Ahrensburg. Bildungsministerium verbietet der seit 2004 amtierenden Oberstudiendirektorin die Dienstausübung. Vorwürfe bleiben intern.

Ein einmaliger Vorgang erschüttert die altehrwürdige Ahrensburger Stormarnschule in ihren Grundfesten: Die Leiterin des Gymnasiums mit rund 750 Schülern ist vom Dienst suspendiert worden. Das hat das Landesbildungsministerium in Kiel auf Anfrage des Hamburger Abendblatts bestätigt. Üblicherweise besteht in solchen Fällen der Verdacht eines erheblichen Dienstvergehens.

Was der Oberstudiendirektorin, die schon seit 2004 im Amt ist, genau vorgeworfen wird, bleibt aber zunächst intern. „Ermittlungen sind eingeleitet“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums. Zu einem laufenden Verfahren könnten aus datenschutz- und personenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Angaben gemacht werden. Deshalb bleibt auch die Frage unbeantwortet, ob beispielsweise schriftliche Unterlagen oder elektronische Datenträger zur Auswertung sichergestellt wurden.

Direktorin ist für Stellungnahme bisher nicht zu erreichen

Der Direktorin wurde ihre Suspendierung vor den noch bis 18. April dauernden Osterferien mitgeteilt. Sie war für eine Stellungnahme bisher nicht zu erreichen.

Den Schulträger hat das Verfahren ebenfalls wie aus heiterem Himmel getroffen. Die Ahrensburger Verwaltung wurde in einer E-Mail aus dem Ministerium darüber informiert, dass die Schulleiterin die Geschäfte nicht mehr führt und ihre Stellvertreterin Silke Vierck diese Aufgabe übernommen hat. „Die Stadt ist als Schulträger beispielsweise für das Gebäude und die Sozialarbeit zuständig, Dienstherr für die Lehrerschaft ist aber das Land“, sagt Rathaussprecher Fabian Dorow. Entsprechend sei man nicht direkt involviert.

Auch Elternvertretung wurde von dem Verfahren überrascht

Auch die Eltern der Schüler hat die Nachricht völlig überraschend getroffen. „Über die Feiertage habe ich etliche Nachfragen von anderen Elternvertretern bekommen“, sagt Thomas Miltsch, Vorsitzender des Schulelternbeirats. Er habe beim Ministerium und in der Schulleitungsrunde nachgehakt. Die Antwort sei gewesen, dass die Direktorin zurzeit nicht in der Lage sei, ihren Dienst weiter auszuüben. „Wichtig ist nun zu klären, wie es nach den Ferien am 19. April weitergeht“, sagt Miltsch.

Im Terminkalender stehen bis Monatsende Abiturprüfungen in Deutsch, Englisch, Mathematik und Französisch. Hinzu kommen die coronabedingten Herausforderungen wie die Organisation von Wechselunterricht und Selbsttests. Miltsch appelliert aber auch daran, sich nicht an Vorverurteilungen zu beteiligen oder Gerüchte zu streuen.

Die 1911 an der Waldstraße eröffnete Stormarnschule ist nach der Oldesloer Theodor-Mommsen-Schule (1875 gegründet) das traditionsreichste Gymnasium in Stormarn. Vorläufer war eine 1906 in einer Villa an der Bismarckallee gegründete Privatschule für Mädchen. Zu den selbst entwickelten Prinzipien zählen laut Schulprogramm Leistung („Wir erwarten Leistung – von Schülern und Lehrern gleichermaßen“) und Stabilität („Durch ein klares Regelwerk bieten wir unseren Schülern Sicherheit und Orientierung“). Musik und interkulturelles Lernen spielen ebenfalls wichtige Rollen.

Bürgermeisterin freute sich zur Begrüßung über „mehr Frauenpower“

Die jetzt freigestellte Schulleiterin wurde im August 2004 in ihr Amt eingeführt – an einem Freitag, dem 13. Die damalige Bürgermeisterin Ursula Pepper sagte zur Begrüßung: „Ich freue mich, dass Sie die Frauenpower in unserer Stadt stärken.“

Die in Lübeck geborene Schulleiterin hatte in Köln und Kiel Englisch und Geschichte studiert und kehrte nach Auslandsaufenthalten in den USA, Kanada und Japan nach Norddeutschland zurück. Vor dem Wechsel nach Ahrensburg war sie Mittelstufenleiterin an einem Gymnasium in Halstenbek. Ihr Motto verriet sie zum Schluss ihrer Einstandsrede: „Was du in anderen Menschen entzünden willst, muss erst in dir selbst brennen.“ Das Zitat wird dem Bischof und Philosophen Aurelius Augustinus (354 – 430) zugeschrieben.

Die Disziplinarmaßnahmen fangen beim Verweis an

Die Bandbreite der gesetzlich festgelegten Disziplinarmaßnahmen gegen Beamtinnen und Beamte ist groß. Sie reicht vom Verweis über eine Geldbuße und die Kürzung der Dienstbezüge bis zur Zurückstufung oder Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. Das Verfahren kann aber auch eingestellt werden.

Das schleswig-holsteinische Bildungsministerium hatte zuletzt im Juni 2017 den Leiter einer Kieler Schule vom Dienst suspendiert. Der Mann sollte seiner Unterrichtsverpflichtung über längere Zeit nicht erfüllt haben. Das Ministerium versetzte ihn schließlich nach einer mehrmonatigen Zwangspause an eine andere Schule in der Nähe von Lübeck.

Fall einer „falschen Lehrerin“ sorgte für Aufsehen

Für Aufsehen sorgte vor einigen Jahren der Fall einer „falschen Lehrerin“. Die gelernte Krankenschwester hatte über zwei Jahrzehnte an Schulen in mehreren Bundesländern unterrichtet. Der Schwindel flog erst auf, als ein Schulleiter in Mölln 2010 nach rund zwei Jahren misstrauisch wurde und ihre Akten prüfen ließ. Ende 2012 wurde die Frau dann suspendiert und wenig später aus dem Beamtenverhältnis entlassen

Das Amtsgericht Kiel verurteilte die aus Wismar stammende Frau schließlich wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu zwei Jahren auf Bewährung. Sie gab zu, erst ihr aus der DDR stammendes Lehrer-Diplom manipuliert und später Urkunden mit Abschlüssen gefälscht zu haben, um in dem Beruf weiterarbeiten zu können.