Um Pläne für die Unterbringung besonders gefährlicher Verbrecher ist ein handfester Konflikt in der schwarz-gelben Kieler Koalition entbrannt.

Kiel. Um Pläne von Justizminister Emil Schmalfuß für die Unterbringung besonders gefährlicher Verbrecher ist ein handfester Konflikt in der schwarz-gelben Koalition in Kiel entbrannt. Der von der FDP für das Kabinett benannte parteilose Politiker will jetzt für Häftlinge mit angeordneter Sicherungsverwahrung eine landeseigene Unterkunft bauen lassen, weil sich eine gemeinsame Einrichtung mit anderen norddeutschen Ländern nicht realisieren lasse.

Der Koalitionspartner CDU reagierte am Donnerstag heftig. „Der Vorschlag des Justizministers, ohne Kooperation mit den anderen norddeutschen Bundesländern eine Unterkunft für Sicherungsverwahrte neu zu bauen, überzeugt mich nicht“, erklärte Fraktionschef Johannes Callsen. „Ich erwarte, dass alle Möglichkeiten abgeprüft werden, bevor so viel Geld für Schwerstkriminelle ausgegeben wird. Dazu gehören verbindliche Verhandlungen mit anderen Bundesländern.“

Der für Lübeck angedachte Bau würde 7,9 Millionen Euro kosten. Hinzu kämen jährlich 1,8 Millionen Euro an Betriebskosten für 20 Sicherungsverwahrte. Einen Kabinettsbeschluss für einen landeseigenen Bau gibt es bisher nicht. Die CDU werde im Koalitionsausschuss am nächsten Dienstag ein belastbares Konzept inklusive einer Wirtschaftlichkeitsberechnung einfordern, kündigte Fraktionschef Callsen am Donnerstag an. „Was der Justizminister bisher vorgelegt hat, ist unzureichend.“ Die CDU sieht offenkundig nicht ein, dass jedes Land eine eigene Unterkunft bauen soll.

Schmalfuß hatte am Mittwoch für diesen Freitag zu einer Pressekonferenz eingeladen, um seine Pläne vorzustellen. Laut „Lübecker Nachrichten“ will Schleswig-Holstein in der Hansestadt eine eigene Einrichtung für etwa 20 bis 30 Schwerstkriminelle bauen. Hamburg hat bereits vor einem Jahr eine besondere Station in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel eingerichtet. Mecklenburg-Vorpommern plant in der JVA Bützow einen Neubau.

+++Norden gründet gemeinsame Einweisungsstelle+++

Die Länder wollen mit der neuen Unterbringung Vorgaben aus einem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom Mai 2011 erfüllen. Demnach muss die Sicherungsverwahrung bis 2013 neu geregelt werden, vor allem, weil sie sich bislang zu wenig von der Strafhaft unterschied. Auf die Länder kommen wegen der geänderten Anforderungen an die Unterbringung und wegen der nun vorgeschriebenen Therapien hohe Kosten zu, weshalb sie nach Kooperationen suchen. Sicherungsverwahrung kann für Gewalt- oder Sexualstraftäter angeordnet werden, wenn sie langfristig als gefährlich gelten.

Eine enge Zusammenarbeit von Bundesländern dürfte es vor allem bei der Therapie geben; gedacht ist an Spezialisierungen. Wie weit die Pläne gediehen sind, ist allerdings nicht klar. Die Gespräche seien noch nicht abgeschlossen, hieß es aus der Hamburger Justizbehörde. „Es gibt auf Fachebene zahlreiche gute Vorschläge, aber noch keinerlei Festlegungen.“

Brandenburgs Ressortchef Volkmar Schöneburg (Linke) ist sich da schon sicherer. Es sei eine zentrale Einweisungsstelle für Schleswig-Holstein, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und sein Bundesland geplant. Dort werde mit Fachleuten darüber beraten, wo es die jeweils beste Therapiemöglichkeit gebe.

Für Diskussionsstoff sorgen derzeit auch ehemalige Sicherungsverwahrte, die nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entlassen werden mussten, weil die Maßnahme bei ihnen nachträglich verlängert worden war. Einige von ihnen leben seit kurzem trotz Anwohnerprotesten in einem früheren Altenheim in Hamburg-Jenfeld . In Schleswig-Holstein wohnen zwei dieser sogenannten Altfälle in Neustadt in einer Klinik.

(dpa/abendblatt.de)