Seine Äußerung wird als Versuch gewertet, Druck von der Abstimmung über den Haushalt zu nehmen. Er überraschte auch die eigenen Reihen.

Kiel. Mit einer Aussage zu einem Fortbestand der CDU/FDP-Koalition in Schleswig-Holstein im Falle des Scheiterns eines neuen Haushalts hat Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) auch die eigenen Reihen überrascht. Widerspruch kam am Montag aus der FDP. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Koalition weiter hält, wenn sie einen Haushalt nicht mit eigener Kraft durch das Parlament bringt“, sagte Fraktionsvize Katharina Loedige.

Auch CDU-Vertreter zeigten sich überrascht. Sie werteten Carstensens Äußerung als Versuch, Druck von der Abstimmung über den Haushalt an diesem Mittwoch zu nehmen. Die Koalition hat im Normalfall nur eine Stimme mehr als die Opposition, diesmal aber ein etwas größeres Polster, weil ein SPD-Abgeordneter fehlen wird: Detlef Buder aus Dithmarschen liegt nach einer schweren Sturzverletzung im Krankenhaus. „Er wird bei der Abstimmung am Mittwoch definitiv fehlen“, sagte SPD-Sprecherin Petra Bräutigam.

In der CDU-Fraktion gibt es zwei Wackelkandidaten, die intern gegen die Haushaltsvorlage gestimmt haben. Carstensen hatte am Sonntagabend im NDR gesagt, wenn der Etat - entgegen seinen Erwartungen – keine Mehrheit bekomme, müsse die Koalition ohne Haushalt weiter regieren. „Das geht auch.“ Ein Scheitern beim Haushalt wäre kein Grund, „eine gut funktionierende Koalition aufzulösen“. Bisher galt es in Kiel als klar, dass die Koalition in so einem Fall beendet wäre.

Die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Ralf Stegner und Robert Habeck, erwarten, dass die schwarz-gelbe Mehrheit bei der Haushaltsabstimmung halten wird. Zu Carstensens Äußerung über ein Weiterregieren auch bei fehlender schwarz-gelber Haushaltsmehrheit sagte Stegner, dies sei nicht von dieser Welt. „Das zeigt eine bestürzende Form von Realitätsverleugnung.“ Stegner sprach von einer Theaterinszenierung. Falls die Koalition keine Mehrheit bekommen sollte, bliebe Carstensen nichts Anderes übrig, als zurückzutreten. Stegner machte deutlich, dass die SPD in so einem Falle keine „Machtspielchen“ betreiben wolle. „Wir wollen einen klaren, sauberen Schnitt und Neuwahlen so schnell wie möglich.“ Dann müsse die Änderung des Wahlgesetzes noch etwas schneller kommen.

Die erste Lesung dazu steht an diesem Donnerstag auf der Tagesordnung. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Monika Heinold, meinte zu Carstensens Überlegungen: „Das geht überhaupt nicht.“ Die schwarz-gelbe Mehrheit im Landtag sei schon jetzt fragwürdig. „Wenn sich alle bewegen, können wir auf jeden Fall bis zur Sommerpause neu wählen“, sagte Heinold.

Laut Regierungssprecher Knut Peters hat Carstensen mit seiner Bemerkung darauf hingewiesen, dass bei einem Scheitern des Haushalts mit einer vorläufigen Haushaltsführung weiter regiert werden müsste. Das wäre eine hochgradig schlechte Lösung, weil dann alle freiwilligen Leistungen eingefroren würden. Grünen-Fraktionschef Habeck rechnete damit, dass die schwarz-gelbe Koalition den Haushalt durchbringen wird. „FDP und CDU sind autoritär strukturierte Parteien. Da wird die Zustimmung verordnet werden“, sagte er. Wenn der Haushalt aber scheitern sollte, würde sich für jeden endgültig offenbaren, dass Schwarz-Gelb auch als politisches Modell gescheitert sei. Das Regierungsbündnis habe sich einzig über seinen Sparkurs definiert. Eine Koalition könne ihre Daseinsberechtigung nicht nur an einen einzigen Punkt binden, sagte Habeck.