Hartnäckig: Die Polizei will den Päderasten fassen, der Dennis und vermutlich vier weitere Jungen auf dem Gewissen hat

Cuxhaven. Es ist der Albtraum aller Eltern: Ihr Kind wird missbraucht oder verschwindet, während sie es sicher betreut und beschützt wähnen - im Schullandheim oder im Zeltlager. So wie Dennis Klein (9) aus Osterholz-Scharmbeck (Landkreis Cuxhaven). Er wurde 2001 ermordet. Auch vier weitere Jungen aus Schullandheimen und Zeltlagern wurden Opfer eines Serientäters. Um die Taten doch noch aufklären zu können, wendet sich die Polizei nun noch einmal verstärkt an die Bevölkerung in Norddeutschland.

Uwe Jordan, der Leiter der Sonderkommission "Dennis" und seine Kollegen hatten bereits wenige Tage nach dem Verschwinden von Dennis einen Zusammenhang mit anderen Mord- und Missbrauchsfällen hergestellt. Seither suchen sie hartnäckig nach dem Mann, der es seit zwölf Jahren auf kleine Jungen abgesehen hat. Mit dem Veröffentlichen von Ermittlungsdetails hat sich die Soko Zeit gelassen, doch nun wollen die Ermittler mit Hilfe des Internets einen weiteren Versuch machen, den Täter zu schnappen. "Wir sehen darin eine neue Chance, dass sich neue Hinweise ergeben und Freunde und Nachbarn aus dem Umfeld des Täters Verdacht schöpfen und diesen benennen", erklärt Soko-Sprecher Detlev Kaldinski. Etwa 30 pädophile Täter seien den Beamten während der Ermittlungen bereits ins Netz gegangen. "Das zeigt, dass es einen Riesensumpf gibt, aber wir müssen unseren Mann noch kriegen", so Kaldinski.

Was die Mordfälle an den Jungen aus anderen Mordserien hervorhebt ist die Kaltblütigkeit des Täters, mit dem er seine Opfer innerhalb von Schullandheimen oder Zeltlagern ausgewählt hat. "Dieses Eindringen in geschützte Räume ist unfassbar und einzigartig", sagt der Soko-Sprecher.

Die Morde an den Jungen passierten alle im Abstand von je drei Jahren. 1992 verschwand Stefan Jahr (13), 1995 Dennis Rostel (8), 1998 Nicky Verstappen (11), 2001 Dennis Klein (9). Der Mord an Jonathan (11) in Westfrankreich vor knapp zwei Wochen trägt die gleiche Handschrift.

Doch warum mordet der Mann, der so viele Jungen missbraucht haben soll, in manchen Fällen, in anderen aber nicht? Die Profiler hätten dafür zwei Erklärungen, sagt Kaldinski: Bei den Dreijahresabständen könne es sich um ein Ritual handeln. Möglich sei aber auch, dass er die Jungen getötet habe, um die Übergriffe zu verdecken. "Vielleicht haben sie sich gewehrt, vielleicht hatte er Angst, entdeckt zu werden", so der Sprecher. Alle vier Jungen sind erstickt worden. Die Todesursache bei Jonathan steht noch nicht fest.

Der Unbekannte muss sich in Norddeutschland gut auskennen und lebt wahrscheinlich auch in der Region. Er ist von Missbrauchsopfern und anderen Zeugen als auffallend groß, mindestens 1,80 bis zwei Meter, beschrieben worden. Die Polizei geht davon aus, dass der Täter einen Bezug zur Gegend um Bremen hat. Um 1992 herum könnte er in diesem Bereich einen Bezug zum Raum Hepstedt/Badenstedt gehabt haben. Das könnte sein Wohnort, sein Arbeitsplatz oder eine Kontaktadresse gewesen sein. Dafür, dass er 1993 nicht in Erscheinung getreten ist, haben die Beamten auch eine Erklärung: Er könnte in Haft gewesen sein. "Vielleicht lebte er aber auch in dieser Zeit in einer Beziehung, die ihn befriedigt hat, oder er hatte ein Gipsbein und war nicht mobil", sagt Kaldinski. Denn mobil ist der Mann, und vermutlich auch ein Einzelgänger, bei dem es nicht auffällt, wenn er nachts unterwegs ist. Für Außenstehende müssen seine Neigungen nicht erkennbar sein, dem nähere Umfeld könnten sie jedoch aufgefallen sein. "Darauf hoffen wir", sagt Kaldinski, "denn der Täter muss Nachbarn haben oder Arbeitskollegen. Und die sollen uns Verdächtige nennen." In 30 Fällen haben diese Hinweise immerhin schon zu einem Teilerfolg geführt.