1000 Euro soll jeder Hochschullehrer aus seinem Privatvermögen berappen. Ansturm auf die Universitäten zum Wintersemester.

Hannover. Vor dem Start des Wintersemesters 2011/2012 geht der Chef einer renommierten Hochschule neue Wege: Der Präsident der Universität Hannover will mit einer ungewöhnlichen Maßnahme bedürftige Studierende fördern. Uni-Präsident Erich Barke bat alle 340 Professoren der Universität in einem Brief um eine Spende in Höhe von 1000 Euro „aus ihrem Privatvermögen“, wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtet. So „können wir einer ausgewählten Zahl von Studierenden das Studium erleichtern“, zitierte die Zeitung aus dem Anschreiben. Die Summe von 1000 Euro entspricht den Studiengebühren pro Jahr. Bereits existierende Stipendienprogramme berücksichtigen die soziale Bedürftigkeit der Studenten nach Auffassung Barkes nicht hinreichend.

In diesem Wintersemester wird ein Ansturm auf die Unis erwartet. Wegen der Abitur-Doppeljahrgänge und der wegfallenden Wehrpflicht wird es deutlich mehr Menschen an die deutschen Hochschulen ziehen.

Dabei wächst bei jungen Menschen die Lust auf ein Studium. Von den Studienberechtigten des Abschlussjahrgangs 2010 überlegen bis zu 77 Prozent, nach der Schule zu studieren, wie aus Zahlen der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) hervorgeht. Das sind deutlich mehr als 2008. Damals konnten sich das nur bis zu 72 Prozent vorstellen. Dabei sind sich vom Abschlussjahrgang 2010 bereits 55 Prozent der Befragten sicher, ein Studium aufnehmen zu wollen. Die restlichen 22 Prozent wollen eventuell studieren. Befragt wurden rund 30.000 Schüler.

Männer wollen häufiger studieren als Frauen (79 Prozent zu 75 Prozent). Außerdem planen Kinder aus Akademikerfamilien eher ein Studium als Kinder aus Nichtakademikerfamilien (82 Prozent zu 72 Prozent). Bei den Fächern waren für die Schüler vor allem Lehramtsstudiengänge sowie wirtschaftswissenschaftliche Studienangebote interessant.

In Hamburg hat der frühere Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) seiner Nach-Nachfolgerin im Amt, Dorothee Stapelfeldt (SPD), eine verfehlte Bildungspolitik vorgeworfen. Stapelfeldt schaffe Studiengebühren ab, habe aber letztlich nicht genug Geld, um den Hochschulen die wegbrechenden Einnahmen zu ersetzen, schrieb Dräger in einem Gastbeitrag für die „Welt“. Der Verzicht auf Studiengebühren beeinträchtige die Chancengerechtigkeit in der Stadt. Es profitierten diejenigen, die ohnehin schon im Vorteil seien. Denn nicht einmal ein Viertel der Kinder aus Nichtakademikerfamilien studierten, dafür fast 95 Prozent der Kinder von selber studierten Beamten.

Dräger war von 2001 bis 2008 parteiloser Wissenschaftssenator in Hamburg. Seit 2008 ist er Vorstand der Bertelsmann Stiftung und Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung. (dapd/dpa/abendblatt.de)