Ahrensburg. Stadt modernisiert Netzwerkinfrastruktur für IServ-System an Schulen. Eltern unzufrieden mit instabilen Datenverbindungen.


Der aktuelle Online-Schulunterricht, auch bekannt als Distanzlernen, läuft alles andere als rund, sagen Ahrensburger Eltern. Vergangene Woche brach das System IServ, das vielen Lehrern und Schülern im Kreis vernetztes Arbeiten über ein Webportal ermöglicht, vielerorts, auch außerhalb Stormarns, zusammen. "Eine halbe Stunde Einloggzeit pro Jahrgang am Tag, mehr ist über IServ derzeit nicht möglich", so Silke Last, Elternvertreterin im 7. und 10. Jahrgang des Ahrensburger Eric-Kandel-Gymnasiums. In Spitzenzeiten, wenn viele Nutzer gleichzeitig IServ in Anspruch nehmen, gibt es, so berichten es auch andere Eltern, immer wieder Probleme beim Laden von Aufgaben oder beim Zugriff auf den Messenger-Dienst der Plattform. Das kennt Silke Last nur zu gut: "Allein für das Herunterladen von Aufgaben und das Fragenstellen geht schon eine halbe Stunde drauf. So kann das Distanzlernkonzept der Schule nicht umgesetzt werden."

Die Schulen des Schulzentrums Am Heimgarten teilen sich einen Server

Gerd Burmeister, Leiter des Eric-Kandel-Gymnasiums, weiß um die technischen Nöte: "IServ lief in der vergangenen Woche sehr holperig, aber nicht nur bei uns. Wir arbeiten unter Hochdruck an Lösungen. Wir greifen mit der Gemeinschaftsschule Am Heimgarten auf einen gemeinsamen Server zurück und sind gerade dabei, die Schulen zu differenzieren und getrennt zu versorgen. Bis dahin müssen wir mit den vorhandenen Kapazitäten haushalten", so Burmeister. Das wegen der Netzwerkinfrastruktur gemeinsam genutzte IServ-System des Schulzentrums sei laut Anbieter IServ für mehr als 1300 Schüler ausgerichtet, so der Schulträger Stadt Ahrensburg auf Nachfrage unserer Redaktion. In der Praxis stößt dieses System jedoch an Belastungsgrenzen. 

Wegen der Systemüberlastung nutzt die Gemeinschaftsschule Am Heimgarten Videokonferenzen vor allem außerhalb der Kernzeiten und "nur dann, wenn der  Unterrichtsstoff das zwingend notwendig macht", sagt Schulleiter Thomas Gercke. "Bislang haben wir damit gute Erfahrungen gemacht. Viele unserer Schüler arbeiten zudem mit Wochenplänen. Sie wissen, dass sie die Aufgaben außerhalb der Kernzeiten abrufen und lokal speichern sollen, damit sie jederzeit selbstbestimmt arbeiten können." Auch Abgabezeiten seien ausgedehnt und flexibler gestaltet worden, sodass es nicht mehr zwingend notwendig sei, im regulären Stundentakt zu bleiben. Während sich Schüler und Lehrer zwangsläufig flexibel zeigen müssen, arbeitet Stefan Gorgas, IT-Beauftragter der Stadt Ahrensburg für sämtliche Ahrensburger Schulen, mit Hochdruck an der Optimierung des bestehenden Netzwerks. 

Festplatten werden jetzt modernisiert und neue Cloudlösungen geschaffen

"Bei mehr als 700 zeitgleichen Zugriffen auf IServ geht das System des Schulzentrums in die Knie", sagt Gorgas. "Wir sind im täglichen Austausch mit der Firma ReeseIT und IServ, um das zu verbessern. Am kommenden Freitag wollen wir die mechanischen Festplatten auf SSD umrüsten. Von dem Umbau versprechen wir uns eine dreimal höhere Verarbeitung aus- und eingehender Daten als bisher." Das Eric-Kandel-Gymnasium solle zudem künftig eine IServ-Cloudlösung nutzen, um die Last auf dem bestehenden Server zu halbieren, so Gorgas, dessen Stelle vor zwei Jahren neu in der Stadtverwaltung geschaffen wurde. "Es gibt viel zu modernisieren. Die Anbindung und die Infrastruktur ist am wichtigsten, nur dann können digitale Endgeräte von Schülern und Lehrern fürs Distanzlernen auch gewinnbringend genutzt werden."

Noch sind nicht alle Ahrensburger Schulen vollständig mit Notebooks versorgt. Lieferschwierigkeiten sorgten für Engpässe, die letzten Endgeräte soll die Gemeinschaftsschule Am Heimgarten laut Stadt in dieser Woche erhalten. Die Geräte, die von Schülern ausgeliehen werden können, seien bisher erst an der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule ins IServ-System integriert worden. Nun folge die Stormarnschule. "Eine Installation und Einbindung der Endgeräte im Schulzentrum macht erst Sinn, wenn wir das IServ-System entlastet haben", sagt Gorgas. "Sonst wäre die Stabilität des Homeschoolings weiter gefährdet."

Online-Unterricht ist kein adäquater Ersatz für Präsenzunterricht 

Doch es hapert nicht nur an der Geräteversorgung. Silke Last hat als Mutter eines Siebtklässlers und einer Zehntklässlerin den Eindruck, dass Lehrkräfte sehr unterschiedlich mit der Situation und den Anforderungen des digitalen Unterrichtens umgehen. "Während einige Lehrer sehr engagiert sind, lassen sich andere durch technische Schwierigkeiten ausbremsen." Ihr gehe es vor allem darum, dass die Motivation der Schüler in dieser schwierigen Situation von allen Seiten hochgehalten werde. Für Schulleiter Gerd Burmeister ist klar: "Schule kann nicht so erfolgreich sein wie sonst, weil die persönliche Begegnung fehlt. Keine Videokonferenz und kein Chat ersetzt annähernd den direkten Unterricht. Unser Distanzlernkonzept sieht vor, dass wir den Schülern inhaltlich helfen und für Nachfragen bereitstehen, anderes ist kaum zu leisten." 

In das Distanzlernkonzept der Stormarnschule sind auch die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown eingeflossen. "Wir haben die Kritik von Eltern und Schülern aus der ersten Distanzlernphase im Frühjahr berücksichtigt und viel angepasst", sagt der stellvertretende Leiter Lars Troche. Auch hier ist die Anzahl täglicher Videokonferenzen limitiert. "Mehr als zwei Konferenzen pro Klasse am Tag sollen nicht stattfinden, weil es nicht nur das System, sondern auch die Schüler belastet. Schließlich befinden sich im Haushalt meist noch zwei arbeitende Eltern im Homeoffice, die ebenfalls Zeit für Konferenzen aufwenden müssen."

Für Modernisierung der Infrastruktur müssen weitere Mittel bewilligt werden

Die Stadt Ahrensburg bemüht sich indes, die digitalen Voraussetzungen fürs erfolgreiche Distanzlernen zu schaffen. Für Silke Last ist das überfällig: "Wenn die digitalen Voraussetzungen fehlen, um Konzepte effektiv umzusetzen, werden Schulen ausgebremst." An der Selma-Lagerlöf-Gemeinschaftsschule und der Fritz-Reuter-Schule stehe der Abschluss der Modernisierung vorhandener Netzwerkinfrastruktur kurz bevor, so die Stadt. Für das Schulzentrum und die Stormarnschule lägen Angebote vor, die nach Genehmigung des dritten Haushaltsnachtrages in Auftrag gegeben werden sollen. Danach sollen die Grundschulen folgen.