Laut Allensbach-Studie sind Universitäten in Deutschland gut, die Jobperspektiven nicht. Höheres Gehalt, bessere Aussichten im Ausland.
Hamburg. Auch wenn Studierende mit ihrer Ausbildung offenbar zufriedener sind als erwartet, drängt der in Deutschland ausgebildete Spitzennachwuchs nach Abschluss auf ausländische Arbeitsmärkte. Je erfolgreicher junge Akademiker ihr Studium absolvieren, desto fester planen sie die Bundesrepublik zu verlassen, wie aus einer Allensbach-Studie im Auftrag des Reemtsma Begabtenförderungswerks (BFW) hervorgeht. Mehr als zwei Drittel der rund 3000 repräsentativ ausgewählten Studierenden können sich vorstellen, nach dem Studium im Ausland zu arbeiten. 13 Prozent haben das ausdrücklich vor, für 51 Prozent käme ein Job im Ausland zumindest infrage. Mit steigender Qualifikation und höherem angestrebten Abschluss steigt die Quote derjenigen auf bis zu 25 Prozent an, die im Ausland die besseren beruflichen Chancen sehen. Beinahe jeder Fünfte, der sich für Aufgaben im Ausland interessiert, will dort nach eigenen Angaben auf Dauer bleiben. Bei Studierenden mit Migrationshintergrund liegt der Anteil bei 26 Prozent.
"Deutschland fehlen in Zukunft zunehmend intelligente Köpfe im globalen Wettbewerb, wenn es gleichzeitig nicht gelingt, hochqualifizierten Leistungsträgern im Land attraktive berufliche Aufstiegschancen und Rahmenbedingungen zu bieten", sagte ein Sprecher des Begabtenförderungswerks.
Die Studierenden, die später auf Dauer im Ausland arbeiten wollen, erhoffen sich ein höheres Gehalt (48 Prozent) und bessere Karriere-Aussichten (43 Prozent). Diejenigen, die nur eine Zeit lang im Ausland arbeiten wollen, erwarten vor allem neue Erfahrungen.
"Globalisierung und EU-Binnenmarkt eröffnen den Absolventen neue Chancen, sie zeigen sich zunehmend weltoffen", sagte Achim Dercks, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) dem Abendblatt. So würden einige Absolventen auch zu deutschen Unternehmen ins Ausland gehen. "Gleichwohl müssen wir uns Gedanken machen, wie wir kluge Köpfe halten und gewinnen", sagte der Arbeitsmarktexperte mit Blick auf den steigenden Mangel an Fachkräften in Deutschland. Dazu gehöre ein Gesamtpaket, das auch Aspekte wie die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, ein wettbewerbsfähiges Steuern- und Abgabensystem, aber auch öffentliche Infrastruktur und ein attraktives Wohnumfeld umfasse. "Zudem brauchen wir ein einfacheres Zuwanderungssystem und eine Willkommenskultur, damit Deutschland künftig für mehr ausländische Hochqualifizierte als Studien- und Arbeitsort infrage kommt."
Im Gegensatz zur verbreiteten Kritik am Studien-Standort Deutschland zeichnet die Allensbach-Studie ein positiveres Bild. Drei Viertel (74 Prozent) der Studierenden gefällt ihr Ausbildungs-Alltag. 63 Prozent finden die Bedingungen "gut", 13 Prozent sogar "sehr gut". 20 Jahre nach der Wiedervereinigung sei die Zufriedenheit der Studierenden in den neuen Bundesländern mittlerweile höher als im Westen, so ein Sprecher des Allensbach-Institutes.
Jeder vierte Befragte fordert die Abschaffung der Studiengebühren. Darüber hinaus wäre ohne die Unterstützung der Eltern und selbst verdientes Geld ein Hochschul-Abschluss nicht machbar. So finanzieren die Eltern bei 61 Prozent der Studierenden mit, 56 Prozent jobben neben dem Studium. Staatliche Förderung durch BAföG beziehen 29 Prozent, eigenes Vermögen oder Erspartes ziehen 25 Prozent heran. Durch ein Stipendium finanzieren nur fünf Prozent ihr Studium ganz oder in Teilen. Hier herrscht breite Skepsis: Jeder Dritte hält es für "nicht gerecht", wie Stipendien vergeben werden. Auch, weil das Einkommen der Bewerber meist nicht berücksichtigt werde.
Trotz aller Zufriedenheit sehen Studenten jedoch reichlich Verbesserungspotenzial. 16 Prozent wünschen sich mehr Lehrpersonal, 15 Prozent eine bessere Ausstattung und zehn Prozent eine Überarbeitung des Bachelor-Master-Systems. Eine Mehrheit der Studenten fordert eine Zentralisierung der Bildungs- und Hochschulpolitik. 59 Prozent sprechen sich für eine Zuständigkeit des Bundes aus, lediglich 25 Prozent finden es gut, dass die Bundesländer zuständig sind.