Der Neunjährige war 2001 entführt und getötet worden. Er war nicht das einzige Mordopfer des Täters. Neuer Zeuge gibt wichtige Hinweise.

Verden. Kein Durchbruch, aber einige neue Details, die wichtig für den weiteren Verlauf der Ermittlungen sind. Fahnder der "Soko Dennis" haben in der heutigen Pressekonferenz neue Erkenntnisse im Mordfall des Jungen bekanntgeben. Ein Zeuge hatte sich im August vergangenen Jahres bei der Polizei gemeldet, nachdem er einen Fernsehbericht über den Entführungs- und Mordfall von 2001 gesehen hatte. Ihm sei dabei "blitzartig" eingefallen, dass er den vermissten Jungen schon einmal gesehen hatte, sagte Martin Erftenbeck, Leiter der Soko "Dennis".

Der Junge aus Osterholz-Scharmbeck in Niedersachsen war am 5. September 2001 nachts aus einem Schullandheim verschwunden. Zwei Pilzsammler fanden seine Leiche zwei Wochen später ca. 45 Kilometer von dem Heim entfernt. 7800 Hinweisen gingen die Ermittler bis heute nach. Die heißeste Spur erhielten sie im August vergangenen Jahres.

Der Zeuge sei Anfang September 2010 beim abendlichen Lauftraining auf einem Waldweg in der Nähe von Wulsbüttel auf einen hellen Opel Omega Caravan gestoßen. Im Lichtkegel seiner Stirnlampe hatte er am Steuer einen bulligen Mann gesehen, Anfang 30 und Brillenträger. Auf dem Rücksitz saß demnach ein kleiner blonder Junge, den der Zeuge als Dennis erkannt haben will. Der Mann sei sich sehr sicher, dass es Dennis war. Eine Stunde später war der Wagen verschwunden, so der Zeuge. „Seine Angaben sind für uns absolut nachvollziehbar und glaubhaft", sagte Martin Erftenbeck.

Die Ermittler legen dem Täter fünf Morde und mehr als 40 Missbrauchsfälle zur Last. Die Morde ereigneten sich zwischen den Jahren 1992 und 2004. Demnach habe der Täter das erste Mal im März 1992 Stefan J. aus einem Schullandheim in Verden-Aller entführt und 100 Kilometer entfernt die Leiche des kleinen Jungen vergraben. 1994 habe er den achtjährigen Dennis P. aus einem Zeltlager in Schleswig-Holstein verschleppt und die Leiche in der Nähe des Ortes Holstebro in Dänemark versteckt. Am 10. August 1998 soll der Täter einen Jungen aus einem Zeltlager in den Niederlanden entführt haben. Am nächsten Tag entdeckte man seine Leiche in einem Waldgebiet nicht weit vom Zeltplatz entfernt. Nach Kenntnis der Ermittler beging der Mann seine letzte Tat Anfang April 2004, als er einen kleinen Jungen aus einem Schullandheim in Frankreich entführte. Einen Monat später fand man seine Leiche 40 Kilometer vom Heim entfernt.

Neben den Morden werden dem Unbekannten von Seiten der Ermittler mehr als 40 Sexualdelikte vorgeworfen. Besonders in der Region Bremen soll der Mann zwischen 1994 und 1997 vermehrt zugeschlagen haben.

Die Ermittler gehen davon aus, das der Täter in Niedersachsen oder Bremen wohnhaft ist. Die Morde im Ausland soll er laut Ermittlern im Rahmen von Urlauben begangen haben. Die Tat in den Niederlanden im Jahr 1998 ereignete sich wohl im Vorfeld eines Frankreich-Urlaubs. Der Fundort der Leiche von 2004 und der Tatort der Entführung von 1998 lägen beide an der Atlantikküste, so die Sonderkommission.

Nach Erkenntnissen der Ermitltler sei der Täter immer wieder für längere Zeit unauffällig gewesen. "Tatpausen sind bei Serienmördern nicht ungewöhnlich. Die Gefahr besteht immer, dass es zu neuen Taten kommen kann“, sagte Analytiker Alexander Horn vom Polizeipräsidium München.

Der Mann sei mindestens 1,85 Meter groß, er trug zwischen 1998 und 2001 eine Brille und könnte nach der Tat auch eine BMW-Limousine gefahren haben. Die Ermittler sind sich sicher, dass der Mann Deutscher ist, sozial unauffällig und integriert. Er könnte nach außen hin den fürsorglichen Familienvater geben und ein bürgerliches Leben führen ohne dass die Familie etwas von seinen Taten mitbekommen muss.

Die Ermittler konnten DNA-Spuren des Täters an Dennis Leiche sichern, diese nützen ihnen allerdings nur, wenn sie Verdächtige zum Vergleich heranziehen können. Mit den neuen Erkenntnissen ist die Soko Dennis zumindest einen Schritt weiter, um den Fall noch aufzuklären.