Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank hat nach Aussage von Jörg-Dietrich Kamischke keine frühen Hinweise auf Risiken erhalten.

Kiel. Der Aufsichtsrat der HSH Nordbank hat nach Aussage des schleswig-holsteinischen Sparkassenpräsidenten, Jörg-Dietrich Kamischke, keine frühen Hinweise auf existenzgefährdende Risiken für das Institut erhalten. Weder Finanzexperten noch Investoren hätten Defizite in Struktur und Volumen des sogenannten Kreditersatzgeschäfts oder im Risikocontrolling festgestellt, sagte Kamischke am Montag vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages in Kiel. „Auch in Aufsichtsrat und Risikoausschuss gingen wir davon aus, dass es keine nicht beherrschbaren Risiken gab, die die Existenz der Bank bedrohen könnten.“ Kamischke gehörte dem Aufsichtsrat von 2006 bis 2009 an. Aus heutiger Sicht sei klar, dass Fehler gemacht wurden. So sei das Volumen des Kreditersatzgeschäfts zu groß gewesen. Außerdem habe es Mängel im Risikocontrolling gegeben.

Die HSH Nordbank musste 2009 von ihren Haupteigentümern, den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein, mit Milliardenhilfen gerettet werden. Der Untersuchungsausschuss in Kiel will die Umstände klären, unter denen die Bank im Zusammenhang mit der Finanzkrise in ihre bedrohliche Schieflage geraten war.

Bis zu einer Mitteilung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG Ende 2008 habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Risikokontrolle unzureichend sein könnte, sagte Kamischke. „Nicht im Aufsichtsrat. Und auch nicht im Risikoausschuss.“ Der Prüfbericht für 2007 habe keinen Hinweis darauf enthalten, dass besondere Risiken aus dem Kreditersatzgeschäft existierten. Es hatte damals ein Volumen von 30 Milliarden Euro erreicht. Nach seiner Kenntnis habe der Aufsichtsrat zu keinem Zeitpunkt gewusst oder etwa gebilligt, dass bestandsgefährdende Risiken für die Bank eingegangen wurden, sagte Kamischke. Der Aufsichtsrat sei seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen.

Der Aufsichtsrat habe der Bank nach seiner Kenntnis keine speziellen Renditeziele vorgegeben, erläuterte Kamischke. Nach seiner Erinnerung strebte der Vorstand selbst eine Eigenkapitalrendite von 15 Prozent an. Ziel der Anteilseigner sei es gewesen, die Börsenfähigkeit zu erlangen, um für künftige Kapitalanforderungen als internationale Geschäftsbank gerüstet zu sein. Der Sparkassenverband ist an der Bank nach deren Angaben mit 5,3 Prozent beteiligt.

“Erst Ende 2008 erfuhren wir aus dem Zwischenbericht der Jahresabschlussprüfung von Feststellungen, die auf Mängel im Risikocontrolling und beim Management des Credit Investment Portfolios (Kreditersatzgeschäft) hindeuteten“, berichtete der Sparkassenverbandspräsident. Daraufhin sei der Aufsichtsrat sofort tätig geworden und habe KPMG mit umfassenden Untersuchungen beauftragt.

Mehrere Ausschussmitglieder kritisierten das Agieren des damaligen Aufsichtsrates. SPD-Obmann Jürgen Weber stellte seine Reaktion unter die Überschrift „Vertrauen ist gut, Kontrolle nicht nötig!“ Kamischkes Darstellung habe vor allem grenzenloses Vertrauen in den Vorstand offenbart. Gründe für kritisches Nachfragen oder Beanstandungen habe es für ihn zu keinem Zeitpunkt gegeben, auch nicht im September 2007, als die Bank bereits in eine gefährliche Liquiditätskrise zu geraten drohte.

Nach Ansicht von FDP-Obfrau Ingrid Brand-Hückstädt weckte der Auftritt weitere Zweifel an der Kompetenz der Aufsichtsräte. „Herr Kamischke hat, wie andere Aufsichtsratsmitglieder auch, im Untersuchungsausschuss den Eindruck vermittelt, als habe er auf Hinweise von Wirtschaftsprüfern, der Bafin oder des HSH-Vorstandes selbst gewartet, um in eine aktive Prüfungstätigkeit einzusteigen.“

Der Sparkassenverbandspräsident sei „seinen gesetzlichen Aufgaben als Aufsichtsratsmitglied und Vorsitzender des Risikoausschusses offenbar nicht ausreichend nachgekommen“. Grünen-Obmann Thorsten Fürter kam zu dem Schluss, die Kontrolle durch den Aufsichtsrat sei wohlwollend und unkritisch abgelaufen. „Schuld an der Beinahepleite der HSH Nordbank sollen demnach alle sein ­ nur nicht der Aufsichtsrat.“