Ein 40 Jahre alter Jugendarbeiter aus Hamburg hat zehn Jahre nach dem Mord an Dennis aus Osterholz-Scharmbeck die Tat sowie zwei weitere Jungen-Morde gestanden.

Verden/Hamburg. Ein 40 Jahre alter Mann aus Hamburg hat gestanden, Dennis und zwei weitere Jungen getötet zu haben. Zudem habe der Serientäter den Missbrauch mehrerer Kinder zugegeben, teilten Ermittler bei einer Pressekonferenz in Verden (Niedersachsen) am Freitag mit. „Wir sind erleichtert“, sagte Uwe Jordan, Leiter der Polizei Verden. Der Mann sei Lehramtsstudent gewesen und dann Pädagoge, sagte der Profiler Alexander Horn. Er sei bereits polizeilich als Sexualtäter in Erscheinung getreten. Der gebürtige Bremer lebte seit zehn Jahren in Hamburg.

Der Mann sei seit seinem 21. Lebensjahr ledig gewesen – und so wenig sozialer Kontrolle unterworfen, hieß es weiter. Er sei in der Jugendbetreuung aktiv gewesen, aktuell sei er in der Erwachsenenbildung tätig. Menschen aus seinem Umkreis beschrieben den 40-Jährigen als sozial unauffällig, hilfsbereit, nett, akkurat und intelligent. „Im Prinzip hat er vermutlich auch eher eine Art doppelte Buchführung betrieben“, sagte Horn. Damit entspricht er dem Täterprofil, das die Ermittler entworfen hatten.

Das Amtsgericht Stade habe am Donnerstag Haftbefehl wegen dreifachen Mordes erlassen, hieß es. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Festgenommenen den Mord an dem neunjährigen Dennis K., dem achtjährigen Dennis R. und dem 13 Jahre alten Stefan J. vor. Zudem soll er versucht haben, einen Achtjährigen aus demselben Schullandheim wie Denis K. zu entführen. Der Neunjährige war im September 2001 verschwunden. Die Ermittler prüfen nun, ob dem 40-Jährigen über das Geständnis hinausgehende Taten anzulasten sind.

Neben dem Geständnis wiesen „exklusives Täterwissen“ des Mannes, Indizien und Beweismittel darauf hin, dass der 40-Jährige tatsächlich der Täter sei, hieß es weiter. Die Wohnung des Mannes in Hamburg sei am Mittwoch durchsucht worden. „Das äußere Erscheinungsbild entspricht dem der Beschreibung der Opfer vom großen Schwarzen Mann“, sagte Martin Erftenbeck, Leiter der SOKO Dennis.

Der mutmaßliche Serienmörder befindet sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft derzeit in einer Justizvollzugsanstalt in Niedersachsen. Die Ermittlungen sollen nun zügig weitergeführt werden, erklärten die Fahnder: „Wir rechnen mit einem Prozessbeginn noch in diesem Jahr.“

Die Pressekonferenz aus Verden zum Nachlesen im Ticker:

12:48 Uhr: Die Pressekonferenz ist beendet.

12:45 Uhr: Ermittler konnten keine DNA-Spuren des Täters sicherstellen. N. hat Opfer auch vor der Haustür abgepasst und missbraucht.

12:41 Uhr: Martin N. hat als Jugendbetreuer seine Schützlinge missbraucht. In Hamburg keine Übergriffe in Wohnhäusern bekannt.

12:39 Uhr: Martin N. wohnte nicht in Bremen-Horn, wo er mehrfach zugeschlagen hat.

12:36 Uhr: Vor der Tat von 1992 hat der Täter an einem Seminar im Schullandheim teilgenommen. Polizei wird weitere Ermittlungen führen und sich auf die Zeit nach seiner letzten gestandenen Tat von 2004 konzentrieren.

12:34 Uhr: Martin N. kannte zwei seiner Opfer persönlich.

12:31 Uhr: Geständnis bezieht sich neben den Morden auf ca. 40 Missbrauchstaten in Schullandheimen, Wohnhäusern und Zeltlagern.

12:30 Uhr: Täter war immer unauffällig und hilfsbereit.

12:27 Uhr: Der Mann war schon früher als Sexualstraftäter bekannt.

12:24 Uhr: Die Polizei bedankt sich bei der Bevölkerung für ihre Mithilfe.

12:22 Uhr: Täter ist Pädagoge, war Lehramtsstudent und als Jugendbetreuer aktiv. Martin N. lebt seit seinem 21. Lebensjahr allein.

12:16 Uhr: Täter wurde schon 2007 vernommen. Weitere Überprüfungen hatten aus Mangel an Beweisen und Hinweisen keine Verbindungen zu anderen Taten ergeben.

12:06 Uhr: Täter gesteht die Morde an Dennis Rostel, Stefan Jahr und Dennis Klein (siehe unten). Täter hat sich in der Nähe der Tatorte eingemietet. Der 40-Jährige Harburger Martin N. befindet sich zurzeit in der JVA Niedersachsen.

