Reinbek. Knapp zwei Jahre war die Verbindung zwischen Reinbek und Bergedorf über die Bille gekappt. Jetzt ist ein Ende in Sicht.
„Schön ist sie geworden – vor allem das hintere Stück mit den Holzbohlen, der Aussichtsplattform und dem Handlauf aus Holz gefällt mir“, sagt Rüdiger Weissenhorner beim Anblick der neuen Pionierbrücke. Mit diesem Urteil ist der Bergedorfer nicht allein. „Wow“ und „toll“ entfährt es den meisten Passanten und Hundespaziergängern, die die neue Brücke über die Bille begutachten.
Rüdiger Weissenhorner ist passionierter Radfahrer und kann es kaum abwarten, endlich wieder seine beliebte Radrunde im Reinbeker Krähenwald zu drehen. Die Pionierbrücke ist die einzige und sehr beliebte Verbindung zwischen dem Bergedorfer Gehölz in Wentorf und Bergedorf rüber nach Reinbek. Knappe zwei Jahre war die Verbindung zwischen den beiden Bundesländern gesperrt.
Spaziergänger müssen sich nicht mehr lange gedulden
Das hat bald ein Ende: „Die Brücke ist fertig, die mängelfreie Bauabnahme war am Anfang dieser Woche“, freut sich Uwe Eckstein, Leiter des Reinbeker Tiefbauamtes. Und dennoch ist sie noch nicht frei gegeben, bleiben die Absperrgitter zu beiden Seiten weiter stehen. Sie sind nun auch wieder mit einem Schloss gesichert.
Besonders Ungeduldige hatten die Gitter in der Vergangenheit einfach beiseite geschoben oder sind rübergeklettert, um dann über die halb fertige Brücke teils ohne Bohlen zu balancieren. „Aus Versicherungsgründen ist das keine gute Idee“, sagt Uwe Eckstein. Denn streng genommen sei die Brücke eine nicht frei gegebene Baustelle. Wer sie verbotenerweise betritt, handelt auf eigenes Risiko.
Mitarbeiter des Bauhofs müssen nun noch Pflasterarbeiten durchführen
Doch allzu lange müssen sich Anwohner, Radfahrer und Spaziergänger nicht mehr gedulden: „Spätestens Mitte Januar wird die Brücke offiziell für alle passierbar sein“, kündigt Eckstein an. Das Brandenburger Unternehmen Okra Steganlagen habe gute Arbeit geleistet und ist schneller fertig geworden als geplant. Zuletzt war die Freigabe einen Monat später geplant. Letzte Restarbeiten stehen aber noch aus.
Mitarbeiter des Bauhofs müssen nun noch Pflasterarbeiten auf der Reinbeker Seite durchführen. „Das dauert aber nur wenige Tage. Die Pflastersteine liegen bereit und die Fläche mit zehn Quadratmetern ist nicht groß“, versichert Eckstein. Gleich Anfang des Jahres soll es mit den Arbeiten losgehen.
Trotz Zeitverzögerung: Baukosten sind gleich geblieben
Eckstein blickt zufrieden auf die neue Brücke, einem 1,4 Millionen Euro teuren Gemeinschaftsprojekt von Hamburg und Reinbek. Wo das 18 Meter Hamburger Brückenstück endet und das Reinbeker beginnt, ist genau zu erkennen. Die Hamburger Brückenseite besteht rein aus Alu. Das rief nicht nur Kritik hervor, sondern führte auch zu Problemen während des Baus. Denn für die Aluherstellung braucht es Magnesium, und das wurde Ende 2021 knapp.
Den Großteil des weltweiten Bedarfs liefert China. Doch die Chinesen hatten aus Energiespargründen die Produktion gedrosselt. Nicht nur die gesamte Autoindustrie stöhnte, auch der Hersteller der neuen Pionierbrücke in Süddeutschland bekam den Mangel zu spüren und kam in Zeitverzug. Aus anvisierten sechs Monaten Bauzeit wurden nun insgesamt 19 Monate: Als Hamburg endlich fertig war, durfte Reinbek nicht mehr bauen.
Während der Brutzeit darf hier nicht gerammt, gebohrt oder gehämmert werden
Denn die Pionierbrücke, die ihren Namen trägt, weil die beiden Vorgänger aus Holz einst von Pionieren eines Hamburger Bataillons errichtet wurden, liegt im Naturschutzgebiet. Hier darf nicht während der Brutzeit gerammt, gebohrt oder gehämmert werden.
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Und genau diese besonders schützenswerten Tier- und Pflanzenarten sollen zukünftig den Spaziergängern nähergebracht werden. Auf der Aussichtsplattform will die Stadt Reinbek noch Hinweistafeln in Zusammenarbeit mit dem BUND anbringen.
Trotz Zeitverzögerung, Materialmangel und Inflation: Die Baukosten sind gleich geblieben. Der Anteil Reinbeks für seine 64 Meter lange Vorderlandbrücke aus Stahl und witterungsbeständigem Eichenholz beträgt knapp 700.000 Euro. 150.000 Euro gibt der Europäische Landschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums dazu.
Noch nicht einmal eingeweiht und schon besprayt
Zeit war es längst, die 24 Jahre alte Holzbrücke gegen eine neue zu ersetzen. „Die Pfähle waren schon sehr morsch“, sagt Eckstein. Die Vorgängerbrücke war bereits ein Ersatzbau. Die erste Billebrücke wurde 1965 ebenfalls von Pionieren errichtet: als Ersatz für eine zuvor dort pendelnde Bootsfähre.
Dass die neue Gemeinschaftsbrücke länger hält als ihre Vorgänger, davon ist der Bauingenieur überzeugt. „Wir haben mindestens 30 Jahre lang Ruhe“, schätzt Eckstein, der das Projekt von seinem Vorgänger übernommen und umgesetzt hat. Der 58-Jährige ist vor einem Jahr ins Reinbeker Rathaus gewechselt und hat zuvor jahrzehntelang bundesweit Fuß-, Autobahn- und Eisenbahnbrücken gebaut. Wovor das Bauwerk allerdings nicht gefeit ist, sind Sprayer. Die haben schon jetzt vor der offiziellen Eröffnung ihre Graffitisprüche und Zeichen auf dem Geländer hinterlassen.