Dieter Lenzen geißelt die europäische Hochschulreform: „Die Universität ist von der Bildungsstätte zur Erziehungsanstalt mutiert.“

Hamburg. Hamburgs Uni-Präsident Dieter Lenzen hat mit heftigen Worten die Europäische Hochschulreform, den sogenannten Bologna-Prozess, kritisiert. „Bologna riecht nach Truppenversorgung und Zwangsernährung“, habe Lenzen am Freitag in Frankfurt/Main auf der 2. ZEIT KONFERENZ „Hochschule & Bildung“ gesagt, teilte die Wochenzeitung "DIE ZEIT" mit. Bei den neuen Studiengängen handele es sich nicht um ein Angebot, sondern um eine „Zumutung“. Bildung könne in ihr nicht stattfinden. „Die Universität ist von der Bildungsstätte zur Erziehungsanstalt mutiert“, sagte Lenzen.

Die Einführung von sogenannten Career Services, Mentoring-Programmen und einem Qualitätsmanagement sei in einer Bildungseinrichtung „völlig überflüssig“, sagte der Präsident der Hamburger Universität weiter. „Gebildete Menschen brauchen weder sozialpädagogische Betreuung noch brauchen sie Coaches und Ratschläge … und schon gar nicht brauchen sie ein Qualitätsmanagementsystem.“ In einer Bildungseinrichtung sei Qualität eine Frage der Ehre und nicht des Managements.

Im Jahr 1999 hatten Bildungsminister von 29 europäischen Staaten sich im italienischen Bologna darauf verständigt, ihre Hochschulen zu internationalisieren. Im Rahmen des sogenannten Bologna-Prozesses wurden in Deutschland, anders als in anderen Ländern, die meisten Studiengänge auf Bachelor- (drei Studienjahre) und Master-Abschlüsse (zwei Studienjahre) umgestellt. Nach Ansicht von Kritikern führt das zu "Akademikern zweiter Klasse".

Dieter Lenzen ist seit 1. März dieses Jahres Präsident der Hamburger Universität. Er war nach dem Rücktritt von Monika Auweter-Kurtz im November 2009 in dieses Amt gewählt worden. Lenzen arbeitete viele Jahre als Professor für Philosophie der Erziehung an der Freien Universität Berlin.

Zu den Veranstaltern der Konferenz „Hochschule & Bildung“ gehören neben der ZEIT unter anderen der Finanzdienstleister MLP und die Deutsche Bahn.