Der Justizminister will eine landeseigene Unterkunft für besonders gefährliche Verbrecher bauen: “Es gab totales Einvernehmen im Kabinett“.

Kiel. Trotz Bedenken des Koalitionspartners CDU will Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß den Bau einer eigenen, zentralen Unterkunft für Schwerstkriminelle in Lübeck vorantreiben. „Ende Mai 2013 brauchen wir eine Möglichkeit, Sicherungsverwahrte unterzubringen“, sagte der auf FDP-Ticket berufene, parteilose Minister am Freitag in Kiel. Sonst müssten die Gerichte die Betroffenen freilassen. „Dann haben wir eine desaströse Situation.“ Grund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Der FDP-Koalitionspartner CDU reagierte verärgert auf die Pläne des Ministers. Am Freitag schaltete sich auch Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) ein. Er habe den Chef seiner Staatskanzlei beauftragt, die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit Schwerin auszuloten, sagte Regierungssprecher Knut Peters. Die Pläne für eine gemeinsame Unterkunft in Mecklenburg-Vorpommern waren Anfang Februar gescheitert.

Justizminister Schmalfuß machte Schwerin dafür verantwortlich. Das Land wollte demnach zunächst selbst in Bützow bauen und 20 Plätze für Sicherungsverwahrte aus Schleswig-Holstein schaffen. Doch Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) sei ohne nähere Erklärung abgesprungen – aus politischen Gründen. „Das hat uns schon sehr enttäuscht“, sagte Schmalfuß. Ihm liege weiter viel an Kooperation, aber der Zeitdruck sei groß.

Das Ministerium in Schwerin warf den Ball an Kiel zurück. Die Schleswig-Holsteiner hätten keine Kostenzusage machen können, die auch über die Wahl am 6. Mai hinaus Bestand habe, sagte ein Sprecher.

+++Streit um Sicherungsverwahrung+++

An der Förde stichelten die Koalitionspartner derweil gegeneinander, knapp drei Monate vor der Wahl. „Es kann nicht sein, dass jedes Land eine eigene Einrichtung für sicherungsverwahrte Schwerstkriminelle baut und dafür Millionenbeträge ausgibt“, monierte CDU-Fraktionschef Johannes Callsen. Die Spitzen der norddeutschen Länder müssten erneut an einen Tisch. Schmalfuß wies die Kritik zurück. „Es gab totales Einvernehmen im Kabinett.“

Die Verfassungsrichter aus Karlsruhe hatten eine Reform der Sicherungsverwahrung bis 2013 verlangt, weil sie sich bislang zu wenig von der Strafhaft unterscheidet. Die Bundesländer müssen nun etwa Sexual- und Gewaltverbrecher, die nach Verbüßen ihrer Strafe weiter als sehr gefährlich gelten, räumlich getrennt von Häftlingen unterbringen.

„Die Unterbringung von Sicherungsverwahrten ist in erster Linie keine wirtschaftliche Frage, sondern eine der Sicherheit“, betonte Schmalfuß. Schützenhilfe bekam er von FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki: „Die Überlegung, die FDP wolle unbedingt Luxushotels für Sicherungsverwahrte schaffen, ist absurd.“ Es sei eine Folge der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. An die Adresse Schwerins erklärte Kubicki, Verträge zwischen Bundesländern hätten unabhängig von Wahlterminen Bestand.

Der Bau auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Lübeck soll etwa 7, 9 Millionen Euro kosten. Hinzu kämen laufende Kosten, nach derzeitigem Stand bei einer Vollbelegung von 20 Sicherungsverwahrten etwa 1, 8 Millionen Euro jährlich. Die Räume sollen 28 Quadratmeter groß sein. „Wir orientieren uns an den rechtlichen Mindestanforderungen“, stellte Schmalfuß klar.

SDP und Grüne wollen nun von Schmalfuß im Innen- und Rechts- sowie im Finanzausschuss erfahren, warum es keine gemeinsame norddeutsche Lösung gab. Die Ausschüsse tagen in der kommenden Woche. Auch im Koalitionsausschuss am Dienstag soll das Ganze Thema sein.

(dpa/abendblatt.de)