege-Straße, am Aalfang und am Parkplatz Wolfsschlucht.
Selbst Banner mit Hinweisen auf legale, kostenlose Entsorgungsmöglichkeiten, haben an dieser Unart bislang wenig ändern können, im Gegenteil. Kommunen wie die Schlossstadt Ahrensburg mussten in den vergangenen Jahren immer mehr Geld aufwenden, um die Hinterlassenschaften der Abfallsünder fachgerecht zu entsorgen.
Ahrensburg hat Mehrkosten von 28.000 Euro
„Kamen wir früher mit Zusatzkosten von 7000 bis 8000 Euro im Jahr aus, so waren es 2018 erstmals über 10.000 Euro und 2019 schon 17.000 Euro“, berichtet Sieglinde Thies. Geradezu explodiert seien die Mehrkosten dann in den Jahren der Corona-Pandemie. „In Zeiten des verstärkten Homeoffice haben offenbar viele Bürger die Gelegenheit genutzt, nebenbei Keller und Dachböden zu entrümpeln und das heimische Mobiliar auszutauschen“, so Thies.
In der Folge hätten die Mitarbeiter des Bauhofs doppelt so viele Touren zu den Recyclinghöfen der Abfallwirtschaft Südholstein (AWSH) und der Müllverbrennungsanlage Stapelfeld organisieren müssen, um der illegalen Ablagerungen Herr zu werden. Deshalb seien in den vergangenen drei Jahren Mehrkosten zwischen 26.000 und 28.000 Euro entstanden.
Bauschutt-Mengen auf AWSH sind rückläufig
Dabei werden die Containerplätze von der AWSH ohnehin auftragsgemäß zwei- bis dreimal pro Woche gereinigt. „Auch uns entstehen dadurch zusätzliche Kosten, die bei jährlich rund 400.000 Euro liegen und von den Bürgern über die Abfallgebühr mitgetragen werden müssen“, sagt AWSH-Prokurist Olaf Stötefalke.
Die kreiseigene Gesellschaft wird im Übrigen auch involviert, wenn illegale Abfallablagerungen außerhalb von Ortsgrenzen fachgerecht zu entsorgen sind, was in die Zuständigkeit des Kreises fällt. „Das war in den ersten sechs Monaten dieses Jahres zehnmal der Fall“, so Kreissprecher Michael Drenckhahn. Von einer Zunahme solcher Vergehen wollte er nicht sprechen, im ersten Halbjahr 2022 seien es immerhin noch 18 gewesen. Die Verursacher konnten allerdings in keinem einzigen Fall dingfest gemacht werden.
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Unterdessen sind die regulären Annahmen von Bauschutt auf den AWSH-Recyclinghöfen im Kreis Stormarn und im Herzogtum Lauenburg in den vergangenen drei Jahren deutlich rückläufig gewesen. Lag die Gesamtmenge 2020 noch bei 7610 Tonnen, so ist sie 2021 auf 7180 Tonnen und im Vorjahr auf 5668 Tonnen gesunken.
Dabei ist die Selbstanlieferung vergleichsweise günstig und beträgt pro 100 Liter 5,50 Euro. Deutlich teurer wird es bei professionellen Entsorgern. Hier schlagen Abholung und Entsorgung in Abhängigkeit vom Abfuhrort und auf einen Kubikmeter berechnet in der Regel mit dem doppelten Betrag zu Buche. Wer sich ein neues Bad oder eine neue Küche leisten kann, sollte über dieses Geld eigentlich verfügen. Die illegale Entsorgung kann jedenfalls um ein Vielfaches teurer werden.