12:05 Uhr: Täter wurde am Mittwoch von Spezialkräften in seiner Wohnung in Hamburg-Harburg festgenommen. Staatsanwaltschaft bestätigt Geständnis des Mannes. Taten umfassen 3 Tötungsdelikte in Schullandheimen und Zeltlagern.

12.02 Uhr: Geständnis abgelegt: Der Täter stammt aus Hamburg.

11.56 Uhr: Auf dem Podium sitzen von Jürgen Menzel, Sprecher der Soko Dennis; Alexander Horn von der Operativen Fallanalyse Bayern; Kai Thomas Breas, Staatsanwaltschaft Stade; Uwe Jordan, Leiter der Polizeiinspektion Verden; Martin Erftenbeck, Leiter der Soko Dennis und Karsten Lemcke, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes. 15 Kamerateams haben sich im Verdener Rathaus versammelt, um die PK zu verfolgen.

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Mordfall Dennis: Sozialarbeiter verhaftet

Der Mordfall Dennis ist offenbar aufgeklärt: Fast zehn Jahre nach dem Mord an dem neunjährigen Dennis Klein aus Osterholz-Scharmbeck haben Beamte der gleichnamigen Sonderkommission jetzt einen Tatverdächtigen festgenommen. Der Mörder steht im Verdacht, für vier weitere Morde an kleinen Jungen und mehr als 40 Sexualdelikte verantwortlich zu sein. „Wir haben einen Haftbefehl wegen mehrfachen Mordes“, sagte der Sprecher der Sonderkommission, Jürgen Menzel, der Nachrichtenagentur dpa. Nach Informationen des „Weser-Kurier“ soll es sich bei dem Festgenommenen um einen Sozialarbeiter handeln. Dies sei bislang aber nicht bestätigt. Näheres gibt die Polizei heute um 12 Uhr auf einer Pressekonferenz in Verden bekannt.

Der Junge aus Osterholz-Scharmbeck in Niedersachsen war am 5. September 2001 nachts aus einem Schullandheim im Kreis Cuxhaven verschwunden. Zwei Pilzsammler fanden seine Leiche zwei Wochen später ca. 45 Kilometer von dem Heim entfernt. Die Ermittler jagten Jahre lang ein Phantom. Vor wenigen Wochen hatten sie dann eine neue Spur zum möglichen Auto von Dennis' Mörder. Ein Zeuge hatte sich im August vergangenen Jahres bei der Polizei gemeldet, nachdem er einen Fernsehbericht über den Entführungs- und Mordfall von 2001 gesehen hatte. Ihm sei dabei "blitzartig" eingefallen, dass er den vermissten Jungen schon einmal gesehen hatte, sagte Martin Erftenbeck, Leiter der Soko "Dennis".

Die Ermittler stießen erst nach dem Mord an Dennis auf Parallelen zu anderen Fällen . Der Täter war dabei immer nach dem gleichen Muster vorgegangen: Stets vergriff sich der Täter nachts an Jungen mit ähnlicher Statur und in einem ähnlichen Alter, stets drang er unbemerkt in Schullandheime, Internate und Zeltlager ein.

Nach heutigem Erkenntnisstand hat der Mörder von Dennis vier weitere Morde begangen. Diese ereigneten sich zwischen den Jahren 1992 und 2004. Demnach habe der Serienmörder das erste Mal im März 1992 zugeschlagen.

Er soll in der Nacht zum 24. Juli 1995 den 13-jährigen Stefan Jahr aus Hamburg aus einem Internat in Scheeßel im Landkreis Rotenburg/Wümme entführt haben. Anfang Mai 2005 wird Stefan Jahr getötet und gefesselt im Verdener Stadtwald gefunden.

In der Nacht zum 24. Juli1995 verschwindet der achtjährige Dennis Rostel aus dem Ferienzeltlager Selker Noor bei Schleswig. Zwei Wochen später wird seine Leiche in einer Düne bei Holstebro in Dänemark gefunden.

Der elfjährige Nicky Verstappen wurde am 10. August 1998 aus einem Zeltlager bei Brunssum in den Niederlanden entführt. Am nächsten Tag wird seine Leiche in der Nähe des LAgers gefunden.

Nach Kenntnis der Ermittler beging der Mann seine letzte Entführungstat am 7. April 2004, als er den zehnjährigen Jonathan Coulom aus einem Schullandheim in St. Brevin les Pins an der französichen Atlantikküste verschleppt. Zwölf Tage später wird Jonathan in einem Teich, ca. 35 km vom Landheim entfernt, aufgefunden.

Neben den Morden werden dem Täter von Seiten der Ermittler mehr als 40 Sexualdelikte vorgeworfen. Besonders in der Region Bremen soll der Verdächtige zwischen 1994 und 1997 vermehrt zugeschlagen haben.

Die Ermittler fahndeten nach einem unauffälligen Mann, der nach außen hin ein ganz normales Leben führt. Er könne sogar verheiratet sein oder Kinder haben, sagte ein Sprecher der Soko Dennis vor wenigen Wochen.

