Ex-Sicherungsverwahrter aus Hamburg arbeitet seit gestern in der JVA Glasmoor. Beschäftigung dient dazu, seinen Alltag zu strukturieren.
Norderstedt. Er will und soll ins normale Leben zurückkehren, arbeiten und wohnen, ohne auf Schritt und Tritt von Polizisten bewacht zu werden. Einen Teil dieses Weges legt Hans-Peter W. in Norderstedt zurück. Der in die Freiheit entlassene ehemalige Sicherungsverwahrte arbeitet seit gestern im Garten- und Landschaftsbau auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt (JVA) Glasmoor.
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"Diese Tätigkeit ist Teil des behördenübergreifend entwickelten Konzeptes "Sicherheit - Leben - Wohnen - Arbeiten". Das Konzept beinhaltet neben polizeilichen Sicherungsmaßnahmen eine engmaschige Betreuung durch Sozialpädagogen und eine Arbeitsmöglichkeit in der Haftanstalt Glasmoor", sagt Sven Billhardt, Sprecher der Hamburger Justizbehörde, die entschieden hatte, dass der Mann seinen Job zum 1. Februar antritt. Das ist, so der Behördensprecher, ausdrücklich auf Wunsch von Hans-Peter W. geschehen, der "unbedingt so schnell wie möglich arbeiten wollte".
Es handele sich bei der Tätigkeit in der JVA Glasmoor um ein Arbeitsangebot, das W. gern akzeptiert habe. Die Beschäftigung diene dazu, seinen Alltag zu strukturieren. "Die Arbeit soll ihm Halt und Stabilität geben und stellt eine Chance dar, nach über 30 Jahren Haft wieder einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen", sagt Billhardt. Der Straftäter war wegen Vergewaltigung verurteilt worden und wurde im Juli 2010 aus der Sicherungsverwahrung entlassen.
Nach einer Hetzjagd durch die Republik zog er nach Hamburg, um in der Anonymität der Großstadt ein neues Leben zu beginnen. Doch auch hier war der Start schwierig, mehrfach protestierten Anwohner dagegen, dass W. und ein weiterer ehemaliger Sicherheitsverwahrter Wohnungen in der Nachbarschaft bezogen. Schließlich willigten die beiden ein, nach Jenfeld zu ziehen, obwohl es auch hier erheblichen Widerstand gab. Von seinem Wohnort wird W. jeden Tag zur JVA Glasmoor gefahren und nachmittags auch wieder abgeholt. Das städtische Hamburger Unternehmen "fördern und wohnen" organisiert den Transport, Beamte der Polizei begleiten ihn bis zum JVA-Gelände und holen ihn dort wieder ab. Die Norderstedter Polizei ist informiert.
Obwohl Hans-Peter W. ein freier Mann ist, arbeitet er mit Häftlingen im offenen Vollzug zusammen. "Eine andere Lösung ist nicht zu realisieren. Nach 30 Jahren Haft findet niemand Arbeit in der freien Wirtschaft", sagt Behördensprecher Billhardt. Sowohl Gelände als auch Gebäude der Justizvollzugsanstalt Glasmoor liegen zwar auf Norderstedter Gebiet, gehören aber der Stadt Hamburg. So konnte die Justizbehörde dem Wunsch des 54-Jährigen schnell entsprechen - gegen den Willen der schwarz-gelben Landesregierung, die daraufhin gegen den Hamburger Alleingang protestiert hatte, sich aber nicht durchsetzen konnte. Dadurch kam es zu Verstimmungen im Verhältnis der beiden Länder.
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Auch Norderstedts Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote wurde erst am Dienstagabend darüber informiert, dass der Ex-Gewaltverbrecher als erster Sicherheitsverwahrter die Arbeit in Glasmoor aufnehmen wird. Der Verwaltungschef wollte dazu nicht Stellung nehmen, er wird die Kommunalpolitiker am kommenden Montag in der Sitzung des Hauptausschusses informieren. Vorgeprescht ist allerdings schon Norderstedts FDP-Fraktionschef Klaus-Peter Schroeder: "Ein solches Verhalten Hamburgs passt nun gar nicht zu der von allen Seiten immer wieder betonten und geforderten Gemeinsamkeit in der Metropolregion." Widerstands- und kommentarlos hinnehmen will der Liberale das eigenmächtige Handeln Hamburgs nicht. Er hat eine Anfrage an den Oberbürgermeister geschickt und will wissen, welche rechtlichen Einflussmöglichkeiten die Stadt Norderstedt auf die Nutzung der Justizvollzugsanstalt Glasmoor durch die Freie und Hansestadt Hamburg hat.
Die Justizbehörde geht davon aus, dass die Norderstedter nichts davon mitbekommen werden, dass Hans-Peter W. jeden Tag in der JVA seinen Dienst antritt. "Er darf und wird das JVA-Gelände nicht verlassen", sagt Billhardt. Zwar könne er jederzeit den Wunsch äußern, in die Stadt zu gehen oder über die Mönckebergstraße zu spazieren und würde dabei von Polizisten begleitet. "Das werde er aber nicht machen, er will ja gerade raus aus der Beobachtung", sagt der Behördensprecher. Außerdem liebe er seinen Hund und könne es kaum erwarten, jeden Abend zu dem Tier in seine Wohnung nach Jenfeld zurückzukehren.