Anwohner aus Jenfeld machen ihrer Wut über die geplante Unterbringung von Schwerverbrechern im Stadtteil Luft. Tumult bei Senatoren-Auftritt.
Hamburg. Die Bewohner Jenfelds laufen Sturm gegen den Plan des Senats, den Sexualstraftäter Hans-Peter W. und den 1993 wegen Totschlags verurteilten Karsten D. für ein Jahr in einem Haus an der Straße Elfsaal unterzubringen. Bereits nach einer Viertelstunde herrschte gestern Abend Aufruhr in dem größten Saal der Helmut-Schmidt-Universität, in dem Justizsenatorin Jana Schiedek, Innensenator Michael Neumann, Sozialsenator Detlef Scheele sowie Wandsbeks Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (alle SPD) mehr als 300 Bürgern das Vorhaben erläuterten.
Die Vertreter der Behörden waren gekommen, um die Anwohner sachlich zu informieren, sich ihren Fragen zu stellen. Doch es dauerte nicht lange, bis die Emotionen hoch kochten und es zu tumultartigen Szenen kam. „Ich fühle mich von den Schwerverbrechern bedroht. Und ich bin nicht die Einzige“, sagte Marianne Ahrens, die als Leiterin der Kita Rauchstraße 40 Frauen beschäftigt. Auch andere Jenfelder sind in Sorge und machten ihrer Wut und ihrem Unverständnis Luft: „Wir haben Angst um unsere Kinder.“
„Garantieren Sie uns, dass die Männer niemandem etwas tun?“ „Warum ziehen die Schwerverbrecher nicht in Ihre Nachbarschaft, Herr Neumann?“ „Dilettantischer Senat.“ „Vergewaltiger und Mörder in Jenfeld – das schminken Sie sich bitte ab!“ Wütende Zwischenrufe wie diese unterstützten die Menschen im Saal mit tosendem Applaus und lauten Pfiffen. Die Senatoren versuchten, die aufgebrachte Masse mit Argumenten zu beruhigen, und wiesen immer wieder darauf hin, dass sie nur der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gerecht werden müssten. Für Beschwichtigungen wie „Wir verstehen Ihren Unmut“, „Es gibt ein umfassendes Sicherheitskonzept“ und „Wir wollen es für die Anwohner erträglich machen“ ernteten die Senatoren auf dem Podium jedoch lediglich verächtliches Gelächter und empörten, lautstarken Protest. „Wir werden jeden Tag auf die Straße gehen und demonstrieren, wenn die Verbrecher zu uns kommen sollten“, kündigte ein Anwohner an.
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Schiedek, Neumann und Scheele hatten sich auf den Widerstand der Bürger eingestellt. Doch von der Wut und der Angst der Menschen wurden sie regelrecht überrollt. Auch das letzte Wort ging nicht an das Trio. Ein Bewohner Jenfelds rief den Senatoren zu: „Sie werden scheitern. Wir machen Ihnen die Hölle heiß.“ Um 20.40 Uhr wurde die Veranstaltung offiziell beendet. Doch die Bürger hatten noch regen Gesprächsbedarf und belagerten die Senatoren. Detlef Scheele bat die Menschen erneut um Verständnis. „Der Senat muss sich an das Gesetz halten“, sagte er. Es gebe in dieser Situation keinen Königsweg.
Ob die verurteilten Schwerverbrecher überhaupt nach Jenfeld kommen, steht noch nicht fest. Am Montag war bekannt worden, dass die Ex-Sicherungsverwahrten Hans-Peter W. und Karsten D. nicht in das Haus einziehen wollen. „Sie wollen dort nicht wohnen“, sagte der Anwalt Ernst Medecke, der die Männer vertritt, dem Abendblatt. Auch Hans-Peter W., der 1980 zwei Frauen vergewaltigt hat, und Karsten D., der sich freiwillig in einer sozialtherapeutischen Anstalt aufhält, erfuhren erst am Donnerstag, dass der gelbe Klinkerbau ihr neues Zuhause werden soll – nur wenige Stunden, bevor die Medien von den Behörden über das Vorhaben informiert wurden.
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Die Schwerverbrecher kritisierten, dass sie in den Plan des Senats nicht einbezogen und vor vollendete Tatsachen gestellt worden seien, sagte Medecke. Das weist die Justizbehörde zurück: „Wir haben ihnen ein Gesamtkonzept vorgelegt“, sagt Behördensprecher Sven Billhardt. An ihrem Plan, die entlassenen Sicherungsverwahrten in dem Klinkerbau am Elfsaal unterzubringen, halten die Behörden weiter fest. „Hans-Peter W. und Karsten D. sind verunsichert. Aber wir gehen davon aus, dass sich die Situation auflösen wird.“ Das bedeutet: Die Justizbehörde ist der Auffassung, dass sich die Männer doch noch zu einem Umzug nach Jenfeld entschließen.
CDU-Politiker üben scharfe Kritik an der Art der Behörden, eine Unterkunft zu finden. „Mit der Meldung, dass die entlassenen Sicherungsverwahrten nicht beabsichtigen, in das Wohnhaus in Jenfeld ziehen zu wollen, ist das Chaos perfekt“, sagte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Frank Schira. „Aufgrund der vielen offenen Fragen, der fehlenden Einbindung der Anwohner im Stadtteil und des unvorbereiteten Verfahrens zeigt sich hier ein unangenehmes Maß an Stümperei.“
Das Thema habe für die Menschen aber eine so große Bedeutung, dass ein offener Dialog zwingend notwendig sei.