Lesen Sie dazu auch den Abendblatt-Bericht vom 11. Februar 2011:

Mordfall Dennis: Mehr als 100 neue Hinweise auf Serienmörder

Bei der Sonderkommission der Polizei in Verden sind nach der neuen Spur auf das Auto von Dennis möglichem Mörder innerhalb eines Tages mehr als 100 neue Hinweise eingegangen. Die Hinweise werden nun sondiert. Die Polizei hat durch die Veröffentlichung der einer Zeugenaussage am Donnerstag nun erstmals seit langer Zeit wieder konkrete Fortschritte machen können. Der Zeuge konnte Angaben über das Fahrzeug des möglichen Mörders machen. Die grausame Tat an dem kleinen blonden Jungen ist fast zehn Jahre her. Die Polizei meldete auch, dass der Mörder von Dennis auch noch vier weitere Jungen getötet und etwa 40 Kinder missbraucht haben soll. Die Fahner suchen nun mit einer Phantomskizze.

Der Zeuge hatte neue Hinweise auf Aussehen und Auto des möglichen Täters geliefert. Demnach sei der Mörder des kleinen Dennis ein bulliger Mann, ca. 1,85 Meter groß, um die 30 Jahre alt, der den blonden Jungen mit seinem Hunde-T-Shirt in einem hellen Opel Omega Caravan verschleppt hat.

Der Leiter der "Soko Dennis", Martin Erftenbeck, sagte am Donnerstag in Verden, dass sich der Zeuge absolut sicher sei, dass es sich um Dennis gehandelt habe. Der Neunjährige aus dem niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck war während einer Klassenfahrt in der Nacht zum 5. September 2001 aus einem Schullandheim im Kreis Cuxhaven verschwunden. Zwei Wochen später fanden Pilzsammler seine Leiche etwa 45 Kilometer von dem Heim entfernt in einem Gebüsch. Der Junge war erstickt worden.

Die Ermittler stießen erst nach dem Mord an Dennis auf Parallelen zu anderen Fällen. Der Täter war dabei immer nach dem gleichen Muster vorgegangen: Stets vergriff sich der Täter nachts an Jungen mit ähnlicher Statur und in einem ähnlichen Alter, stets drang er unbemerkt in Schullandheime, Internate und Zeltlager ein.

7800 Hinweisen waren die Ermittler in all den Jahren nachgegangen. Doch eine heiße Spur gab es nicht. Das könnte sich mit der Aussage des Zeugens ändern. Der Mann aus Nordrhein-Westfalen war damals als Soldat im Kreis Osterholz stationiert. Bereits am frühen Morgen, als es noch dunkel war, trainierte er für einen Marathon. Im Schein seiner Stirnlampe konnte er aber das Innere des Wagens gut erkennen.

"Er machte sich kurz Gedanken darüber, lief dann aber weiter“, sagte Erftenbeck. Erst im vergangenen August wandte er sich an die Polizei, als er sich nach einem TV-Bericht über die ungelösten Mordfälle an seine Beobachtungen erinnerte.

Die Fahnder hoffen, mit diesen Erkenntnissen dem Serientäter endlich auf die Spur zu kommen. Ihrer Ansicht nach handelt es sich wahrscheinlich um einen unauffälligen Mann, der nach außen hin ein ganz normales Leben führt. Die Vorstellung eines sozialen Monsters sei absolut falsch, sagte Profiler Alexander Horn vom Polizeipräsidium München. Er könne sogar verheiratet sein oder Kinder haben.

Auch bei dem Mörder des zehnjährigen Mirco aus dem niederrheinischen Grefrath handelte es sich um einen bisher unbescholtenen Familienvater. Die Ermittler konnten den Mann schließlich anhand seines Wagens überführen. Auch im Mordfall Dennis könnte der helle Opel Omega Caravan oder ein BMW der 3er- oder 5er-Serie, den der Gesuchte nach Ermittlung der französischen Polizei später möglicherweise fuhr, eine wichtige Rolle spielen.

Das Profil des Mörders ist den Fahndern bekannt, nur das Gesicht dazu fehlt ihnen noch. Die „Soko Dennis“ ist sich sicher, dass der Gesuchte aus Niedersachsen oder Bremen stammt oder hier lange Zeit lebte. Der Großteil der Vorfälle spielte sich in Norddeutschland ab, viele von ihnen hatten eine geografischen Bezug. Zwei Morde ereigneten sich allerdings in den Niederlanden und Frankreich. Die Ermittler gehen davon aus, dass der Mann dort seinen Urlaub verbrachte. Zu der letzten Tat kam es 2004 in einem Schullandheim in Westfrankreich. Doch das heißt noch lange nicht, dass die Mordserie damit vorbei ist. „Tatpausen sind bei Serienmördern nicht ungewöhnlich. Die Gefahr besteht immer, dass es zu neuen Taten kommen kann“, sagte Horn. Der Fernsehsender Vox wird am Sonnabend um 22.05 Uhr eine Dokumentation von „Spiegel TV“ über die Ermittlungen im Fall Dennis zeigen.

Mit Material von dpa