Ahrensburg. Gerd Burmeister mag es sportlich. Als Direktor hat er den Wandel des Eric-Kandel-Gymnasiums in Ahrensburg mehr als 15 Jahre geprägt.
Die meisten Regale im Büro von Gerd Burmeister sind schon leer geräumt, die Wände mit Ausnahme einiger Kurspläne und besonderer Erinnerungsstücke blank. Zum Ende des Schulhalbjahrs am Freitag, 28. Januar, wird Burmeister seinen Schreibtisch als Leiter des Eric-Kandel-Gymnasiums in Ahrensburg nach fünfzehneinhalb Jahren räumen und sich in den Ruhestand verabschieden. „Ich gehe zufrieden in dem Wissen, dass ich während meiner Dienstzeit viele wegweisende Prozesse mitprägen konnte“, sagt der scheidende Direktor, der im Februar 65 Jahre alt wird.
Schulleiter des Eric-Kandel-Gymnasiums verabschiedet sich in den Ruhestand
Davon gab es reichlich in den vergangenen 15 Jahren, die Burmeister an der Spitze des Gymnasiums stand. Und so geht mit dem Abschied des Direktors auch für die Schule eine Ära zu Ende. Als Burmeister den Posten im August 2006 übernahm, da war G8 in Schleswig-Holstein noch nicht eingeführt, es gab das dreigliedrige Schulsystem mit getrennter Haupt- und Realschule und Leistungskurse in der Oberstufe. Und nicht nur das: Auch der Name des Gymnasiums war damals noch ein anderer. „Gymnasium im Schulzentrum Am Heimgarten“ lautete 2006 die offizielle Bezeichnung der Bildungseinrichtung. Seit 2015 ist das Gymnasium nach dem amerikanisch-österreichischen Neurowissenschaftler und Nobelpreisträger Eric Kandel benannt.
Mit der Ahrensburger Schullandschaft war Burmeister bei Amtsantritt bereits bestens vertraut. Nach Studium und Referendariat begann er an der Stormarnschule seine Laufbahn als Pädagoge. Dort unterrichtete er 13 Jahre lang die Fächer Biologie und Geografie, von 1987 bis 1997 und noch mal von 2003 bis 2006. Dazwischen lag ein Auslandsaufenthalt in London.
Ursprünglich war Geologe Burmeisters Berufswunsch
Dort lehrte er gemeinsam mit seiner Frau, die Englisch und Französisch unterrichtet, sechs Jahre an der deutschen Schule. „Rückblickend war das eine fantastische Zeit“, sagt der Vater dreier erwachsener Töchter und zweifache Großvater. 2003 kehrte Burmeister nicht nur an seinen alten Arbeitsplatz zurück, sondern auch in seine Heimat Hamburg-Sasel, wo der 64-Jährige aufgewachsen ist und auch heute noch lebt. „Ich kam mit einer Schachtel voller Ideen aus London zurück“, erinnert sich Burmeister. Um diese verwirklichen zu können, bewarb er sich auf den Spitzenjob als Schulleiter. Dabei wollte Burmeister eigentlich nicht einmal Lehrer werden.
„Geologe war ursprünglich mein Berufswunsch“, erzählt er. Doch nach zwei Semestern wechselte Burmeister ins Lehramtsstudium. „Ich habe immer gern mit Kindern gearbeitet“, sagt er und fügt schmunzelnd hinzu: „Vielleicht war ich auch familiär ein bisschen vorbelastet.“ Auch Großvater, Urgroßvater und Ururgroßvater seien Lehrer gewesen. „Nur mein Vater hat die Tradition nicht fortgeführt.“
Zur Arbeit erschien der Schulleiter häufig in Turnschuhen
Am Heimgarten-Gymnasium beerbte Burmeister Gerhard Förderer, der den Posten des Direktors krankheitsbedingt nach nur fünf Jahren abgeben musste. Der schülernahe Ansatz des neuen Direktors kommt an. Burmeister erscheint häufig in Turnschuhen zur Arbeit. Er lässt es sich nicht nehmen, die neunten Klassen jeweils selbst in Geografie zu unterrichten. „Um alle Schüler einmal persönlich kennenzulernen“, sagt er.
