Reinbek. Nach 32 Jahre aus der freien Wirtschaft ins Rathaus: Tiefbauchef Uwe Eckstein (58) will jetzt vieles anpacken. Die Details.

Oft genügt ein Blick, und Uwe Eckstein weiß, wie es um den Zustand der Straße bestellt ist. Der 58-Jährige ist als Chef des Tiefbauamtes für mehrere Hundert Kilometer Asphalt in Reinbek verantwortlich. Um die ist nicht gut bestellt: „70 Prozent der Straßen sind sanierungsbedürftig“, sagt Eckstein. Was Laien nicht sehen: Der Unterbau ist in vielen Fällen kaputt und hat dem zunehmenden Verkehr der vergangene Jahre und Jahrzehnte nicht standgehalten.

Nach 32 Jahren aus der freien Wirtschaft in die Verwaltung gewechselt

„Das ist das Problem vieler Kommunen“, sagt Eckstein. Zufrieden gibt sich der Bauingenieur damit aber nicht. Er sieht es als seine Aufgabe, „dafür zu sorgen, den Zustand der Straßen zu verbessern oder zu erhalten“. Und diese Aufgabe nimmt der Straßenexperte ernst. Er hat sich vorgenommen, das bis spätestens 2040 etwa 80 bis 90 Prozent der Reinbeker Straßen auf Vordermann gebracht sind. Er wird dann zwar schon im Ruhestand sein, aber anschieben möchte der gebürtige Nordrhein-Westfale die Projekte dennoch.

„Wenn man mich lässt“, sagt er. Denn der Ingenieur hat mit seinem Wechsel aus der freien Wirtschaft die Erfahrung gemacht, dass „die Mühlen in der Verwaltung langsamer mahlen“. 32 Jahre hat Eckstein Großprojekte betreut, über viele 100.000 Euro entschieden und Mitarbeiter angeleitet. Ohne ihn würde eines der größten Infrastrukturprojekte Hamburgs, die Rethedoppelklappbrücke, nicht stehen. Hier hat Eckstein den Unterbau verantwortet. Auch der Verkehr über die A7 würde womöglich noch langsamer rollen – an der Betonsanierung vor dem Elbtunnel hat er zwei Jahre gearbeitet. Dann wechselte er ins Reinbeker Rathaus.

Stelle 17 Monate unbesetzt – Headhunter überzeugt Eckstein

17 Monate war die technische Leitungsstelle im Rathaus unbesetzt, waren viele Projekte liegen geblieben. Dann stieß ein Headhunter einer Personalvermittlungsfirma auf Eckstein und konnte ihn überzeugen. „Es war nie mein Ziel, in einer Verwaltung tätig zu sein“, gibt er ehrlich zu. Bereut hat der freundliche Mann den Wechsel nicht, ist er doch in einem motivierten Team gelandet. Mit Zulagen verdient Eckstein nun ähnlich viel wie vorher, verzichtet aber auf einen Dienstwagen. „Dafür habe ich zum ersten Mal in meinem Leben eine 39-Stunden-Woche“, sagt er. Sonst war er es gewohnt, 60 Stunden in der Woche zu arbeiten. „Die neue Freiheit genieße ich sehr und habe endlich Zeit, eine Fußballmannschaft mit zu trainieren“, sagt der Vater zweier erwachsener Söhne.

„Die gute Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben ist ein großer Vorteil des öffentlichen Dienstes“, sagt Lennart Fey, Leiter der Personalentwicklung. Fey widerspricht dem Vorurteil, dass die Privatwirtschaft per se besser bezahle: „Gerade in der Privatwirtschaft gibt es oftmals prekäre Arbeitsverhältnisse, arbeiten einige zum oder unter Mindestlohn, sind Überstunden unbezahlt und werden Arbeitsschutzgesetze nicht eingehalten.“

Dennoch wird es für die Verwaltung mit aktuell 261 Mitarbeitern in Kita, Schule und Rathaus immer schwieriger, Stellen mit Fachkräften zu besetzen. Dies trifft fast alle Bereiche gleichermaßen. „Wir verzeichnen deutlich weniger qualifizierte Bewerbungen als es noch vor ein paar Jahren“, sagt Fey. Aktuell sind elf Stellen unbesetzt. Die Mehrzahl werde in nächster Zeit nachbesetzt, sagt der Personalchef.

Bauarbeiten an der Holländerbrücke sollen endlich im Mai beginnen

Für viele, die sich für eine Stelle bei der Stadt entscheiden, ist „sinnstiftendes Arbeiten“ wichtig: „Bei uns kann man eine ganze Stadt mitgestalten“, sagt Fey.

Ein Punkt, der auch Uwe Eckstein gefallen hat. Erste Spuren wird er im nächsten Jahr hinterlassen, dann beginnt der Ausbau des Glinder Wegs, der Gutenberg- und Borsigstraße sowie des Dohlenstiegs. Die Ausschreibungen gehen im Januar raus. Das Pflaster für 10.000 Quadratmeter Geh- und Radweg hat die Stadt schon eingelagert – auf Anraten Uwe Ecksteins. Hintergrund ist, dass sich ab Januar die Preise für Baumaterialien bis zu 30 Prozent erhöhen. 30.000 Euro hat er durch seine „wirtschaftliche Weitsicht“ so für die Stadt eingespart.

Ebenfalls Anfang 2023 erfolgt die zweite Ausschreibung zur Mängelbeseitigung an der Holländerbrücke. Eigentlich sollte die Baumaßnahme schon im Sommer abgeschlossen sein, doch auf die erste Ausschreibung im Mai hatte sich keine einzige Firma beworben. Ursache sind lange Lieferzeiten für Baumaterialien, deshalb konnten die Firmen die geforderten Fertigstellungsfristen nicht einhalten. „Die haben wir jetzt angepasst“, sagt Eckstein. Er rechnet damit, dass im Mai 2023 endlich die Arbeiten an der Holländerbrücke, eine von 20 Brücken in der Stadt, aufgenommen werden.

Bis dahin wird über die Zukunft des Parkdecks samt Tiefgarage beim Rewe-Markt an der Bergstraße noch nicht entschieden sein. Das stadteigene Gebäude aus Ende der 1980er-Jahren ist in keinem guten Zustand, es ist von innen feucht. „Die Sanierungskosten werden auf 1,5 Millionen Euro geschätzt“, sagt Eckstein. Aus wirtschaftlicher Sicht plädiere er für Abriss. Darüber aber kann er nicht entscheiden. Das liegt in den Händen der Politik.