Von Beginn an verstand es Burmeister vor allem als seine Aufgabe, das Profil der Schule nach außen zu schärfen. „Das Gymnasium wurde vor allem als Teil des Schulzentrums und kaum als eigenständige Schule wahrgenommen“, sagt der 64-Jährige. Und so habe es die Bildungseinrichtung schwer gehabt, sich gegenüber dem alteingesessenen Gymnasium Stormarnschule und der renommierten Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule, die ebenfalls über eine eigene Oberstufe verfügt, zu behaupten. Die Betonung der Eigenständigkeit war auch ein entscheidender Grund für den Namenswechsel.
Besuch von Nobelpreisträger hinterließ bleibenden Eindruck
„Wir haben drei Jahre in verschiedenen Gremien unter Beteiligung von Schülern, Eltern und Lehrern nach Vorschlägen gesucht“, erzählt Burmeister. In dem heute 92 Jahre alten Kandel, der in New York lebt, habe man einen „hervorragenden Namenspatron“ gefunden. „Eric Kandel hat an der Aplysia-Schnecke erforscht, wie das Gedächtnis funktioniert, wie der Lernprozess abläuft“, sagt Burmeister. Diesen Prozess lebe die Schule täglich in der Praxis. Dreimal war der Nobelpreisträger seit 2015 an „seinem“ Gymnasium zu Besuch, zuletzt 2017. „Nicht viele Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit, den Namensgeber ihrer Schule persönlich kennenzulernen“, sagt Burmeister.
Als „eindrucksvollste Begegnung meiner Laufbahn“ beschreibt der Direktor rückblickend die Besuche des Neurowissenschaftlers. „Eric Kandel besticht nicht nur durch sein Wissen, sondern auch durch seinen Charme und seine Menschlichkeit, er ist eine unglaublich faszinierende Person“, schwärmt er. Der Namenswechsel und die offensive Werbung des Gymnasiums zahlen sich aus. „Seit zwei Jahren haben wir von den vier weiterführenden Schulen in Ahrensburg die meisten Neuanmeldungen bei den fünften Klassen“, erzählt Burmeister stolz.
Schülerzahl ist während Burmeisters Dienstzeit deutlich angewachsen
Die Schülerzahl ist seit 2006 von etwa 500 auf jetzt 714 gewachsen, das Lehrerkollegium von 49 auf 63 Pädagogen. Aktuell stößt das Gymnasium an seine Kapazitätsgrenzen. „Das liegt auch am starken Zuzug junger Familien nach Ahrensburg“, sagt Burmeister. Zwei Klassen sind mangels Räumen in Containern untergebracht. Gleichzeitig steht die 30 Millionen Euro teure Sanierung des Hauptgebäudes von 1973 an. „Das werden die großen Herausforderungen für meinen Nachfolger“, sagt der scheidende Schulleiter. Wer den Posten übernimmt, steht aktuell noch nicht fest.
Burmeister ist froh, die Verantwortung nun in andere Hände geben zu können, auch wenn er sich seinen Abschied anders vorgestellt hat. „Es ist schade, dass ich meine Laufbahn nun während der Pandemie beende“, sagt er. Zuletzt habe sich seine Aufgabe „von der Schulentwicklung hin zu permanentem Krisenmanagement“ verschoben. Auch deshalb freue er sich, nun wieder mehr Freizeit zu haben. Was er für die Zukunft plant, möchte der 64-Jährige, der im Verein Tennis und Golf spielt, nicht verraten. „Ich möchte nicht festgelegt werden“, sagt er. Am kommenden Freitag wird der 64-Jährige bei einer Feierstunde offiziell verabschiedet.